6. Januar 2018

Schweizerschulen gehen in die Offensive

Bilder lachender und fähnchenschwenkender Kinder springen im jüngsten Newsletter von Education Suisse, dem Verein der Schweizerschulen im Ausland, ins Auge. Als Bundesrat Alain Berset zusammen mit dem mexikanischen Bildungsminister am 25. August die Schweizerschule in Mexiko-Stadt besuchte, zeigten Schülerschar und Lehrerschaft offensichtlich Freude über die Visite aus der hohen Politik. Auch ein bilaterales Abkommen wurde unterzeichnet, das die Rahmenbedingungen für die Schule neu definiert. In derselben Woche öffnete in China erstmals eine Schweizerschule ihre Tore. Der Ausserrhoder Ständerat Ivo Bischofberger reiste extra nach Peking, um als damaliger Präsident der kleinen Kammer der Feier Gewicht zu verleihen. In den Reden in Mexiko und in China wurde die völkerverbindende Funktion der Schweizerschulen hervorgehoben. Sie sollen Brücken schlagen, Swissness in die Welt tragen.
Schulen sollen Swissness in die Welt tragen, NZZ, 6.1. von Jörg Krummenacher


Praxisorientierte Ausbildung
Das entspricht dem Selbstverständnis der Schulen und seit 2015 auch ihrem gesetzlichen Auftrag. Das neue Schweizerschulengesetz stellt einen Paradigmenwechsel dar: Nicht mehr wird in erster Linie die Ausbildung von Schweizer Kindern im Ausland gefördert, die Schulen sollen sich als Schaufenster für Bildung und Kultur der Schweiz präsentieren. «Swissness stärken», lautet die Devise von Hans Ambühl, der im März 2017 als Generalsekretär der Erziehungsdirektorenkon­ferenz pensioniert wurde und seit letztem Jahr Präsident von Education Suisse ist.Besonders wichtig ist es Ambühl, die didaktische Qualität des Schweizer Bildungswesens in den Auslandschulen weiterzuentwickeln, das auf berufliche Ausbildung und nicht nur akademische Bildung ausgerichtete System zu fördern sowie die betriebswirtschaftliche Kompetenz der Schulen zu unterstützen und zu stärken. Ambühl hat die Swissness in der Bildung zum Jahresthema 2018 erklärt. Zudem schwebt ihm vor, in der Schweiz eine Winter- oder Sommerakademie für die Lehrkräfte der Schweizerschulen einzuführen. Allein: Die Finanzquelle dafür muss erst noch gefunden werden.

Die Schweizerschulen geniessen an ihren Standorten einen guten Ruf und sind ein Faktor der Aussenpolitik. Daran ändern kleinere Verwerfungen wenig, wie etwa jene vergangenen Sommer bei der Schweizerschule in Mailand. Sie hatte in Eigenregie das Reglement geändert und sich als «nicht optimal» für Kinder mit Lernschwierigkeiten bezeichnet. Berichte in italienischen Medien führten zu heftiger Kritik, worauf das Bundesamt für Kultur durchsetzte, dass der Passus gestrichen wurde: Es könne nicht Geist einer Schweizerschule sein, bei Lernschwierigkeiten vom Besuch abzuraten.

«Integration ist ein ausgesprochen wichtiger Teil der Swissness», betont auch Hans Ambühl – das gelte in pädagogischer wie gesellschaftlicher Hinsicht. Stipendien würden weiter gefördert, so dass der Besuch einer Schweizerschule nicht nur für die Oberschicht bezahlbar sei. Gegen Tendenzen, zu elitär zu werden, wie es vereinzelt von Eltern berichtet wird, will er angehen. Zudem zielen Bildung und Erziehung an den Schweizerschulen darauf ab, dass die Kinder zu selbständigen Personen werden – was allerdings in manchen Ländern nicht gleichermassen selbstverständlich ist wie in der Schweiz.

Schweizer Pass nicht zwingend
Weiterhin zwingend ist der Unterricht in einer Schweizer Landessprache. Aufgehoben wurde 2015 hingegen, der Not gehorchend, die Mindestquote von Schweizer Schülern. Von den weltweit rund 8000 Kindern – eine ansteigende Zahl – in Schweizerschulen haben nur 1650, also gut 20 Prozent, einen Schweizer Pass. Von den 824 Lehrerinnen und Lehrern sind 264, knapp ein Drittel, aus der Schweiz.

Die erste Schweizerschule wurde 1839 in Neapel gegründet; sie wurde in den 1980er Jahren geschlossen. Ebenfalls nicht halten konnten sich Schulen in Italien und solche in Brasilien, Ägypten und Ghana. Die heutigen 18 Schulen verteilen sich auf Europa (7), Lateinamerika (8) und Asien (3). Bei einem Umsatz von 74 Millionen Franken unterstützt sie der Bund jährlich mit rund 18 Millionen. Bern subventioniert zudem 13 deutsche, französische oder internationale Schulen mit Schweizer Lehrpersonal.

Für Hans Ambühl ist es Zeit für die Eröffnung weiterer Schulen und für Kooperationen, vor allem mit deutschen Auslandschulen. Konkret in Diskussion ist die Gründung einer Schule in Schanghai; Projekte gibt es für Vietnam, Brasilien, Ägypten, Katar und Kuwait. Womöglich lässt sich die Zahl der 14 Patronatskantone erhöhen, die sich für eine Schweizerschule einsetzen. Ambühl setzt auch auf das Engagement von Auslandschweizern und Schweizer Firmen vor Ort. Dadurch soll – so seine Hoffnung – das Netzwerk Schweiz in der Welt noch engmaschiger werden.


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