25. Oktober 2017

Motion fordert Abbruch der Schulevaluationen

SVP-Kantonsrat Willi Knecht findet externe Qualitätssicherungen unnötig und will sie abschaffen. Damit könnte der Kanton fast eine Million Franken sparen. Obwohl sich der Lehrerverband für die Fremdevaluation ausspricht, will er diese jetzt sistieren.
Schulen sollen auf Evaluationen verzichten, Luzerner Zeitung, 25.10. von Yasmin Kunz


Die externe Schulevaluation prüft die Qualität der Luzerner Schulen. Alle sechs Jahre wird eine solche durchgeführt. Ziel: Qualitätssteigerung und Entwicklung. Die Evaluation basiert auf dem Gesetz über die Volksschulbildung von 1999. Gemäss einer Regierungsratsantwort auf eine Anfrage von SVP-Kantonsrat Willi Knecht (Geiss) aus dem Jahr 2012 startete man 2005 mit dem ersten Evaluationszyklus.

Nun soll damit Schluss sein. Das verlangt Willi Knecht in einer dringlichen Motion. Als Argument für die Abschaffung führt er die Kosten ins Feld. Rund 0,8 Millionen Franken zahlt der Kanton für Schulevaluationen pro Jahr. Schulen und Gemeinden müssen sich nicht an den Kosten beteiligen. Die knappe Million, die mit der Abschaffung eingespart werden könnte, wäre im Schulzimmer nicht spürbar, so Knecht. Ferner findet der Kantonsrat: «Die externen Evaluationen kosten nicht nur, sie blockieren auch Ressourcen.» Genauer: Die Qualitätssicherung einer Schule beanspruche viel Zeit. So dauere das ganze Prozedere – von der ersten Kontaktaufnahme durch Evaluatoren bis hin zum Auswertungsgespräch – rund ein halbes Jahr. Zum Prozess gehören etwa Gespräche mit Lehrern, Schülern, Eltern, Schulleitungen und Schulbehörden. Knecht betont: «Die Zeit, die für diese Interviews benötigt wird, ist nicht in den Kosten enthalten.»

Lehrer haben einen Aufwand von vier Stunden
Die kantonale Dienststelle für Volksschulbildung schreibt, dass der Aufwand für die Lehrer bei einer Fremdevaluation rund vier Stunden betrage. Ungefähr die Hälfte davon dürfe während regulärer Sitzungszeiten durchgeführt werden. Der Gesamtaufwand mit der Schulbehörde wird mit vier bis acht Stunden angegeben. Und die Schülerinnen und Schüler müssten zwischen 10 und 20 Minuten aufwenden. Willi Knecht findet: «Das ist eine zusätzliche Belastung für die Lehrer, die unnötig ist.»

Nicht nur die Kosten sind für den SVP-Politiker, der bis letztes Jahr selber in der Menznauer Schulpflege sass, ein Grund, die externen Evaluationen abzuschaffen. Er zweifelt auch am Nutzen. «Evaluationen produzieren viel unnötiges Papier, sind eine Momentaufnahme, und sie sagen letztlich wenig über die Qualität einer Schule aus.» Zudem sei gesetzlich verankert, dass die Schulleitungen für die Sicherung und Weiterentwicklung der Schul- und Unterrichtsqualität zuständig seien. «Im Grunde genommen wird die Evaluationsarbeit doppelt ausgeführt.»

Ganz anders sieht das Pirmin Hodel, neuer Präsident des Schulleiterinnen- und Schulleiterverbands. «Es reicht nicht, wenn nur die Schulleitungen und die Bildungskommission die Qualität der Schulen prüfen. Die Volksschule ist eine kantonale Angelegenheit. Darum kann die Qualitätssicherung nicht ausschliesslich eine kommunale Aufgabe sein», stellt er klar. Deshalb findet er: «Die Forderungen von Willi Knecht sind ein Schnellschuss.» Man müsse verstehen, was damit verloren ginge, sagt Hodel. Mit Verlust meint der Willisauer Schulleiter unter anderem die Wertschätzung, die den Lehrpersonen mit externen Evaluationen entgegengebracht werde.

Zudem ermögliche eine externe Evaluation die Darstellung des Profils der Schule. «Wir – wie andere Betriebe auch – müssen Rechenschaft ablegen über die Qualität unserer Arbeit. Aus diesem Grund braucht es diese Evaluationen.» Für Hodel steht aber fest: «Über die Tiefe und Breite der Evaluation könnte man diskutieren.» Mit anderen Worten: Die Evaluation könnte schlanker, mit weniger Aufwand für die Beteiligten, durchgeführt werden.

Aufwand wird seit langem hinterfragt
Die Diskussion um den Aufwand für die externen Evaluationen ist nicht neu. Der Lehrerinnen- und Lehrerverband des Kantons Luzern kritisiert den Aufwand schon seit geraumer Zeit. Heute sei die Diskussion aber eine andere, sagt Kaspar Bättig, Geschäftsführer des Verbandes. «Aktuell müssen wir uns fragen, ob wir uns Fremdevaluationen leisten können.» Die Antwort dürfte wohl negativ ausfallen, sagt er. «In Zeiten, wo Lehrpersonen eine Lektion kostenlos unterrichten müssen, sind solche Angebote unweigerlich zu hinterfragen.» Dass dies nun auch Kantonsräte einsehen würden, freut Bättig. «Denn es zeigt, dass die Abbaumassnahmen rund um die Bildung auch nicht bei allen Politikern gut ankommen.»

Trotz Aufwand und Sparmassnahmen: Die externe Evaluation an Schulen sei notwendig, müsse aber bedarfsgerechter ­eingesetzt werden, betont er. Knechts Idee, dass die Schulleitungen und die Bildungskommissionen diese künftig in alleiniger Regie übernehmen, begrüsst Bättig nicht. «Ein System kann sich nicht selber kontrollieren.» Es brauche zwingend eine Aussensicht. Wegen der klammen Kantonskasse fordert der Verband jedoch die Sistierung der externen Evaluationen – «bis der Schulbetrieb im Kanton wieder voll finanziert werden kann». Charles Vincent, Leiter der Dienststelle Volksschulbildung im Kanton Luzern, nimmt zum Vorstoss keine Stellung, da es sich um einen laufenden Prozess handle.

Welche Kantonsräte die Motion mitunterzeichnen werden, kann Willi Knecht nicht sagen. Er betont jedoch, dass auch viele CVP- und FDP-Politiker die Fremdevaluation hinterfragen würden. Wird Knechts Motion an der Kantonsratssession vom kommenden Montag für dringlich erklärt, wird sie am Dienstag im Parlament behandelt.


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