1. Oktober 2017

Zentralschweizer Bildungsdirektoren denken über Französischunterricht nach

Weil ihnen die Begeisterung fehlt, erlernen vor allem Buben die zweite Landessprache schwerer. Die Zentralschweizer Bildungsdirektoren präsentieren nun Lösungen – von denen der Lehrerverband wenig hält.
Buben brauchen Motivationsspritze, Luzerner Zeitung, 29.9. von Raphael Zemp


Dass sich fehlende Motivation negativ auf die Leistung auswirkt, ist keine neue Erkenntnis. Genau das aber soll ein Hauptgrund sein, warum viele Zentralschweizer Oberstufenschüler in ihren Französischkenntnissen hinter den Lernzielen zurückliegen. Das hat eine nachträgliche Analyse der 2015 durchgeführten Untersuchung ergeben. Vor allem Buben fehlt die Begeisterung für das Erlernen der am zweitmeisten gesprochenen Landessprache. Sie schnitten in allen Kategorien schlechter ab als Mädchen – ausser beim Reden.
Um den insgesamt «unbefriedigenden Leistungen» entgegenzusteuern, haben nun die Zentralschweizer Bildungsdirektoren einen breiten Massnahmenkatalog präsentiert: Dieser reicht vom Einbezug französischsprachiger Personen, über Sprach-Apps und Lernsoftwares bis hin zu temporär Geschlechter getrenntem Unterricht.

So soll die Eigenmotivation der Schüler gesteigert, der Unterricht ansprechender gestaltet und die Lehrer besser unterstützt werden. Auch schlagen die Zentralschweizer Bildungsdirektoren vor, künftig den Austausch mit dem Welschland «konsequent zu fördern». Ein Anliegen, das auch CVP-Regierungsrat und Bildungsdirektor Reto Wyss wichtig ist. Grundsätzlich glaubt er: «Das sind geeignete Instrumenten, um Motivation und Kompetenzen im Fach Französisch weiter zu verbessern.» Auch weil notwendige Verbesserungen nun mit dem Lehrplan 21 eingeführt worden seien, laufe es gut mit dem Französisch-Unterricht an unseren Schulen.

Vor allem vom Einsatz neuer Medien erhofft sich Beat Jörg, Präsident der Bildungsdirektoren-Konferenz Zentralschweiz und CVP-Regierungsrat des Kantons Uri, viel. «Sie helfen Schülern, besonders auch Buben, Berührungsängste mit dem Französisch abzubauen.» Wobei er betont: «Pfannenfertige Lösungen liegen noch keine vor.» Dass die Umsetzung dieser Ideen gelingt, soll zudem pro Kanton mindestens ein Fachverantwortlicher Französisch eingesetzt werden. Die schliessen sich ihrerseits wiederum zu einem Zentralschweizer Fachnetzwerk für die Französischförderung zusammen. Warum es vor allem den Buben im Französisch-Unterricht an Motivation mangele, darüber könne er hingegen nur spekulieren, so Jörg. Was sich aber pauschal sagen lasse: «Buben können sich weniger mit Fleissarbeit identifizieren.» Genau dies erfordere aber der Fremdsprachenerwerb.

Annamarie Bürkli, Präsidentin des Lehrerinnen- und Lehrerverbands Luzern, kann den Vorschlägen der Zentralschweizer Bildungsdirektoren wenig abgewinnen. Die Schüler seien zu Beginn des Französisch-Unterrichts sehr wohl motiviert, die Sprache zu lernen. Sie würden dann aber die Begeisterung verlieren, weil zwei und auch drei Lektionen Unterricht pro Woche nicht reichen. Das zeige sich am Beispiel des Kantons Zug sehr gut. Dort wird seit langem während dreier Lektionen pro Woche Französisch unterrichtet, die Ergebnisse der Evaluation seien in etwa gleich schlecht wie die Luzerner Ergebnisse. Für Annamarie Bürkli müssten mehr Mittel investiert werden, etwa in die Einführung des Halbklassenunterrichts. «Doch das bräuchte Geld, das wir ja nicht haben.»
In welcher Form und in welchem Zeitraum die Empfehlungen der Bildungsdirektoren-Konferenz übernommen werden, entscheiden letztlich die Kantone. Klar ist: Ob die Massnahmen, welche die Luzerner Regierung beschliesst, greifen, soll «innert nützlicher Frist» überprüft werden. Dies fordert Gaudenz Zemp, FDP-Kantonsrat in einem am Dienstag eingereichten Vorstoss.

Durchgeführt haben die Evaluation 2015 das Institut für Mehrsprachigkeit der Universität Freiburg und die Pädagogische Hochschule Freiburg, im Auftrag der Bildungsdirektoren-Konferenz Zentralschweiz. Befragt wurden gut 3700 Zentralschweizer Schüler der 6. und vor allem 8. Klasse. Ihr schlechtes Abschneiden versuchten auch die Initianten der Fremdsprachen-Initiative zu ihren Gunsten zu deuten: Zwei Fremdsprachen in der Primarschule würden die Schüler überfordern.

Ihr Anliegen fand aber keine Mehrheit – und wurde am Sonntag bekanntlich deutlich verworfen, mit fast 58 Prozent Nein-Stimmen. Somit bleibt also alles beim Alten: In der 3. Primarklasse beginnt der Englisch- und in der 5. der Französischunterricht.


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