Attila
Gaspar ist Geschäftsführer der Basler Medienund TheaterFalle. In Workshops
bringt er Schülern bei, wie sie mit den sozialen Medien umzugehen haben.
"Wir sehen Gefahren, wo Jugendliche keine sehen", Schweiz am Wochenende, 20.1. von Leif Simonsen
Herr Gaspar, teilen Sie den Eindruck, dass
sich Jugendliche immer mehr in öffentlichen Netzwerken exponieren und somit
grosse Risiken eingehen?
Attila
Gaspar: Wir sehen Gefahren, wo Jugendliche keine sehen. Das Ziel unserer
Workshops ist nicht, dass die Schüler keine Bilder oder Statements posten. Sie
wissen sehr wohl, dass sie sich exponieren, aber viele wollen genau das. Sie
sehen Youtube-Stars und denken sich: So leicht kann man also bekannt werden, da
kann mans ja versuchen. Diese Lust, sich mitzuteilen, ist übrigens kein
neuartiges Phänomen der heutigen Jugend. Das hatte der Mensch schon immer.
Vergessen wir nicht Andy Warhols Sinnspruch von den 15 Minuten Ruhm, die jedem
mal zuteilwerden.
Worauf wollen Sie in Ihren Workshops hinaus?
Unser
Ziel ist eher, dass sie sich mehr Gedanken machen. Und sich beispielsweise bei
einem Post fragen: Was will ich damit genau bezwecken? Wenn man sich diese
Frage regelmässig stellt, verzichtet man auf viele Mitteilungen, die man später
bereut. Wir zeigen auch auf, wie die angeblichen Gratisplattformen
funktionieren und welche Firmen damit Geld verdienen. Und natürlich wollen wir
auch darauf hinweisen, welche groben Fehler zu vermeiden sind.
Die wären?
Das
verheerendste sind Nacktbilder oder Sexvideos. Das Interesse daran ist ja
grundsätzlich nachvollziehbar und richtig, aber der Umgang ist falsch, wenn man
die Bilder im Netz weiterverbreitet.
Und von welchen Posts raten Sie den
Jugendlichen ab?
Es gibt
keine «schwarze Liste». Ich beobachte, dass es weniger die politischen
Statements sind, welche die Jugendlichen bereuen. Viel häufiger sind es
Affekthandlungen zwischen Freunden. In diesem Alter verändert sich alles sehr
schnell. An einem Tag ist man noch der beste Freund, am nächsten bereits
verfeindet. Das war früher genauso. Was sich verändert hat, sind die
Auswirkungen. Social Media hat eine bedeutend grössere Kraft als eine Aussage
auf dem Pausenhof. Die Hemmschwelle im Netz ist zudem oft geringer. Vieles
passiert heute auch im Klassenchat. Das ist ein mächtiges Mittel, nicht zuletzt
wenn es um Mobbing geht.
Ist die neue Generation wegen all der
sozialen Netzwerke im richtigen Leben asozialer im richtigen Leben?
Da
widerspreche ich insofern, als sich die Jugendlichen genauso wie die
Erwachsenen immer noch gerne treffen. Die Vereine haben sogar noch mehr Zulauf
als früher. Was ich aber beobachte, ist eine grosse Müdigkeit bei den
Jugendlichen. Sie haben grosse Probleme, abzuschalten. Früher war der
Medienkonsum überschaubar. Man hatte zu Hause einen Fernseher, der von den
Eltern okkupiert oder zumindest kontrolliert wurde. Heute findet eine
Dauerberieselung statt, die schädlich ist. Da braucht es Regeln, denn genügend
Schlaf ist wichtig. Ich empfehle klare Regeln, auch wenn sich die Kinder
dagegen auflehnen werden.
Und was ist sonst die Aufgabe der Eltern?
Anfangs
ist vor allem Begleitung angesagt. Man setzt sein Kind ja auch nicht auf ein
Velo und lässt es losfahren im Wissen, dass es bei der nächsten Kreuzung einen
Unfall hat. Gerade in der Anfangsphase braucht es Orientierungshilfen. Denn das
Handy ist absolut wahnsinnig. Das kann ja fast alles. Auch wir in unseren
Workshops setzen auf Orientierungshilfen. Wir leiten die Kinder an, die
verschiedenen Aspekte der Mediennutzung spielerisch zu lernen.
Was sollen die Eltern tun, wenn die Kinder
älter werden und ans Gymnasium gehen?
Den
Eltern kann ich sagen: Es wird mit zunehmendem Alter besser. Anfangs
Mittelschule, wenn viele ein neues Handy bekommen, geht eine Welt auf. Da haben
sie auf dem Pausenplatz nur die Augen auf das neue Ding gerichtet. Mit der
Zeit, da gibt es auch neue Forschungsergebnisse, lässt das Interesse nach.
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