20. Oktober 2017

Bildungsrat lenkt ein und verhindert Volksabstimmung

Was für eine Wende: Nach Monaten der Verhandlungen hat der Baselbieter Bildungsrat gestern entschieden, die umstrittene erste Fassung der neuen Stundentafel Sekundarschule, die kommenden Sommer in Kraft treten soll, abzu- ändern und den Grossteil der Kritikpunkte zu berücksichtigen (siehe Kasten). Das führt dazu, dass sowohl die hängige Motion als auch die Volksinitiative zurückgezogen werden. Nun ist der Weg frei, die Stundentafel schrittweise beginnend mit den ersten Sekundarklassen auf das Schuljahr 2018/19 hin einzuführen.
Ein Sieg für die Naturwissenschaften, Basellandschaftliche Zeitung, 19.10. von Michael Nittnaus



Noch im Frühling hatte das 13-köpfige Gremium, das in Eigenkompetenz über die Stundentafel befinden kann, sämtliche von Parteien oder Verbänden in der Vernehmlassung vorgebrachten Änderungswünsche ignoriert. Dies sorgte nicht nur in der Politik für Unverständnis, sondern auch bei Schulund Lehrerverbänden. Eine Motion wurde bereits vorsorglich im April eingereicht, im August folgte eine Volksinitiative der Starken Schule beider Basel (die bz berichtete).

Gschwind als Vermittlerin
«Lange habe ich gedacht, dass es nie zum Durchbruch kommen kann», sagt CVP-Landrat und Schulleiter Pascal Ryf, der die Motion mit der Unterstützung von SVP, FDP und Grünen-Unabhängigen eingereicht hatte. Diese fordert, dass Promotionsfächer, sofern sie in einem Schuljahr angeboten werden, mindestens zwei Lektionen pro Woche umfassen. Ziel ist eine Stärkung von Fä- chern wie Biologie, Chemie, Physik, aber auch Geschichte und Geografie.

Insgesamt benötigte es von Sommer bis Herbst drei intensive Krisensitzungen des Bildungsrats mit Vertretern der Motion und der Initiative sowie der Bildungsdirektion von Regierungs- und von Amtes wegen Bildungsrätin Monica Gschwind. «An der ersten Sitzung machte der Bildungsrat noch gar nicht den Eindruck, Kompromisse einzugehen», sagt Ryf. Er nimmt an, dass sich das Gremium vor den Kopf gestossen gefühlt habe, weil von Aussen in seinen Kompetenzbereich eingegriffen wurde. Doch mit der Zeit sei es zu einem Umdenken gekommen. Nicht nur für Ryf ist klar: «Ohne den Druck der Motion und der Initiative hätte der Bildungsrat nichts geändert.» Dieser Meinung ist auch Gschwind, wie sie gegenüber der bz sagt. Von einem Einknicken des Bildungsrates möchte sie aber nicht sprechen: «Schlussendlich ging es um das Wohl der Schule, nicht um Machtkämpfe zwischen Land- und Bildungsrat.»

Bildungsrat redet Resultat klein
Die Bildungsdirektorin wünscht sich für die Zukunft, dass Land- und Bildungsrat wieder näher zusammenrücken – und sieht sich dabei selbst als Vermittlerin. Eine Rolle, die ihr GU-Landrat und Starke-Schule-Vertreter Jürg Wiedemann hoch anrechnet: «Ich schreibe den Kompromiss auch ihr zu», sagt er. Gschwind habe alles darangesetzt, eine Planungsunsicherheit für die Schulen zu verhindern. Dies weil je nach Ausgang einer Volksabstimmung die vom Bildungsrat beschlossene Stundentafel bereits nach einem Jahr wieder hätte ersetzt werden müssen. Das nennt auch Bildungsrats-Vizepräsident Rolf Knechtli als wichtigsten Antrieb für den Meinungsumschwung. «Motion und Initiative standen nicht im Zentrum unserer Diskussionen», versucht er, deren Bedeutung zu relativieren. Überhaupt möchte er den Eindruck vermeiden, dass der Bildungsrat eingeknickt ist: «Unsere Entscheidungskompetenz war nicht infrage gestellt. Es handelt sich nur um punktuelle Anpassungen.» Grosse Gewinner sind die Fächer Biologie und Geschichte, die deutlich aufgestockt wurden.


Ein Wermutstropfen ist der Verzicht auf Geografie in der zweiten Sek. Doch Wiedemann sagt: «Irgendwo mussten Abstriche gemacht werden und Geschichte ist wichtiger als Geografie, da der Unterricht aufeinander aufbaut. Und das sage ich als Geo-Lehrer.»

1 Kommentar:

  1. Ab 2018/19 ändert sich die Baselbieter Stundentafel folgendermassen:
    Die Ende Mai vom Baselbieter Bildungsrat verabschiedete Stundentafel Sekundarschule sah jeweils nur eine Lektion Biologie, Chemie und Physik pro Woche über alle drei Sekundarschuljahre vor. Die neue Fassung gesteht Biologie durchgehend zwei Lektionen zu. Chemie und Physik werden dafür gestaffelt: Chemieunterricht findet neu ausschliesslich im zweiten Sekjahr mit zwei Lektionen pro Woche statt, Physik ausschliesslich im dritten. Bedeutend auch die Änderung bei Geschichte und Geografie: Hier wollte der Bildungsrat beiden Fächern 1,5 Lektionen pro Woche über alle drei Jahre zuteilen. Dies hätte vermutlich zum Unterricht als Sammelfächer geführt – etwas, das das Stimmvolk erst kürzlich unterband. Nun gibt es durchgehend zwei Lektionen Geschichte pro Woche. Um die Stundenbeschränkung einzuhalten, wird dafür im zweiten Sekjahr ganz auf Geografie verzichtet. Im ersten und dritten stehen aber zwei Lektionen auf dem Plan. Neu ist eine stärkere Gewichtung des Textilen und Technischen Gestaltens im Leistungsniveau A. Im ersten Sekjahr stehen dort vier Lektionen im Wahlbereich zur Verfügung. Vorher waren es deren zwei – dafür aber im ersten Jahr im Pflichtbereich.
    Quelle: Basellandschaftliche Zeitung, 19.10.

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