Ausgebrannt
im Schulzimmer? Der Solothurner Lehrerverband organisiert erstmals Trainings,
in denen die Pädagogen ihre psychische Widerstandfähigkeit stärken können.
Erstmals organisiert der Solothurner Lehrerverband Anti-Burnout-Kurse für Lehrer, Oltner Tagblatt, 5.11. von Sven Altermatt
Ausgebrannt
im Schulzimmer? Das Thema treibt auch den Solothurner Lehrerverband (LSO) um.
«Wir haben festgestellt, dass zunehmend mehr Lehrpersonen im Kanton mit
Burnout-Problemen zu kämpfen haben oder gar für längere Zeit krankheitsbedingt
nicht unterrichten können», sagt LSO-Geschäftsführer Roland Misteli. Weitere
Folgen der oft hohen Belastungen seien etwa Erschöpfungssymptome oder
Schlafprobleme.
Damit
es erst gar nicht so weit kommt, hat der Verband nun Massnahmen ergriffen: Für
Lehrer werden neu sogenannte Resilienz-Trainings angeboten – unter dem
Leitspruch «gesund und gelassen im Beruf». Resilienz nennen Forscher das, was
gemeinhin als psychische Widerstandfähigkeit verstanden wird. Vereinfacht
ausgedrückt, soll der Mensch die Fähigkeit bekommen, aus Erfahrungen zu lernen
und damit selbst schwerste Krisen ohne seelischen Schaden zu überstehen.
Kanton will Vorreiter sein
Im
Rahmen eines zweijährigen Programms soll die Resilienz von Lehrern gestärkt
werden. Das Angebot, für das 106'000 Franken budgetiert sind, wird vom Kanton
unter anderem mit einem Beitrag von 10'000 Franken aus dem Lotteriefonds
unterstützt. Der Solothurner Regierungsrat hat die Leistungsvereinbarung mit
der Beratungsstelle für Lehrkräfte des LSO entsprechend angepasst. Man wolle
«Standards setzen, damit der Beruf der Lehrperson nicht krank macht», erklärte
Bildungsdirektor Remo Ankli (FDP) diesen Herbst am kantonalen Lehrertag.
Die
Ursachen für die Burnout-Anfälligkeit sind vielfältig. Auf der Problemliste der
Lehrer stehen «schwierige Schüler», «Reformen» und «Erwartungen von
Erziehungsberechtigten und Kindern» ganz oben, wie eine Aargauer Erhebung
zeigte. Dass die traditionelle Allianz zwischen Lehrern und Eltern bröckelt,
ist jüngst in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt. Juristische
Auseinandersetzungen sind nur der Höhepunkt einer längeren Entwicklung. Manche
Eltern intervenieren bei Schulleitern und bügeln die Fehler ihrer Kinder aus,
bevor sie aus diesen lernen können. Andere wollen bei der Gestaltung des
Unterrichts mitreden oder beschäftigen die Behörden mit Kaskaden von Anträgen.
«Gerade
die Elternarbeit erfordert heute tendenziell mehr Zeit», sagt
LSO-Geschäftsführer Misteli. Teilweise gebe es Abgrenzungsprobleme, was in die
Schule gehört und was nicht. Trotzdem warnt er davor, die Probleme zu
pauschalisieren. Oft seien es sehr individuelle Situationen, welche die Lehrer
im Alltag fordern würden.
Persönlichkeitsstärke entfalten
Die
Resilienz-Trainings werden diesen Winter erstmals angeboten, die Leitung
übernimmt die Psychologin Regula Blöchlinger von der Beratungsstelle für
Lehrpersonen des LSO. In vier teilweise mehrtägigen Modulen lernen die
Teilnehmer, wie sie auch in turbulenten Zeiten entschlossen handeln und
zuversichtlich bleiben.
Es
gehe darum, Denkhaltungen und Methoden zu entwickeln, um «ein hohes Mass an
Persönlichkeitsstärke zu entfalten», heisst es beim LSO. Die Schwerpunkte
tragen Titel wie «Umgang mit Emotionen und Gedanken» oder «Innere Signale
wahrnehmen und einordnen».
Zum Programm gehören nebst Referaten und praktischen Übungen auch Gruppencoachings und Selbstreflexionen. Durchgeführt werden die Trainings ausserhalb der regulären Schulzeit. Misteli betont, man wolle so die Schwelle zur Teilnahme niedrig halten.
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