Die Regierung äussert sich erstmals zu Chancen und
Risiken der Digitalisierung in den Berufs- und Mittelschulen. Die Lehrpersonen
könnten durch die digitalen Medien nicht ersetzt werden, doch der
Unterrichtsalltag werde sich gründlich verändern.
Digitalisierung in der Schule: So beurteilt die Aargauer Regierung Chancen und Risiken, Aargauer Zeitung, 26.9. von Jörg Meier
In der Schule geschieht der Wissens- erwerb heute
noch weitgehend analog, mit Büchern, physischen Unterrichtsmaterialien und
weiterhin mit der klassischen Wandtafel. Doch immer stärker hält auch die
Digitalisierung Einzug in den heutigen Unterricht. In einer Interpellation
erkundigen sich die beiden FDP-Grossrätinnen Sabina Freiermuth und Maja Riniker
deshalb, welches die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Ausbildung an den
Berufs- und Mittelschulen sein werden.
Nicht nur Mittel zum Zweck
In der ausführlichen Antwort stellt der
Regierungsrat zuerst einmal fest, dass noch keine Klarheit darüber besteht,
welches genau die Kompetenzen sind, die in der Schule vermittelt werden sollen,
damit gebildete Menschen sich in der digitalisierten Gesellschaft mündig
bewegen können.
Allerdings gibt es klare pädagogische Ziele: Die
digitalen Geräte dürfen in der Schule nicht bloss moderne Mittel für dieselben,
individuellen Lernvorgänge sein, die bisher mit analogen Mitteln bewältigt
wurden. Sondern die neuen Möglichkeiten des Lernens, welche die Digitalisierung
eröffnet, sollen angemessen genutzt werden. Zudem sollen die digitalen Medien
den Unterricht nicht dominieren. Vielmehr sollen sie intelligent eingesetzt
werden in einem vielfältigen Unterricht, in welchem der Kontakt zur Lehrperson
weiterhin eine Konstante im Lernprozess ist. Denn es sei erwiesen, dass die
Lehrperson beim Lernprozess von zentraler Bedeutung sei, schreibt der
Regierungsrat.
Damit ist für die Regierung klar: Die Lehrperson
ist durch digitale Medien nicht zu ersetzen. Allerdings werde sich der
Berufsalltag der Lehrpersonen gründlich verändern. Um die neuen Möglichkeiten
der digitalen Medien im Unterricht erfolgreich anwenden zu können, brauchen die
Lehrpersonen in der Sekundarstufe II, also der Mittelschule, eine entsprechende
Aus- und Weiterbildung, erklärt die Regierung in der Antwort auf die
Interpellation.
Keine Computerräume mehr
In der Berufsbildung wird die Digitalisierung durch
verschiedene Interessengruppen und Bildungsträger auf nationaler Ebene
definiert. Hier spielt der Kanton in der Definition der Strategie eine
untergeordnete Rolle. Klar sind hingegen die Erwartungen der Regierung an die
Volksschule, was die Digitalisierung betrifft: Die Neueintretenden in die
Mittelschulen sollten bereits über ein solides informatisches Grundwissen
verfügen. Der neue Aargauer Lehrplan soll sicherstellen, dass diese Kompetenzen
genau definiert und auch altersgerecht vermittelt werden.
Der Regierungsrat erwartet, dass es mittelfristig
an den Schulen keine Computerräume mehr braucht, Schülerinnen und Schüler
verfügen über persönliche Laptops, die überall im Unterricht eingesetzt werden
können und sollen. Andere Auswirkungen auf den Schulraum seien aber sonst keine
zu erwarten. Angestrebt wird eine Mischung von herkömmlichen und digital
basierten Lehr und Lernformen.
Das Lernen findet auch künftig weiterhin in der
Schule statt, in Klassen, einzeln oder in Arbeitsgruppen. Das Lernen wird – mit
Ausnahme der Hausaufgaben – nicht an andere Orte verlagert. Die Präsenz der
Lehrpersonen soll auch nicht reduziert werden.
Mehr Chancen als Risiken
In einer sorgfältig eingeführten Digitalisierung
sieht der Regierungsrat mehr Chancen als Risiken. Er stellt zudem fest, dass an
der Fähigkeit, mit digitalen Medien umzugehen, kein Weg vorbeiführt, weder in
den Berufslehren, noch in der Allgemeinbildung.
Mit der Digitalisierung werde sich die
Berufslandschaft verändern, neue Berufe würden entstehen, bestehende
verschwinden. «Die Berufsfachschulen werden daher neue Bildungsgänge für neue
Berufe aufbauen und alte einstellen müssen», folgert der Regierungsrat.
Aber auch die Tätigkeiten innerhalb eines Berufes
werden sich verändern. Entsprechend werden sich auch die Bildungsinhalte
anpassen müssen. Das stellt neue Anforderungen an die Lernenden, aber auch an
die Lehrpersonen, wer sich nicht stetig weiterbilde, schränke seine
Arbeitsmarktfähigkeit ein, warnt der Regierungsrat.
Aufgrund der technologischen Entwicklung werde
Wissen immer einfacher zugänglich; der Wissensvorsprung aufgrund von Erfahrung
verliere daher an Bedeutung. Deshalb ist es laut Regierung wichtig, dass
Lernende Kriterien entwickeln, wie die Datenfülle zielführend sortiert,
priorisiert und auf ihre Qualität geprüft werden kann.
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