SVP-Kantonsrat Willi Knecht findet
externe Qualitätssicherungen unnötig und will sie abschaffen. Damit könnte der
Kanton fast eine Million Franken sparen. Obwohl sich der Lehrerverband für die
Fremdevaluation ausspricht, will er diese jetzt sistieren.
Schulen sollen auf Evaluationen verzichten, Luzerner Zeitung, 25.10. von Yasmin Kunz
Die externe Schulevaluation prüft die Qualität der Luzerner Schulen.
Alle sechs Jahre wird eine solche durchgeführt. Ziel: Qualitätssteigerung und
Entwicklung. Die Evaluation basiert auf dem Gesetz über die Volksschulbildung
von 1999. Gemäss einer Regierungsratsantwort auf eine Anfrage von
SVP-Kantonsrat Willi Knecht (Geiss) aus dem Jahr 2012 startete man 2005 mit dem
ersten Evaluationszyklus.
Nun soll damit Schluss sein. Das verlangt Willi Knecht in einer
dringlichen Motion. Als Argument für die Abschaffung führt er die Kosten ins
Feld. Rund 0,8 Millionen Franken zahlt der Kanton für Schulevaluationen pro
Jahr. Schulen und Gemeinden müssen sich nicht an den Kosten beteiligen. Die
knappe Million, die mit der Abschaffung eingespart werden könnte, wäre im
Schulzimmer nicht spürbar, so Knecht. Ferner findet der Kantonsrat: «Die
externen Evaluationen kosten nicht nur, sie blockieren auch Ressourcen.»
Genauer: Die Qualitätssicherung einer Schule beanspruche viel Zeit. So dauere
das ganze Prozedere – von der ersten Kontaktaufnahme durch Evaluatoren bis hin
zum Auswertungsgespräch – rund ein halbes Jahr. Zum Prozess gehören etwa Gespräche
mit Lehrern, Schülern, Eltern, Schulleitungen und Schulbehörden. Knecht betont:
«Die Zeit, die für diese Interviews benötigt wird, ist nicht in den Kosten
enthalten.»
Lehrer haben einen
Aufwand von vier Stunden
Die kantonale Dienststelle für Volksschulbildung schreibt, dass der
Aufwand für die Lehrer bei einer Fremdevaluation rund vier Stunden betrage.
Ungefähr die Hälfte davon dürfe während regulärer Sitzungszeiten durchgeführt
werden. Der Gesamtaufwand mit der Schulbehörde wird mit vier bis acht Stunden
angegeben. Und die Schülerinnen und Schüler müssten zwischen 10 und 20 Minuten
aufwenden. Willi Knecht findet: «Das ist eine zusätzliche Belastung für die
Lehrer, die unnötig ist.»
Nicht nur die Kosten sind für den SVP-Politiker, der bis letztes Jahr
selber in der Menznauer Schulpflege sass, ein Grund, die externen Evaluationen
abzuschaffen. Er zweifelt auch am Nutzen. «Evaluationen produzieren viel unnötiges
Papier, sind eine Momentaufnahme, und sie sagen letztlich wenig über die
Qualität einer Schule aus.» Zudem sei gesetzlich verankert, dass die
Schulleitungen für die Sicherung und Weiterentwicklung der Schul- und
Unterrichtsqualität zuständig seien. «Im Grunde genommen wird die
Evaluationsarbeit doppelt ausgeführt.»
Ganz anders sieht das Pirmin Hodel, neuer Präsident des
Schulleiterinnen- und Schulleiterverbands. «Es reicht nicht, wenn nur die
Schulleitungen und die Bildungskommission die Qualität der Schulen prüfen. Die
Volksschule ist eine kantonale Angelegenheit. Darum kann die Qualitätssicherung
nicht ausschliesslich eine kommunale Aufgabe sein», stellt er klar. Deshalb
findet er: «Die Forderungen von Willi Knecht sind ein Schnellschuss.» Man müsse
verstehen, was damit verloren ginge, sagt Hodel. Mit Verlust meint der
Willisauer Schulleiter unter anderem die Wertschätzung, die den Lehrpersonen
mit externen Evaluationen entgegengebracht werde.
Zudem ermögliche eine externe Evaluation die Darstellung des Profils der
Schule. «Wir – wie andere Betriebe auch – müssen Rechenschaft ablegen über die
Qualität unserer Arbeit. Aus diesem Grund braucht es diese Evaluationen.» Für
Hodel steht aber fest: «Über die Tiefe und Breite der Evaluation könnte man
diskutieren.» Mit anderen Worten: Die Evaluation könnte schlanker, mit weniger
Aufwand für die Beteiligten, durchgeführt werden.
Aufwand wird seit
langem hinterfragt
Die Diskussion um den Aufwand für die externen Evaluationen ist nicht
neu. Der Lehrerinnen- und Lehrerverband des Kantons Luzern kritisiert den
Aufwand schon seit geraumer Zeit. Heute sei die Diskussion aber eine andere,
sagt Kaspar Bättig, Geschäftsführer des Verbandes. «Aktuell müssen wir uns
fragen, ob wir uns Fremdevaluationen leisten können.» Die Antwort dürfte wohl
negativ ausfallen, sagt er. «In Zeiten, wo Lehrpersonen eine Lektion kostenlos
unterrichten müssen, sind solche Angebote unweigerlich zu hinterfragen.» Dass
dies nun auch Kantonsräte einsehen würden, freut Bättig. «Denn es zeigt, dass die
Abbaumassnahmen rund um die Bildung auch nicht bei allen Politikern gut
ankommen.»
Trotz Aufwand und Sparmassnahmen: Die externe Evaluation an Schulen sei
notwendig, müsse aber bedarfsgerechter eingesetzt werden, betont er. Knechts
Idee, dass die Schulleitungen und die Bildungskommissionen diese künftig in
alleiniger Regie übernehmen, begrüsst Bättig nicht. «Ein System kann sich nicht
selber kontrollieren.» Es brauche zwingend eine Aussensicht. Wegen der klammen
Kantonskasse fordert der Verband jedoch die Sistierung der externen
Evaluationen – «bis der Schulbetrieb im Kanton wieder voll finanziert werden
kann». Charles Vincent, Leiter der Dienststelle Volksschulbildung im Kanton
Luzern, nimmt zum Vorstoss keine Stellung, da es sich um einen laufenden Prozess
handle.
Welche Kantonsräte die Motion mitunterzeichnen werden, kann Willi Knecht
nicht sagen. Er betont jedoch, dass auch viele CVP- und FDP-Politiker die
Fremdevaluation hinterfragen würden. Wird Knechts Motion an der
Kantonsratssession vom kommenden Montag für dringlich erklärt, wird sie am
Dienstag im Parlament behandelt.
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