2. Dezember 2017

Lehrerpräsidentin: Aufholbedarf bei Informatik

In kaum einem Bereich verändert sich die Lehrerausbildung in den letzten Jahren stärker als beim Thema Informations- und Kommunikationstechnologie (ICT). «Zurzeit macht kein Jahrgang in diesem Bereich das Gleiche, wie noch der Jahrgang davor», sagt Thomas Meinen, Rektor der Pädagogischen Hochschule Schaffhausen (PHSH). Die Entwicklung verlaufe rasant, denn von den angehenden Lehrerinnen und Lehrern werde viel erwartet. «Der Umgang mit ICT ist eine Kulturtechnik wie Handschrift und Kopfrechnen, eine Kulturtechnik, welche die Schule vermitteln muss.»
Tablet im Unterricht: Das meinen Pädagogische Hochschule und Lehrerschaft, Schaffhauser Nachrichten, 2.12. von Mark Liebenberg


Die Grundanforderungen an die Kompetenzen im Umgang mit ICT seien wie in fast allen anderen Berufen ja auch, gestiegen. Selbstverständlich gehöre die Anwendung digitaler Hilfsmittel im Alltag an der PHSH dazu, von der Bedienung von Lernsoftwares bis zum Herstellen medialer Inhalte.

Thomas Meinen, Rektor PHSH
Aber auch im Pflichtteil der Lehrveranstaltungen nehme Medien und Informatik eine immer wichtigere Rolle ein, erklärt Meinen. «Dabei richten wir uns grundsätzlich stark auf das gleichnamige Modul im Lehrplan 21 aus, also einer Sammlung von Kompetenzen, die nicht zwingend in einem eigenen Fach unterrichtet werden», sagt Meinen. Die PHSH sei massgeblich beteiligt an der Entwicklung von Ausbildungsmaterialien, die von weiteren elf PHs genutzt werden.

Sind die angehenden Lehrer fit?

In ihrer Ausbildung begegnen die angehenden Lehrpersonen dem Thema Digitalisierung mehrfach. Das beginnt mit einer Selbstevaluation zu Studienbeginn. Wo steht ein Studierender  und wo besteht Aufholbedarf. Im dritten Semester gibt es einen Grundlagenkurs zu Medien und Informatik: vom Leben in der Mediengesellschaft bis hin zum Verstehen von Algoritmen und Robotik-Grundlagen werden die Studierenden fit gemacht. Im vierten Semester kommen ICT je nach Ausbildungsart im Bereich Fachdidaktik noch einmal ins Spiel. Mediendidaktik, Informatische Bildung und Grundlagen des Programmierens.

Sind die PHSH-Absolventen damit fit für den Einzug der Digitalisierung ins Schulzimmer – zum Beispiel in Form von Tabletklassen, wie sie jetzt an der Schule Hallau geplant sind? Ja, sagt Thomas Meinen. Aber man dürfe eines nicht vergessen: «Das Lernen ist nicht identisch mit dem Lehrmittel!». Zentral – gerade in der Ausbildung junger Lehrpersonen – seien die übergeordneten Bildungsziele. «In der Volksschule darf Kreativität, Autonomie, Individualität oder Problemlösungskompetenz auch ohne digitale Hilfsmittel nicht zu kurz kommen.»

Lernen mit Herz, Hand, Kopf

Und natürlich darf die PH dabei nicht nur die «Digital Natives» im Auge haben (also jene jungen Lehrerinnen und Lehrer, die bereits mit der Digitalisierung aufgewachsen sind), sondern auch jene Lehrpersonen, die schon länger im Beruf stehen. «Da ist eine regelrechte Weiterbildungsoffensive geplant», sagt Meinen. Das Weiterbildungsangebot zu Medien und Informatik werde derzeit ausgebaut im Hinblick auf die Einführung des Lehrplans 21. Der soll im Kanton Schaffhausen auf das Schuljahr 2019/20 eingeführt werden.

Cordula Schneckenburger, Präsidentin des Lehrervereins
In der Schaffhauser Lehrerschaft herrscht grundsätzlich Offenheit gegenüber dem Einsatz von Digitalgeräten im Unterricht. Cordula Schneckenburger, Präsidentin des Lehrervereins (LVS) sagt: «Das ist eine gesellschaftliche Entwicklung, der wir auch als Schule Rechnung tragen müssen.»

Das Pilotprojekt in Hallau findet sie eine lässige Sache für die involvierten Lehrer und Schüler. «Mir scheint aber wichtig, dass diese Hilfsmittel nicht schon auf der Unterstufe zum Einsatz kommen.» In den ersten Schuljahren müssten ganz andere Dinge vermittelt werden. Schneckenburger macht ein Beispiel: «Was ist ein Deziliter, wie weit ist ein Kilometer? Ich glaube nicht, dass man das am Bildschirm besser lernen kann».
Man müsse technische Hilfsmittel wie ein Tablet oder Lernsoftware als ein neues Medium verstehen, das man anstelle etwa eines Schulbuchs nutze. «Studien zeigen aber auch, dass sich die Lernleistung nicht automatisch verbessert, weil man mit Tablets arbeitet.» Das analoge Lernen mit Hand, Herz und Kopf – nach Pestalozzi – es wird also auch künftig der Kernbestand des Unterrichtens sein.

Schaffhauser Lehrer: Aufholbedarf

Wissenslücken und fehlende Erfahrung im Umgang mit digitalen Hilfsmitteln seien in der Lehrerschaft natürlich vorhanden, räumt die Lehrerpräsidentin ein. Hinsichtlich der Einführung des Moduls Medien und Informatik mit dem Lehrplan 21 gebe es teilweise erheblichen Aufholbedarf.

Cordula Schneckenburger, Präsidentin des Lehrervereins
«Das Modul erstreckt sich ja über alle Schulfächer, das heisst es betrifft alle Lehrkräfte.» Das sei schon eine Umstellung; viele Lehrpersonen müssten bald eine Standortbestimmung vornehmen. Weiterbildungsmassnahmen seien zentral, um die Lehrer fit für die neuen Herausforderungen zu machen. «Es bringt aber nichts, alle 900 Lehrpersonen im Kanton Schaffhausen in die gleiche Weiterbildung zu schicken», sagt die Lehrerpräsidentin. Die Unterschiede zwischen einzelnen Lehrkräften seien zum Teil sehr gross. «Permanente Weiterbildung gehört aber nun einmal zum Lehrerberuf und dem werden sich alle stellen müssen.»


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