Als Reaktion auf Kritik sprachen die
Verantwortungsträger kritischen Eltern und erfahrenen Lehrpersonen jahrelang
die Urteilskraft ab. Erst aufgrund der unübersehbaren, verheerenden
Auswirkungen der Passepartout-Ideologie und des medialen Drucks sah sich
Passepartout-Projektleiter Reto Furter gezwungen, sein 50-Millionen-Projekt ineinem Interview mit der BaZ zurechtfertigen. Mit scheinheiligen Beschwichtigungsversuchen, verzweifelten
Durchhalteparolen und abenteuerlichen Prognosen demonstriert er einmal mehr,
dass das Projektmanagement nicht imstande ist, das untaugliche Konzept der
sogenannten Mehrsprachigkeitsdidaktik und die dazugehörenden Lehrmittel «Mille
feuilles», «Clin d’œil» und «New World» ernsthaft zu hinterfragen. Im
Gegenteil. Trotz der verheerenden Umfragewerte, trotz massiver Kritik
anlässlich kantonaler Passepartout-Hearings und trotz andauernder Negativpresse
wird auf der mit Steuergeldern finanzierten Passepartout-Website weiterhin ein
ideologisch verklärtes Bild vermittelt, das mit der Wirklichkeit nichts zu tun
hat.
Eine widersprüchliche Ideologie, Basler Zeitung, 30.1. von Jürg Wiedemann
Einerseits
behauptet das Projektmanagement, man habe die Französischlehrmittel vor der
Einführung seriös erprobt. Andererseits wird gefordert, man müsse den
Schlussbericht der Evaluation im Jahr 2021 abwarten, um beurteilen zu können,
ob sich die flächendeckende Einführung dieser im internationalen Vergleich
bizarren Didaktik bewährt habe. Ein klarer Widerspruch in sich selbst.
Widersprüchlichkeit ist denn auch eines der Hauptmerkmale der Passepartout-Ideologen:
Dank
«Sprachbad» seien die Kinder in der Lage, die Fremdsprache wie ihre
Muttersprache zu erlernen – ganz ohne «Büffeln». Vier Jahre später verkündet
Manuele Vanotti, der für das Passepartout-Projekt im Kanton Basel-Stadt
verantwortlich ist, dass es sich um kein «Sprachbad» handle, da die
wöchentliche Unterrichtszeit von lediglich zwei bis drei Wochenlektionen viel
zu kurz sei. Die Rahmenbedingungen waren allerdings von Beginn an klar, sodass
seitens der Passepartout-Ideologen gesunder Menschenverstand gereicht hätte, um
gar nie erst die unhaltbare Behauptung eines «Sprachbads» aufzustellen.
Dank
der angeblichen Überlegenheit der Mehrsprachigkeitsdidaktik seien die Kinder
schon nach kurzer Zeit darin geschult, sich in der Fremdsprache handlungsorientiert
und frei zu äussern. Vier Jahre später muss das Passepartout-Management
eingestehen, dass die Kinder nach über 350 Lektionen Frühfranzösisch noch nicht
einmal die wichtigsten 300 Wörter beherrschen, also weniger als ein Wort pro
Lektion gelernt haben.
Dank
angepriesener Lernstrategien seien die Lernenden fähig, die grammatischen
Strukturen zu entdecken und sie sich anzueignen. Nach sechs Jahren sehen sich
die Gymnasien im Kanton Bern allerdings gezwungen, den Grammatikteil aus den
Aufnahmeprüfungen zu streichen. Die lapidare Begründung: Man kann nicht
abfragen, was nicht vorhanden ist.
Dank
vermehrter Sprachvergleiche seien die Schüler/-innen in der Lage, selbst
komplizierte Texte zu entschlüsseln. Nach sechs Jahren weist die
Mehrsprachigkeitsforscherin Susanne Zbinden jedoch wissenschaftlich nach, dass
das Leseverständnis der «Clin d’œil»-Lernenden signifikant schlechter ist als
dasjenige derer, welche die französische Sprache mit Texten gelernt haben, die
dem jeweiligen Sprachniveau angepasst sind. Und erst nach sechs Jahren
hartnäckiger Beratungsresistenz sieht sich der «Schulverlag plus» aufgrund
einer Intervention der betroffenen sechs Bildungsdirektor/-innen gezwungen,
«Mille feuilles 5» und «Mille feuilles 6» «substanziell» umzuschreiben. Offensichtlich
wird mit der angekündigten Überarbeitung versucht, zu retten, was nicht zu
retten ist.
Angesichts
dieser verheerenden Bilanz ist es höchste Zeit, die grobfahrlässige Schulutopie
Passepartout zu stoppen. Danach kann sich der Fremdsprachenunterricht wieder
erfolgreich an der bewährten und international anerkannten Didaktik
orientieren. Es darf nicht sein, dass die Passepartout-Verantwortlichen aus
Eigeninteressen zulasten der Schülerinnen und Schüler auf Zeit spielen, sei es
um des Geldes wegen oder um das eigene Gesicht zu wahren.
Jürg
Wiedemann, Landrat Grüne-Unabhängige und Vorstand Starke Schule beider Basel.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen