Gespräch mit Ralf Lankau. Über die
falsche Heilslehre vom Digitalen, automatisierte Lernfabriken ohne Pädagogen
und die »Verzweckung« unserer Kinder.
»Weltweit größtes Experiment am lebenden Objekt«, Junge Welt, 4.11. von Ralf Wurzbacher
In unserem Gespräch
wird es auch darum gehen, wie doof oder klug Smartphones, Tablets und Computer
sind bzw. wie dumm oder schlau sie uns Menschen machen. Fangen wir mit dem
FDP-Vorsitzenden Christian Lindner an, der sich im Bundestagswahlkampf mit dem
Spruch »Digital first. Bedenken second.« auf Plakaten verewigen ließ. Sollte
man sich um diesen Herrn Sorgen machen?
Würde er sein
Plädoyer ernst meinen, müsste man sich in der Tat um seine geistige Gesundheit
sorgen und ihn als nicht zurechnungsfähig aus dem Verkehr ziehen. Wer die
notwendige Reflexion über die Folgen von Digitaltechnik, also die klassische
Technikfolgenabschätzung, ausblenden will, kann weder politisch noch als Person
ernstgenommen werden. Andererseits passt das ins Bild. Deutschland ist im
Digitalfieber: Digitalagenda, Digitalgipfel, Digitalpakte. Die Art, wie diese
Technik propagiert und abgefeiert wird, hat etwas von Heilslehre und einem
Fetisch. Und auf dieser populistischen Pro-Digital-Welle, die von der
IT-Wirtschaft und ihren Lobbyisten losgetreten wurde, reitet eben auch Lindner.
Also
Berechnung, keine Dummheit?
Lindner ist
nicht dumm. Es geht ihm um Aufmerksamkeit und darum, sich als »Politmarke«
aufzubauen. Das Ego und die Karriere einzelner stehen im Mittelpunkt, nicht
politische Fragen und sozialverträgliche Lösungen. Und das heißt dann eben
auch: Für das Erreichen der eigenen Ziele darf man gerne das politische System
beschädigen, koste es, was es wolle.
Die
Digitalisierung soll den Steuerzahler ja einiges kosten. Der »Digitalpakt#D«,
mit dem Bund und Länder Deutschlands Schulen flächendeckend mit modernster IT-
und Breitbandtechnik ausstatten wollen, soll fünf Milliarden Euro verschlingen.
Es wäre zu hoffen, dass bei solchen Summen eine eingehende
Kosten-Nutzen-Analyse erfolgt.
Eine
Kosten-Nutzen-Analyse gab es so wenig wie eine auch nur annähernd realistische
Kalkulation. Fünf Milliarden Euro in fünf Jahren, das klingt nach viel Geld.
Bei 33.500 allgemeinbildenden Schulen wären das pro Einrichtung und Jahr knapp
30.000 Euro. Nimmt man alle 44.000 Schulen, dann landet man bei etwas mehr als
22.000 Euro. Es gibt eine Studie der Bertelsmann-Stiftung mit zwei Szenarien.
Im ersten teilen sich fünf Schüler einen Computer oder ein Tablet. Dabei
ergäben sich nach den Berechnungen Ausgaben zwischen 538 Millionen und 1,03
Milliarden Euro pro Jahr. Hätten, wie im zweiten Fall, alle Schüler ein
Endgerät, wäre man schon bei 1,82 Milliarden bis 2,62 Milliarden Euro pro Jahr.
Der Deutsche
Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hat vorgerechnet, dass alleine die
Berufsschulen 2,5 Milliarden Euro in fünf Jahren und damit schon die Hälfte des
Geldes vom Digitalpakt beanspruchen. Ein Kostenrahmen weit über dem von fünf
Milliarden Euro ergibt sich auch aus einer Kalkulation des Städtetags
Baden-Württemberg. All die Beispiele zeigen: Das mit den fünf Milliarden Euro
ist Augenwischerei.
Wie verhält
es sich mit dem Nutzen? Politik und Wirtschaft bauen ja darauf, dass sich die
Digitalisierungsoffensive auf lange Sicht rentieren wird – in Gestalt besser
qualifizierter Schulabgänger, Lehrlinge und Studierender. Gibt es dafür
belastbare Belege?
Eben nicht,
und das macht den Ansatz vollends absurd. Schon die berühmte Metaanalyse
»Visible Learning« des neuseeländischen Pädagogen John Hattie, hat gezeigt,
dass Rechner und Software in Schulen nichts bringen. Eine PISA-Sonderauswertung
der OECD-Studie »Students, Computers and Learning« ergab, dass in den
vergangenen zehn Jahren Investitionen in die IT-Ausstattung der Schulen keine
nennenswerten Verbesserungen der Schülerleistungen in Lesekompetenz, Mathematik
oder Naturwissenschaften erbrachten. Selbst in einer Telekom-Studie steht, was
auch bei Hattie zu lesen ist: »Die verstärkte Nutzung digitaler Medien führt
offensichtlich nicht per se zu besseren Schülerleistungen. Vielmehr kommt es
auf die Lehrperson an.« Andreas Schleicher, OECD-Direktor für Bildung,
formulierte es in einem Interview mit einer australischen Zeitung so: »Wir
müssen es als Realität betrachten, dass Technologie in unseren Schulen mehr
schadet als nützt.«
Woher nehmen
dann die Bundesregierung und mit ihr fast der ganze Politikbetrieb bis in die
Reihen der Partei Die Linke die Überzeugung, dass Bildung und digitale Medien
wie selbstverständlich zusammengehören?
Ich würde das
nicht Überzeugung nennen. Claus Pias hat in seiner »Kurzen Geschichte der
Unterrichtsmaschinen« das Scheitern der Geräte im Unterricht aufgezeigt.
Verdient hat an dieser Lerngutprogrammierung aber immer jemand. In der
Diskussion zeichnen sich im wesentlichen zwei Lager ab. Wer mit der Digitalisierung
von Schulen und Unterricht Geld verdienen will – Hard- und Softwareanbieter,
IT-Dienstleister, App-Entwickler, Medienpädagogen oder Lehrmittelanbieter –,
plädiert für den möglichst frühen Einsatz von Digitaltechnik in der Schule oder
sogar schon in der Kita.
Wer hingegen
Kinderärzte, Kognitionswissenschaftler, Suchtforscher oder Pädagogen fragt,
bekommt als Einstiegsalter zehn bis zwölf Jahre genannt. Wer weiß, dass die
ersten zehn Lebensjahre für die Entwicklung eines Menschen entscheidend sind,
wird einschätzen können, ob die Interessen an Absatzmärkten für Digitaltechnik
darüber bestimmen sollten, ab welchem Alter die Geräte in der Schule eingesetzt
werden oder doch besser die leibliche und geistige Gesundheit der Kinder
geschützt wird.
Soll heißen:
Die Politik übernimmt einfach die Position der Industrie?
Ja, hier
haben die IT-Lobbyisten ganze Arbeit geleistet. Wir erleben eine kollektive
Gehirnwäsche. Bildung, Gesundheit, Verkehr, Wissenschaft, überall gilt die
Heilslehre vom Digitalen. Schauen Sie sich die Kampagnen, Websites und
Arbeitspapiere aus den Ministerien an und die der IT-Unternehmen. Da weiß man
gar nicht mehr, wer was geschrieben hat.
Nehmen wir
den 10. Nationalen IT-Gipfel in Saarbrücken 2016, so etwas wie der
»Geburtstag«. In dessen Vorfeld hatte Bundesbildungsministerin Johanna Wanka
(CDU) den »Digitalpakt#D« zum ersten Mal angekündigt. Parallel dazu publizierte
die Scheer Holding GmbH in Kooperation mit dem Feldafinger Kreis das
»Saarbrücker Manifest«. Dessen Initiator und Mitautor August-Wilhelm Scheer hat
zusammen mit Frau Wanka den Vorsitz der formal vom BMBF gegründeten
IT-Gipfel-Plattform »Digitalisierung in Bildung und Wissenschaft« inne, die den
»Digitalpakt#D« verantwortet. Der zweite Autor ist Leiter des Deutschen Forschungszentrums
für Künstliche Intelligenz (DFKI). Dieses bietet »intelligente Lösungen für die
Wissensgesellschaft« an, die Grundlage für automatisierte und personalisierte
Lernmanagementsysteme, wie sie in Schulen und Betrieben eingesetzt werden
sollen. Die Plattform selbst versammelt Vertreter aller großen IT-Firmen und
Verbände: von Bitkom oder der Gesellschaft für Informatik über Microsoft bis
SAP, Telekom und HPI, also das Hasso-Plattner-Institut für
Softwaresystemtechnik.
Das HPI hatte
bereits eine funktionierende Schul-Cloud im Angebot, noch ehe über deren
pädagogischen Nutzen diskutiert oder rechtliche Fragen zum Datenschutz geklärt
worden wären. Die Politik wurde auf dem Gipfel sogar aufgefordert, den
Datenschutz neu zu regeln, damit keine »Innovationen« verhindert oder auch nur
verzögert würden. Die Bundeskanzlerin formulierte dann auch brav: Restriktiver
Datenschutz könne »heute nicht die generelle Leitschnur sein für die
Entwicklung neuer Produkte«.
Sie sprachen
es an: Fast sämtliche Kinderärzte wenden sich gegen Bestrebungen, Tablets und
Smartphones im Schulbetrieb einzusetzen und warnen vor »deutlichen
gesundheitlichen und psychologischen Beeinträchtigungen« der Heranwachsenden.
Daran sollte doch eigentlich nicht einmal der Industrie gelegen sein.
Es ist
schizophren. Das Sucht- und Steuerungspotential der digitalen Medien ist höher
als bei jedem anderen Medium. Die freundliche Erklärung wäre die, dass die
Befürworter nicht darüber reflektieren, da sie selbst mit diesen Geräten und
Diensten arbeiten und glauben möchten, Kinder und Jugendliche müssten früh
lernen, damit umzugehen. Andere plappern die Digitalpropaganda einfach nach,
die ja omnipräsent ist.
… und die
»unfreundliche« Erklärung?
Wenn man
Hänschen an Bildschirm und Computerstimme früh gewöhnt, folgt Hans der
synthetischen Stimme später von ganz alleine. Das ist zwar unmenschlich,
entspricht aber der Humankapitaltheorie, wonach Menschen nach Bedürfnissen und
Bedarf der Industrie in Lernfabriken zugerichtet werden. Übrigens nur die
Kinder der anderen. Die eigenen Kinder schicken die wohlhabenden IT-Entwickler
und Startup-Gründer im Silicon Valley vorwiegend in Montessori-Kindergärten
und Waldorfschulen – ohne Computer.
Dann lieber
weiter mit Tafel, Buch und Stuhlkreis. Leute wie Sie sind heute als technophob,
gestrig und als Antimodernisierer verrufen. Stört Sie das?
Weil ich vor
etwas warne, das unseren Kindern schadet? Smartphones und Tablets sind keine
Lehrmittel, sondern Geräte der Unterhaltungsindustrie, mit denen man vieles
kann – aber kaum konzentriert arbeiten. Und sie sind der Traum jedes
Werbepsychologen und Marketingers: Man kann live miterleben und mitspeichern,
was Menschen rund um die Uhr tun, wo sie sind, mit wem sie kommunizieren und
was sie suchen. Wir erleben derzeit das weltweit größte Experiment am lebenden
Objekt. Die Nutzer selbst aber glauben an kostenlose Dienste – einfach genial.
Auch die
Konzepte »Arbeit 4.0« und »Industrie 4.0« sollen uns Menschen »riesige Chancen
und Potentiale« bescheren. Dabei ist absehbar, dass das Ganze auf ein
gigantisches Arbeitsplatzvernichtungsprogramm hinausläuft. Sollte man den
»Digitalpakt#D« nicht ebenso in diesen Kontext stellen?
»Industrie
4.0« ist ein Schlagwort aus der Hightech-Strategie des Bundesministeriums für
Bildung und Forschung aus dem Jahr 2012 und das Ziel dahinter ist die
»intelligente«, das heißt vollständig automatisierte und menschenleere Fabrik.
Das lässt sich weiterspinnen: In vollautomatisierten »Lernfabriken 4.0« wird
das »Werkstück Mensch« von der Kita über Schule und Hochschule bis zur
Erwachsenenbildung automatisch von Lernstation zu Lernstation geführt, wo von
Algorithmen berechnete Lerneinheiten und Übungen die gewünschten Kompetenzen
vermitteln und umgehend abprüfen.
Bilder und
Äußerungen von den Lernenden an Bildschirm oder Display werden dafür mit Kamera
und Mikrofon aufgezeichnet und ausgewertet. Algorithmen bestimmen aufgrund der
Leistungsfähigkeit, Geschwindigkeit, Fehlerquote, Frustrationstoleranz und
anderer Parameter die zu erreichenden Lernziele. Die Software prüft, ob die
angestrebten Kompetenzstufen erreicht werden, und »empfiehlt« einen Beruf, ein
Studienfach – oder steuert die Lerninhalte nach dem aktuellen Bedarf an
Arbeitern.
Das klingt
stark nach Science-Fiction und reichlich dystopisch. Das ist aber Ihr voller
Ernst?
Google, Apple
und Co. bieten den Schulen jetzt schon ganze Klassensätze an Hard- und Software
kostenlos an und werten die Daten aus. Im nächsten Schritt können Unternehmer
oder Lobbyisten jeglicher Couleur die Anbieter von Lehrmitteln beauftragten,
die jeweils gewünschten Inhalte einzubinden. Nach der Hardware und den Systemen
werden die Inhalte privatisiert – die Google-Schools lassen grüßen.
Verantwortliche von Schulen, die sich heute an solchen Projekten beteiligen,
sollten wissen, dass die Softwareanbieter gerade Feldversuche zur
Automatisierung des Unterrichts machen, ohne es zu sagen. In Phase eins werden
Lehrkräfte geschult, die Kindern beibringen, am Rechner zu arbeiten. In Phase
zwei läuft die Beschulung automatisch per Rechner und synthetischer
Computerstimme.
Und wo
bleiben dabei die Pädagogen?
Die
verschwinden einfach – das ist das Ziel. Sie werden ersetzt durch billigere
Sozialarbeiter oder Sozialcoaches, ein paar Psychologen für ausrastende Kinder
und ansonsten Systemtechniker, die die IT-Systeme am Laufen halten und
optimieren. Das lässt sich nachlesen bei Jose Ferreira und seinem System
»Knewton« oder bei Fritz Breithaupt und seiner »Talking Method«: Kinder,
Jugendliche, Erwachsene sitzen in Fabrikhallen vor Displays, den Kopfhörer auf
und eine synthetische Computerstimme in den Ohren. Das alles wird als
Individualisierung vermarktet und ist doch nur die Zurichtung durch
Algorithmen. Software kann aber weder personalisieren noch individualisieren.
Algorithmen haben keine Vorstellung von einer Person oder einem Individuum,
sondern nur von Regelprozessen.
Wenn es
wirklich so kommt, dann braucht es künftig ja auch keine Lehrerausbildung mehr
und keine Pädagogikprofessoren, keine Hörsäle ...
Für »Bildung
4.0« braucht man keine Lehrkräfte, sondern Rechner. Wir erleben eine
industriegetriebene Umwandlung von Bildungs- zu Ausbildungseinrichtungen.
»Bildung« wird zwar als positiv besetzter Begriff überall postuliert, ist aber
inhaltlich vollständig entwertet und »verzweckt« – im Sinne von
Selbstoptimierung für den Arbeitsmarkt. Dazu passen das modularisierte Studium,
das Abrechnen in ECTS-Punkten und Zeitstunden, Dauerevaluationen und
Kennzahlenfixierung. Auch die Uni wird eine automatisierte Lernfabrik – nicht
zuletzt, weil die Lehrenden sich weder gegen den Bologna-Prozess noch gegen die
betriebswirtschaftlichen Maxime des Total Quality Management, TQM, wehren. Und
das, obwohl bekannt sein müsste, dass diese Methoden der produzierenden
Industrie für soziale Einrichtungen nicht funktionieren und kontraproduktiv,
weil im Wortsinn »asozial« sind.
Geht es nach
den Technovisionären, loggt sich der Student von morgen per Tablet oder
Smartphone in den »Hörsaal« ein und ackert irgendwelche Lernsoftware durch. Ist
die Präsenzuni ein Auslaufmodell?
Für ein
reguläres Studium sind die Präsenz auf dem Campus und das soziale und
kooperative Miteinander entscheidend. Wer glaubt, sich alles mit Massive Open
Online Courses, MOOC, beibringen zu können, sollte es probieren. Aber: Der
Anteil der sogenannten Selbstlerner liegt statistisch bei unter fünf Prozent.
Und die Abbrecherquoten bei Onlinekursen bewegen sich zwischen 90 bis 98
Prozent.
Die Funktion
dieser MOOC ist primär eine soziale Selektion, nach dem Motto: Schau, du kannst
alle Kurse belegen und die Onlineprüfungen machen. Die Prüfungen kosten Geld,
aber du kannst beim Bestehen Zertifikate für Bewerbungen sammeln und zeigen,
dass du willig bist. Wer es nicht schafft, ist selbst schuld und kann sich
nirgends beschweren. Das Versagen wird an das Individuum delegiert.
Über Sie ist
auch zu erfahren, dass Sie den Einsatz der neuen Medien im Bildungsbetrieb
nicht rundweg verteufeln. Unter welchen Bedingungen könnte in Ihren Augen der
Gebrauch sinnvoll sein?
Unterricht
ist ohne Medien ja gar nicht möglich, man muss nur alle im Fokus haben. Was ich
kritisiere, ist zweierlei: Zum einen wird der Einsatz digitaler Medien im
Unterricht nicht von den Schülern und vom Unterrichten her gedacht, sondern aus
der Warte der Technikanbieter betrachtet. Das zweite ist, dass bei allen
Onlinemedien durch die permanente Verbindung alle Nutzerdaten und Aktionen
gespeichert und für Lernprofile ausgewertet werden. Während aber das Speichern
von Daten an und zwischen Schulen in den USA verboten ist – dafür gibt es den
Children`s Online Privacy Property Act, COPPA – werden Daten deutscher
Schülerinnen und Schüler einfach ins Netz gespeist, wenn man Dienste wie
Google, Facebook oder Whats-App nutzt.
Was wäre eine
für Sie wünschenswerte Alternative?
Um
Informationstechnik in Schulen einsetzen zu können, ist eine ganz andere
Philosophie nötig: Datensparsamkeit und Dezentralisierung mittels lokaler
Netze, lokale Server, verschlüsselte Datenübertragung zwischen kooperierenden
Schulen, Hacker-Projekte und Workshops für Medienprojekte statt Learning
Analytics. Wir sollten Lernsoftware eher wie Schulbücher oder andere Lehrmittel
einsetzen. Wer will, kann damit lernen und üben. Aber niemand kontrolliert und
protokolliert, wer welche Bücher wie lange liest.
Wir brauchen
zweitens eine eigene technische Infrastruktur, um keine US-Dienste nutzen zu
müssen. Das heißt konkret: Schulen vom Netz, bis wir unsere Hausaufgaben
gemacht haben. Und auch danach sollten wir die Rechner so konfigurieren, dass
an den Schulen nur dort mit ihnen gearbeitet werden kann, wo es fachlich und
didaktisch sinnvoll ist – aber eben offline, mit lokal installierter Software,
ohne Netzanbindung. Dann funktionieren zwar die Geschäftsmodelle der
Lehrmittelanbieter nicht mehr, aber das ist nicht mein Problem als Pädagoge.
Ralf Lankau
ist Professor für Mediengestaltung und Medientheorie an der Hochschule
Offenburg. Er leitet dort das Labor »Grafik.Werkstatt« an der Fakultät Medien
und Informationswesen, forscht zu experimenteller Medienproduktion in Kunst,
Lehre und Wissenschaft und publiziert zu Design, Kommunikationswissenschaft und
(Medien-) Pädagogig.Lankau betreibt das Projekt »Futur iii – Digitaltechnik
zwischen Freiheitsversprechen und Totalüberwachung« (futur-iii.de) und ist Mitinitiator des
»Bündnisses für humane Bildung – aufwach(s)en mit digitalen Medien« (www.aufwach-s-en.de). Von Lankau erschien
Anfang Oktober im Beltz-Verlag: »Kein Mensch lernt digital: Über den
sinnvollen Einsatz neuer Medien im Unterricht«
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