6. September 2017

Zürich plant Volksabstimmung zu Tagesschulen

Bald soll ein Drittel der Zürcher Schulkinder den Mittag in der Schule verbringen – der Stadtrat beantragt für die Umsetzung 70 Millionen Franken
Die Tagesschule kommt 2018 vors Volk, NZZ, 6.9. von Natalie Avanzino


Das Projekt «Tagesschule 2025» ist einer der Strategie-Schwerpunkte des Zürcher Stadtrats. Obwohl die Phase I mit den ersten sechs Tagesschulen erst vor einem Jahr gestartet ist, zieht Gerold Lauber, Vorsteher des Schul- und Sportdepartements, an der Medienkonferenz vom Dienstag eine durchwegs positive Bilanz. Für das Schuljahr 2017/18 hätten sich nur 6 Prozent der betroffenen Primar- und 32 Prozent der Sekundarschüler abgemeldet. Dies gibt eine Teilnahme von 89 Prozent aller Schulkinder im Einzugsgebiet der heutigen Tagesschulen. Auch eine quantitative Elternbefragung unterstreiche die Akzeptanz: 86 Prozent der schriftlich befragten Eltern seien mit dem Tagesschulmodell «zufrieden» oder «eher zufrieden».

Aufgrund dieser ersten Evaluationsergebnisse – weitere liegen in ein paar Monaten vor – zeigt sich Stadtrat Lauber denn auch überzeugt, dass das Projekt «Tagesschule 2025» für das «heutige Zürich das richtige Angebot ist».

Teilnahme weiterhin freiwillig
In der nun geplanten Projektphase II (Mitte 2018 bis Ende 2022) sollen gestaffelt weitere 24 Schulen in Tagesschulen übergeführt werden. Nach wie vor wird das Angebot freiwillig sein, das heisst, Eltern können ihre Kinder vom Tagesschulbetrieb abmelden und über Mittag zu Hause betreuen oder andere Lösungen bevorzugen. Allerdings ist der Einheitstarif von sechs Franken für ein vollwertiges Mittagessen kaum zu unterbieten. Das Tagesschulmodell gilt nur an Tagen, an denen am Nachmittag Schulunterricht stattfindet. Ab dem zweiten Kindergartenjahr bedeutet dies zwei, in der Primarschule drei und in der Sekundarstufe vier gebundene Mittage. Vor und nach dem Schulunterricht stehen von 7 bis 18 Uhr weiterhin die Hortangebote mit den herkömmlichen Tarifbestimmungen zur Verfügung. Um die mit der Umsetzung anfallenden Ausgaben von geschätzten 67,77 Millionen Franken zu genehmigen, plant der Stadtrat für Juni 2018 eine Volksabstimmung. Rund 21,8 Millionen Franken sind für notwendige Infrastrukturanpassungen vorgesehen. Der zusätzliche Betreuungsaufwand wird gut 27,5 Millionen Franken beanspruchen, zudem rechnen die Schulen und die Verwaltung mit Projektsteuerungs- und Vorbereitungskosten von zirka 18,5 Millionen Franken. Bei einer Annahme der Vorlage – Stadtrat Lauber gibt sich zuversichtlich – könnten 14 Schulen im Schuljahr 2019/20 mit der Umstellung starten, weitere 10 bis 2022. Die dannzumal 30 Tagesschulen würden etwa ein Drittel der Zürcher Schulkinder beschulen.

Auch Ruheräume geplant
«Dies ist die klare Antwort auf unsere gesellschaftliche Entwicklung», sagt Mylène Nicklaus, Projektleiterin «Tagesschule 2025». Nun befinde sich Zürich nicht mehr in der Pilotphase, sondern gehe schrittweise Richtung flächendeckende Einführung. Das Tagesschulmodell ermögliche gegenüber konventionellen Schulen eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, verspreche mehr Wirtschaftlichkeit und unterstütze die Integration und Förderung aller Kinder, ist sie überzeugt.

Die 80-minütige Mittagspause bedeute aber keine weitere Verschulung. Neben dem Essen soll die Zeit für freies Spiel und sportliche Aktivitäten draussen und in der Turnhalle genutzt werden – und wer möchte, könne sich in die geplanten Ruheräume zurückziehen.


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