Für den Bildungsökonomen Stefan Wolter hat die Aufnahmeprüfung klare Vorteile bei der Zulassung ins Gymnasium.
"Einfluss der Akademikereltern", Weltwoche, 4.4. von Katharina Fontana
In den meisten Kantonen
entscheiden Vornoten und die Empfehlung der Lehrer über den Übertritt ins
Gymnasium. Wozu braucht es noch eine Aufnahmeprüfung?
Man weiss, dass
die Lehrer die Notengebung an die Leistungsstärke der Klassen anpassen. In
starken Klassen wird die gleiche Leistung härter, in schwachen Klassen milder
benotet. Auch die Empfehlungen für den Übertritt sind nicht so unabhängig, wie
man denkt: Die Eltern können beachtlichen Einfluss ausüben. Die Aufnahmeprüfung
kann hier einen Ausgleich schaffen, sie ist standardisiert und macht den
Zulassungsentscheid vergleichbarer und damit fairer.
Wie fair ist es, wenn die einen Familien ein Heidengeld für
Vorbereitungskurse ausgeben können und die anderen nicht?
Solche
Unterschiede lassen sich nicht ausmerzen, das gilt für die gesamte Schulzeit.
Es ist doch vielsagend, dass es in erster Linie Akademikereltern sind, die die
Aufnahmeprüfungen vehement ablehnen: Sie fürchten, dass sie ihr Kind dann nicht
mehr dank ihrem Einfluss ins Gymnasium hieven können. Andere Familien haben
damit viel weniger ein Problem.
Die Aufnahmeprüfung trägt also dazu bei, dass die wirklich
begabten Kinder ins Gymnasium kommen?
Das kann man so
sagen. Zudem ist sie wichtig, damit die Bevölkerung die gymnasiale Ausbildung
akzeptiert und nicht den Eindruck hat, dass die Bessergestellten bevorteilt
würden.
In der Westschweiz und im Tessin machen deutlich mehr Schüler die
Matura als in der Deutschschweiz. Bewerten die Lateiner milder?
Ja. In Genf etwa
werden Schüler ins Gymnasium geschickt, die es anderswo nicht schaffen würden;
die Anforderungen sind teils deutlich tiefer. In den lateinischen Kantonen
setzt man viel stärker auf akademische Abschlüsse als in der Ost- oder in der
Zentralschweiz.
Thurgauer oder Urner wollen aus eigenen Stücken weniger ins
Gymnasium?
Tatsächlich
interessieren sich dort nicht sehr viele Jugendliche für die Matura. Gefragt
sind dagegen gute Berufslehren. Diese sind wiederum in Genf Mangelware – gerade
weil die Betriebe Mühe bekunden, qualifizierte Schulabgänger zu finden.
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