7. Januar 2018

Planvolle Steuerung des Unterrichts mit Hilfe des Schweizer Schulpreises

Dank dieses Grossraumbüros mit isolierten Einzelboxen und einer Lehrerin, die dazwischen herumspaziert, wurde die dazugehörige Schule eine der sechs Preisträgerinnen des Schweizer Schulpreises 2017. Als «moderne Käfighaltung von Kindern»charakterisiert Carl Bossard mit Recht solche «Lernlandschaften», in denen jeder Schüler irgendetwas macht, aber niemand sich darum kümmert, dass auch jeder etwas lernt. Die Bildlegende dazu: «Unterricht. Selbstgesteuert? Alters- und niveaudurchmischt? Ateliers statt Klassenzimmer? Das ist Unterricht an der Sekundarschule Sandgruben.» Ob man dem «Unterricht» sagen kann, ist allerdings fraglich. 
«Schweizer Schulpreis» – Kein Ranking der Schulen? Jo chasch dänkä! 7.1. von Marianne Wüthrich


Von einer gemeinsamen Erarbeitung des Lernstoffes der Lehrerin mit ihrer Klasse, von einer Klassengemeinschaft keine Spur. Einzelne Bröckli werden in Computertests abgeprüft, aber was die einzelnen Schüler wirklich im Gedächtnis und als Lernerlebnis für sich mitnehmen, kümmert niemanden. Hauptsache, in den prämierten Schulen ist das angestrebte Changemanagement in vollem Gange. Denn zu den Beurteilungskriterien des Schweizer Schulpreises gehört unter anderem: «Wir suchen Schulen, die dafür sorgen, dass die Schülerinnen und Schüler ihr Lernen selbst in die Hand nehmen» und die «neue und ergebnisorientierte Formen der Zusammenarbeit des Kollegiums, der Führung und des demokratischen Managements praktizieren und die Motivation und Professionalität ihrer Lehrerinnen und Lehrer planvoll fördern». (http://www.schweizerschulpreis.ch/). 

Das tönt nicht nach Freiwilligkeit, sondern nach «planvoller» Steuerung der Unterrichtsmethoden und Umpolung der Lehrerpersönlichkeit von oben. Dazu eignet sich so ein Schulpreis, der übrigens nicht in der Schweiz erfunden wurde, bestens: «Die Robert Bosch Stiftung und die Heidehof Stiftung haben uns das Konzept des Deutschen Schulpreises dankenswerter Weise zur Verfügung gestellt. Die grundlegenden Texte wurden teilweise vom Deutschen Schulpreis übernommen (…).»  (http://www.schweizerschulpreis.ch/). Interessant sind auch die langen Listen von zum Teil altbekannten Vorstands- und Jurymitgliedern, Experten und des Patronatskomitees sowie das stattliche Budget von rund 700'000 Franken jährlich, das «ausschliesslich über Privatpersonen, Unternehmen und Stiftungen» (z.B. Credit Suisse, accenture) geäufnet wird. Wenn man die sechs Schulpreise von je 20'000 und kleinere Trostpreise abzählt, bleibt für Bürokratie und Honorare einiges übrig. 

Auffällig ist auch, wie in der Homepage des Schulpreises beteuert wird: «Der Schweizer Schulpreis nimmt weder Rankings noch Ratings vor und lehnt diese aus grundsätzlichen Überlegungen ab. Die für die Bewertung durch die Jury massgeblichen Qualitätsbereiche werden so gehandhabt, dass Rankings und Ratings verhindert werden können.» 

Keine Rankings (Ranglisten)? Keine Ratings (Bewertung eines Unternehmens durch Externe)? Jo chasch dänkä! Wenn schweizweit bekannt wird, was der Schweizer Schulpreis als Musterschulen prämiert, nämlich beziehungsverhindernde Grossraumbüros mit alters- und niveaudurchmischten Gruppen isolierter Kinder und mit Lehrern, die nur noch coachen dürfen, dann ist dies in erster Linie ein Mittel, um die Schulen und vor allem die Lehrerteams Lehrplan 21-kompatibel zu kneten. Bestätigt wird dies durch die Evaluationsmethode. Es werden nämlich nicht einzelne Projekte bewertet, sondern die Schulen als Ganzes: «Die Jury legt die Finalistenschulen fest, die im Rahmen von Schulbesuchen einer vertieften Begutachtung unterzogen werden. Die Schulbesuche dauern in der Regel eineinhalb bis max. zwei Tage und dienen dazu, einen umfassenden Einblick in den Schulbetrieb zu erhalten.» Wehe der Lehrerin oder dem Lehrer, die in einer so «begutachteten» Schule lieber unterrichten als coachen würden – die kämen schön unter Druck von Schulleitung und «progressiven» Kollegen… George Orwells 1984 lässt grüssen.

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