Sonderschulen
sollen im Kanton Bern künftig nicht mehr ein von der öffentlichen Schule
getrenntes System sein. Der Grosse Rat hat am Dienstag einem Bericht
zugestimmt, der vorsieht, dass Sonderschulen unter das Dach der Volksschule kommen.
Für betroffene Eltern dürfte dies zu einer Entlastung führen.
Sonderschulen sollen unter das Dach der Volksschule kommen, sda, 20.3.
Kinder und
Jugendliche mit einer Behinderung oder psychosozialen Beeinträchtigung haben
Anrecht auf Sonderschulung. Bis anhin wurden betroffene Kinder jedoch aus der
Volksschule "ausgeschult". Für sie war danach die Gesundheits- und
Fürsorgedirektion zuständig.
Die Entlassung aus
der Volksschule bedeutete insbesondere auch, dass die Eltern für die Kinder nun
selber einen geeigneten Platz in einer sonderpädagogischen Institution suchen
mussten. Für die meisten der ohnehin schon stark belasteten Eltern war diese
eine weitere schwere Bürde.
Neu wird nun die
Volksschule einen Platz für die betroffenen Kinder suchen. Dies soll in
Absprache mit Eltern und Institutionen geschehen, wie Erziehungsdirektor
Bernhard Pulver am Dienstag vor dem Grossen Rat versprach.
Die
Schulinspektorate verfügen dann, in welche Institution ein Kind kommt oder ob
es in einer Regelklasse integriert wird. Wird man sich nicht einig, kann der
Staat notfalls die Verfügung durchsetzen. Dies werde aber nur in Ausnahmefällen
nötig sein, betonte Pulver.
Keine
"Integrationswelle"
Im Kanton Bern
erhalten aktuell rund 2600 Kinder und Jugendliche Sonderschulbildung. Davon
besuchen rund 2100 eine Sonderschule, die restlichen knapp 500 sind in der
Regelschule integriert.
Auch mit dem neuen
System wird es weiterhin Sonderschulen und Regelschulen geben, wie
Erziehungsdirektor Bernhard Pulver am Dienstag vor dem Grossen Rat betonte. Und
auch am Verhältnis von Kindern in Sonderschulen und solchen, die in
Regelschulen integriert werden, soll sich nichts verändern.
Der Kanton wolle
keine "Integrationswelle" auf die Regelschulen loslassen, versprach
Pulver. Vielmehr gehe es darum, dass Sonderschulung in Zukunft auch als Bildung
verstanden werde.
Standardisierte
Abklärung
Welche Kinder und
Jugendlichen Anspruch auf Sonderschulbildung haben, wird neu mit einem
standardisierten Abklärungsverfahren ermittelt. Die Erziehungsberatungsstellen
führen dieses durch. Eltern, Kinder und Schulen sollen in den Entscheid
eingebunden werden.
An der
Finanzierung der Sonderschulen ändert sich nichts. Via Lastenverteiler tragen
der Kanton und die Gesamtheit der Gemeinden je 50 Prozent der Kosten. Mit der
neuen Regelung werden die Anstellungsbedingungen der Sonderschullehrkräfte
jenen der Regellehrkräfte angeglichen.
Heime müssen neu
zwei Leistungsverträge abschliessen, einen für die Leistungen der
Sonderschulbildung mit der Erziehungsdirektion und einen für die
sozialpädagogischen Betreuungsleistungen inklusive Pflege mit der Gesundheits-
und Fürsorgedirektion.
Lehrplan nach
unten erweitern
Damit die neue
Strategie Sonderschulbildung umgesetzt werden kann, muss das Volksschulgesetz
revidiert werden. Der Grosse Rat gab der Regierung diesbezüglich mehrere
Planungserklärungen mit auf den Weg. So soll beispielsweise der neue Lehrplan
möglichst rasch mit den spezifischen Bedürfnissen der Sonderschulen ergänzt
werden.
Der Lehrplan 21,
der ab kommendem Sommer schrittweise eingeführt wird, sieht für die drei Zyklen
der Schulzeit verschiedene Kompetenzstufen mit entsprechenden Anforderungen
vor.
Für Sonderschulen
sei dies durchaus nützlich, betonte SP-Grossrätin Christine Blum. Der Lehrplan
21 müsse aber "nach unten" erweitert werden. Für Schülerinnen und
Schüler, die die Kompetenzstufen im ersten Zyklus nicht erfüllten, müssten
Anforderungen unterhalb der Regelschulen formuliert werden. Dies müsse rasch
geschehen.
Im Grundsatz
zeigte sich der Rat sehr zufrieden mit dem Sonderpädagogikbericht der
Regierung. Ohne Gegenstimme und Enthaltung nahm der Rat den Bericht mit 147
Stimmen zur Kenntnis.
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