2. Dezember 2017

Starke Schule setzt sich durch

Gross war die Empörung bei den Linken, als das Komitee Starke Schule Baselland im Vorfeld der letzten Baselbieter Regierungsratswahlen der freisinnigen Kandidatin Monica Gschwind seine Unterstützung zusagte. Der damalige grüne Landrat und Kopf der Starken Schule, Jürg Wiedemann, bezahlte dies einige Monate später mit dem Ausschluss aus der Partei.
Ein Lehrplan mit Themen und Inhalten, Basler Zeitung, 2.12. von Thomas Dähler

Doch inzwischen zeichnet sich immer deutlicher ab, dass die Starke Schule und Jürg Wiedemann mit dem damaligen Schachzug richtig gehandelt haben. Die heutige Bildungsdirektorin Monica Gschwind führt einen Kurs, der im Bereich der Volksschule vieles geradebiegt, das die Starke Schule zuvor kritisiert hat. Der am Donnerstag vom Landrat verabschiedete Gegenvorschlag zur Lehrplan­Initiative bestätigt dies erneut. Zu Recht meinte Wiedemann am Donnerstag bei der Beratung im Landrat, die Vorlage aus Gschwinds Direktion sei sogar besser als seine Initiative.

Stimmt das Stimmvolk dem Gegenvorschlag an der Urne zu, sind die Exzesse des Lehrplans 21 mit seinem kuriosen Kompetenzenkatalog ausgehebelt: Baselland erhält für seine Sekundarschulen einen Stufenlehrplan mit Themen und Stoffinhalten, nach Jahreszielen und Leistungsniveaus differenziert. Vom Lehrplan 21 bleibt einzig, dass die konkreten Stoffpläne den Kompetenzbeschreibungen des nationalen Lehrplans zugeordnet werden. Im Bereich der Naturwissenschaften und der Geschichte ist zudem längst sichergestellt, dass der Stoff für die einzelnen Fächer differenziert aufgeführt wird.

Man muss wissen, dass der Lehrplan 21, von Bildungsexperten im stillen Kämmerlein ausgebrütet und nach einer nachträglichen Vernehmlassung noch zurechtgebogen, den Umbau des traditionellen humanistischen Bildungssystems anvisiert hat.

Angestossen hatte diese utilitaristische Instrumentalisierung der Ausbildung einst der frühere Zürcher Erziehungsdirektor Ernst Buschor, als er in den 90er­Jahren in seinem Kanton der Schulverwaltung das New Public Management aufdrückte und die Schulen zu Corporate Identities erklärte – mit Lehrkräften als Anbietern von Dienstleistungen, mit Eltern und Schü­lern als Kunden: eine Schule, die wie die Wirtschaft Angebot und Nachfrage zur Maxime erhebt. Im Zentrum des Lehrplans 21 mussten deshalb Kompetenzen und selbstgesteuertes Lernen stehen. Der Fokus liegt auf den Tests und nicht auf dem Schulstoff.

Genau dies aber wird im Baselbiet mit dem vom Landrat verabschiedeten Gegenvorschlag zur Lehrplan­Initiative anders sein. An die Stelle von Mehrjahreszyklen mit als Kompetenzen formulierten Fertigkeiten und intellektuellen Wahrnehmungen tritt eine konkrete Stoffliste, die vorgibt, was in den Schulen wann gelehrt werden soll. Die Volksschule stellt damit im Baselbiet wieder die Anforderungen ins Zentrum, welche die Jugendlichen beherrschen müssen, wenn sie später in eine Berufslehre oder auf eine Mittelschule wechseln. Der Baselbieter Lehrplan wird so auf dem Boden der Realität verankert – ohne die interkantonale Koordination auszublenden.

Bildungsdirektorin Monica Gschwind kommt das Verdienst zu, der übertriebenen Reformwelle samt ideologischem Überbau im Baselbiet Grenzen gesetzt zu haben. Stattdessen rücken die konkreten Inhalte ins Zentrum der Schulbildung, welche die Jugendlichen brauchen, um später ihr Privat­ und Berufsleben gestalten zu können. Die stofflichen Herausforderungen sind im Zeitalter der digitalen Umwälzung auch so gross genug.

Mit dem geplanten neuen Lehrplan nehmen die einstigen Gegner des Lehrplans 21 im Baselbiet auch davon Abschied, diesen weiter frontal zu bekämpfen. Der Lehrplan 21 hat sich längst landesweit durchgesetzt. Der pragmatische Weg, der im Baselbiet eingeschlagen wird, zeigt aber auf, dass es möglich ist, mit dem neuen Schulinstrument zu leben, wenn es vernünftig umgesetzt wird. Niemand schreibt vor, dass in den Schulen in der Schweiz ausschliesslich Kompetenzenorientiert unterrichtet werden darf.


Der vor zehn Jahren verabschiedete nationale Bildungsartikel schreibt Qualität und Durchlässigkeit vor und harmonisiert landesweit Schuleintrittsalter, Schulpflicht, Bildungsstufen und Abschlüsse. Dies lässt den Kantonen bei der Umsetzung grosse Freiheiten. Der Kanton Baselland nützt diese. Der Wechsel an der Spitze der Bildungsdirektion hat entsprechend im Baselbiet die grassierende Reformitis beendet. Die Starke Schule hat sich mit erstaunlich vielen Anliegen durchgesetzt.

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