9. Dezember 2017

Dilettantismus und Geldverschwendung

Die Medienmitteilung der Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion, dasFranzösischlehrmittel «Mille feuilles» werde überarbeitet, ist nicht nur ein Eingeständnis der Untauglichkeit der Passepartout-Fremdsprachenideologie: sie ist eine Bankrotterklärung. Die Arroganz der Vertreter dieses von Beginn an zum Scheitern verurteilten Projekts rächt sich nun. Den Preis dafür zahlt unser Nachwuchs.
Dilettantismus und Geldverschwendung, Basler Zeitung, 8.12. von Alina Isler

Die Passepartout-Lehrbücher wurden ohne Pilotprojekt flächendeckend eingeführt. So fehlten von Anfang an die Erfahrungswerte. Es war jedoch von Beginn an offensichtlich, dass bei Passepartout die Alltagssprache zu kurz kommt, und dass sie mit «Sprechanlässen» aus dem Alltag der Kinder gefördert werden müsste. Dieses Wissen wäre bei den Lehrpersonen abrufbar gewesen. Doch genau deren bisherige Arbeit wurde von den Passepartout-Befürwortern verunglimpft, während die eigene Ideologie als das Ei des Kolumbus verkauft wurde. In Wirklichkeit verhält es sich umgekehrt. Dabei ist es eine pädagogische Selbstverständlichkeit, dass «Sprechanlässe» sich auf den Alltag beziehen müssen.

Die Verantwortlichen dieses absurden Fremdsprachenkonzepts sind nicht gewillt, von ihrer Ideologie abzurücken. Um notwendige Änderungen an den Schulbüchern zu erreichen, mussten folglich die Erziehungsdirektoren der sechs Passepartout-Kantone beim Schulverlag plus vorsprechen. Im ersten Halbjahr 2018 wird der Erscheinungstermin des zu überarbeitenden Französischlehrmittels «Clin d’œil» kommuniziert, es wird dann aber noch lange nicht zur Verfügung stehen. Dabei sind bei anderen Verlagen pfannenfertige Lehrbücher verfügbar, und zwar um einiges preisgünstiger. Ohnehin hat der Schulverlag plus mit seinem dermassen schlechten Lehrmittel jegliches Vertrauen verspielt.

Nachzulieferndes Unterrichtsmaterial wie «On bavarde» oder Vergleichbares hätte gar nie erst fehlen dürfen. Die Vorbereitung auf alltägliche Sprechsituationen ist eine Selbstverständlichkeit eines jeden sinnvollen Konzepts der Fremdsprachenvermittlung. Solche im Nachhinein zu ergreifenden Massnahmen sind ein Beleg dafür, wie dilettantisch die Passepartout-Ideologie ist. Mehrere Schülerjahrgänge wurden als Versuchskaninchen missbraucht und zahlen nun den Preis dafür. Im Weiteren haben sich die meisten Fremdsprachenlehrpersonen bereits ihre eigenen Unterrichtsmaterialien zusammengestellt oder sind gegenwärtig daran, dies zu tun. Die bisher zur Verfügung stehenden Passepartout-Lehrbücher bleiben weitgehend in den Schränken und kommen wegen ihrer Untauglichkeit auch weiterhin kaum zur Anwendung.

Die Einbindung des Instituts für Mehrsprachigkeit zur Evaluation des Kenntnisstands im Fremdsprachenerwerb der Baselbieter Sekundarschülerinnen und -schüler ist ein einmaliger Prozess. Noch nie zuvor in unserem Kanton musste wegen der Einführung neuer Lehrbücher von Universitäten wissenschaftlich untersucht werden, ob die Lernenden die Lernziele im Unterricht erreichen. Noch nie zuvor mussten Regierungsräte bei einem Verlag intervenieren zur Durchsetzung notwendiger Änderungen von Schulbüchern, weil die Passepartout-Autoren dazu nicht bereit sind. Nie zuvor mussten nach der Einführung neuer Unterrichtsmittel betreffend deren Tauglichkeit Hearings in der Lehrerschaft abgehalten und grossflächige Evaluationen vorgenommen werden. Nie zuvor gab es von der Bevölkerung, Parteien und Gewerkschaften dermassen Widerstand gegen neu eingeführte Lehrwerke. In dieser Hinsicht stellen die Passepartout-Schulbücher ein absolut negatives Novum dar. All dies zeigt zum wiederholten Male, dass die PassepartoutIdeologie von Anfang an gescheitert ist. Sie dient ausschliesslich den finanziellen Interessen der Bildungswissenschaften und des Schulverlags, nicht aber dem Fremdsprachenerwerb unseres Nachwuchses. Und dennoch ist die Politik nach wie vor nicht bereit, endlich einen Schlussstrich zu ziehen. Es wird weiterhin auf Zeit gespielt und eine Pflästerlipolitik betrieben, um zu retten, was nicht zu retten ist. Die Verschwendung öffentlicher Gelder und das Verheizen unserer Kinder sollte schleunigst gestoppt werden.

Alina Isler ist Vorstandsmitglied der Starken Schule beider Basel.


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