Gross
war die Empörung bei den Linken, als das Komitee Starke Schule Baselland im
Vorfeld der letzten Baselbieter Regierungsratswahlen der freisinnigen
Kandidatin Monica Gschwind seine Unterstützung zusagte. Der damalige grüne
Landrat und Kopf der Starken Schule, Jürg Wiedemann, bezahlte dies einige
Monate später mit dem Ausschluss aus der Partei.
Ein Lehrplan mit Themen und Inhalten, Basler Zeitung, 2.12. von Thomas Dähler
Doch
inzwischen zeichnet sich immer deutlicher ab, dass die Starke Schule und Jürg
Wiedemann mit dem damaligen Schachzug richtig gehandelt haben. Die heutige Bildungsdirektorin
Monica Gschwind führt einen Kurs, der im Bereich der Volksschule vieles
geradebiegt, das die Starke Schule zuvor kritisiert hat. Der am Donnerstag vom
Landrat verabschiedete Gegenvorschlag zur LehrplanInitiative bestätigt dies
erneut. Zu Recht meinte Wiedemann am Donnerstag bei der Beratung im Landrat,
die Vorlage aus Gschwinds Direktion sei sogar besser als seine Initiative.
Stimmt
das Stimmvolk dem Gegenvorschlag an der Urne zu, sind die Exzesse des Lehrplans
21 mit seinem kuriosen Kompetenzenkatalog ausgehebelt: Baselland erhält für
seine Sekundarschulen einen Stufenlehrplan mit Themen und Stoffinhalten, nach
Jahreszielen und Leistungsniveaus differenziert. Vom Lehrplan 21 bleibt einzig,
dass die konkreten Stoffpläne den Kompetenzbeschreibungen des nationalen
Lehrplans zugeordnet werden. Im Bereich der Naturwissenschaften und der
Geschichte ist zudem längst sichergestellt, dass der Stoff für die einzelnen
Fächer differenziert aufgeführt wird.
Man
muss wissen, dass der Lehrplan 21, von Bildungsexperten im stillen Kämmerlein
ausgebrütet und nach einer nachträglichen Vernehmlassung noch zurechtgebogen,
den Umbau des traditionellen humanistischen Bildungssystems anvisiert hat.
Angestossen
hatte diese utilitaristische Instrumentalisierung der Ausbildung einst der
frühere Zürcher Erziehungsdirektor Ernst Buschor, als er in den 90erJahren in
seinem Kanton der Schulverwaltung das New Public Management aufdrückte und die
Schulen zu Corporate Identities erklärte – mit Lehrkräften als Anbietern von
Dienstleistungen, mit Eltern und Schülern als Kunden: eine Schule, die wie die
Wirtschaft Angebot und Nachfrage zur Maxime erhebt. Im Zentrum des Lehrplans 21
mussten deshalb Kompetenzen und selbstgesteuertes Lernen stehen. Der Fokus
liegt auf den Tests und nicht auf dem Schulstoff.
Genau
dies aber wird im Baselbiet mit dem vom Landrat verabschiedeten Gegenvorschlag
zur LehrplanInitiative anders sein. An die Stelle von Mehrjahreszyklen mit als
Kompetenzen formulierten Fertigkeiten und intellektuellen Wahrnehmungen tritt
eine konkrete Stoffliste, die vorgibt, was in den Schulen wann gelehrt werden
soll. Die Volksschule stellt damit im Baselbiet wieder die Anforderungen ins
Zentrum, welche die Jugendlichen beherrschen müssen, wenn sie später in eine
Berufslehre oder auf eine Mittelschule wechseln. Der Baselbieter Lehrplan wird
so auf dem Boden der Realität verankert – ohne die interkantonale Koordination
auszublenden.
Bildungsdirektorin
Monica Gschwind kommt das Verdienst zu, der übertriebenen Reformwelle samt ideologischem
Überbau im Baselbiet Grenzen gesetzt zu haben. Stattdessen rücken die konkreten
Inhalte ins Zentrum der Schulbildung, welche die Jugendlichen brauchen, um
später ihr Privat und Berufsleben gestalten zu können. Die stofflichen
Herausforderungen sind im Zeitalter der digitalen Umwälzung auch so gross
genug.
Mit dem
geplanten neuen Lehrplan nehmen die einstigen Gegner des Lehrplans 21 im
Baselbiet auch davon Abschied, diesen weiter frontal zu bekämpfen. Der Lehrplan
21 hat sich längst landesweit durchgesetzt. Der pragmatische Weg, der im
Baselbiet eingeschlagen wird, zeigt aber auf, dass es möglich ist, mit dem
neuen Schulinstrument zu leben, wenn es vernünftig umgesetzt wird. Niemand
schreibt vor, dass in den Schulen in der Schweiz ausschliesslich
Kompetenzenorientiert unterrichtet werden darf.
Der vor
zehn Jahren verabschiedete nationale Bildungsartikel schreibt Qualität und
Durchlässigkeit vor und harmonisiert landesweit Schuleintrittsalter,
Schulpflicht, Bildungsstufen und Abschlüsse. Dies lässt den Kantonen bei der
Umsetzung grosse Freiheiten. Der Kanton Baselland nützt diese. Der Wechsel an
der Spitze der Bildungsdirektion hat entsprechend im Baselbiet die grassierende
Reformitis beendet. Die Starke Schule hat sich mit erstaunlich vielen Anliegen
durchgesetzt.
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