7. März 2018

Bund soll Skilager retten

Vor drei Monaten fällte das Bundesgericht ein Urteil, das in Graubünden Ängste schürt: Denn die für den Gebirgskanton so wichtigen Schulskilager sind seither akut bedroht. Die Lausanner Richter schrieben dem Kanton Thurgau vor, die Elternbeiträge für solche Lager nicht höher zu veranschlagen als die Kosten, die jedes Kind während des normalen Schulunterrichts verursacht. Heisst konkret: Die Schulen dürfen von Eltern noch maximal 16 Franken pro Tag fordern. Bisher zahlten Eltern 30 bis 40 Franken pro Tag im Schullager.
Jetzt soll der Bund die Skilager retten, Südostschweiz, 7.3. von Dennis Bühler


Der Bündner BDP-Nationalrat Duri Campell wird nun in Bundesbern vorstellig: Sollen in der Schweiz weiterhin Schulskilager durchgeführt werden, müsse sich die öffentliche Hand stärker an den Kosten beteiligen, findet der Bauer und Skilehrer aus S-chanf. Er betont, dass der grosse pädagogische Wert von Schullagern breit anerkannt sei. So aber bestehe die Gefahr, dass Schulen weniger Lager organisierten. «Das wäre für das traditionelle Schneesportland Schweiz auch aus volkswirtschaftlicher Sicht sehr problematisch», sagt Campell. Mit einem Postulat fordert der 54-Jährige den Bundesrat auf, eine Bundesunterstützung für obligatorische Schulsportlager zu prüfen. Dabei soll er auch aufzeigen, welche Möglichkeiten im Rahmen des Programms Jugend und Sport bestehen.
Unterzeichnet haben den Vorstoss 16 Nationalrätinnen und Nationalräte aus allen Landesregionen und sämtlichen Parteien. Mit an Bord sind auch die Bündner Heinz Brand (SVP), Martin Candinas (CVP) und Silva Semadeni (SP). Nicht unterzeichnet hat das Postulat hingegen SVP-Nationalrätin Magdalena Martullo – da es ihr nie unterbreitet worden sei, wie sie auf Anfrage mitteilt. Inhaltlich unterstütze sie es: «Im Rahmen der bisherigen Sport- und Schneesportförderung kann eine Bundesbeteiligung sinnvoll sein.»

Auch im Grossen Rat ein Thema
Voller Verve macht sich neben Campell auch Semadeni für die Erhaltung von Skilagern stark. «Wenn Kinder das Skifahren nicht erlernen, verpassen sie herrliche Erlebnisse in der Natur», sagt die 66-Jährige. In ihrer Kindheit hätten die Klassen in Poschiavo mindestens drei Schultage pro Winter auf den Skipisten verbracht, erinnert sie sich. Schon als Lehrerin an der Kantonsschule habe sie jedoch erlebt, wie die Bedeutung der Skilager nachlasse.
Dies bedauert auch ihr Ratskollege Candinas. «Wer Graubünden im Skilager schätzen lernt, wird immer wieder in unseren Kanton zurückkehren», sagt der 37-Jährige. Skilager seien deshalb die bestmögliche Werbung und eine Zukunftsinvestition.
Als Sofortmassnahme taugt Campells Postulat allerdings wenig: Bis eine auf diesem Weg vorgebrachte Forderung Wirkung entfaltet, dauert es erfahrungsgemäss mehrere Jahre. Deshalb fordert Candinas auch die Bündner Regierung zum Handeln auf. Der CVP-Nationalrat verweist auf einen Auftrag seines Churer Parteikollegen Luca Tenchio, den dieser Mitte Februar im Grossen Rat eingereicht hat. Tenchio fordert die Regierung auf, dem Grossen Rat innert maximal zweier Jahre ein Massnahmenpaket zu unterbreiten, wie auch in Zukunft obligatorische Schulreisen, Exkursionen sowie Klassenlager und Projektwochen in ihrer bisherigen Form weitergeführt werden können, ohne dass finanzschwache Eltern direkt oder indirekt benachteiligt werden.

15 Prozent weniger Buchungen
Am Bundesgerichtsurteil von Ende 2017 stört man sich aber nicht nur in Graubünden, sondern auch in urbanen Kantonen. «Mit 16 Franken pro Tag ist es unmöglich, Schneesport-Lager kostendeckend durchzuführen», sagt der ehemalige Basler Erziehungsdirektor Christoph Eymann, der als Nationalrat in der freisinnigen Fraktion politisiert. Die Gefahr sei akut, dass Kantone und Gemeinden künftig auf deren Durchführung verzichten könnten. Und tatsächlich: Die Branchenorganisation der Gruppenunterkünfte in der Schweiz stellt bereits einen Rückgang der Buchungen fest, wie die «NZZ am Sonntag» schrieb. Derzeit lägen sie rund 15 Prozent unter den Vorjahren.
Zusätzlich zum Postulat von Campell wird deshalb auch Eymann aktiv. In einer Interpellation fragt er den Bundesrat an, ob er bereit wäre, die Finanzierungslücke ganz oder teilweise zu schliessen.


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