Christian
Amsler ist frustriert. «Jahrelang hat der Erziehungsrat gut funktioniert, und
jetzt sägen Sie mich ab.» Mit diesen Worten wandte sich der Erziehungsdirektor
gestern im Schaffhauser Kantonsrat ans Parlament. Dieses war nämlich im
Begriff, die Macht des Vorstehers des Erziehungsdirektors zu beschneiden.
"Sie sägen mich ab!": Christian Amsler enttäuscht über Kantonsrat, Schaffhauser Nachrichten, 4.7. von Zeno Geisseler
Traktandiert
war eine Motion von Jürg Tanner (SP, Schaffhausen). Dabei ging es um das
höchste Bildungsgremium im Kanton, eben den Erziehungsrat. Dieser wird vom
Parlament bestimmt und beschliesst ganz grundsätzliche Angelegenheiten wie etwa
die Einführung des Lehrplans 21.
Präsident
des Erziehungsrats ist der Vorsteher des Erziehungsdepartements, aktuell also
Christian Amsler. Diese Doppelrolle ist nach Ansicht von Jürg Tanner allerdings
ein Nachteil. Der Erziehungsdirektor soll zwar schon im Erziehungsrat sitzen,
aber nur als gewöhnliches Mitglied. Präsidentin oder Präsident soll eine Person
sein, die von der Verwaltung unabhängig ist. Dies forderte Tanner in seiner
Motion. Es gebe viele Vorbilder, sagte Tanner bei der Begründung. So sei der
oberste politische Verantwortliche für die Gesundheit, der Vorsteher des
Departements des Innern, auch nur Mitglied des Spitalrats, aber nicht dessen
Präsident. Und der Volkswirtschaftsdirektor sei ebenfalls nur Mitglied im
Bankrat der Kantonalbank und nicht dessen Präsident. Auch im Bildungsbereich
gebe es dieses Modell bereits, nämlich bei den Sonderschulen. «Ich möchte eine
verbesserte institutionelle Unabhängigkeit», sagte Tanner.
«Kein Highlight für mich»
Amsler
konterte im Namen der Regierung, dass es doch gar keinen Grund gebe für einen
Systemwechsel. «Es gibt keine konkreten Hinweise auf Geschäfte, in denen die
Konstellation in Frage gestellt gewesen war», sagte er. Wenn eine externe
Person das Präsidium übernehme, dann sei dies «unüblich, ineffizient und
unpraktisch», so Amsler. Gestützt wurde er aber nur von seiner eigenen Partei
sowie Teilen der SVP. Es zeichnete sich ab, dass der Rat die Motion überweisen
würde. Amsler ergriff vor der Abstimmung nochmals das Wort. «Das ist kein
Highlight für mich. Ich bin sehr enttäuscht, ich empfinde das als Absägen
meiner Person.»
Mit 27 zu 15
Stimmen wurde die Motion Tanner überwiesen. Ganz definitiv ist die Sache aber
noch nicht. Die Regierung muss jetzt eine Vorlage ausarbeiten, und über diese
kann der Rat nochmals beraten und endgültig beschliessen.
Lohngleichheit: Ja, aber …
Weiter hat
der Rat gestern darüber debattiert, ob der Kanton die Charta «Lohngleichheit im
öffentlichen Sektor» unterzeichnen solle – ein Schritt, den die Stadt
Schaffhausen bereits vollzogen hat. Seraina Fürer (Juso, Schaffhausen) hatte
ein entsprechendes Postulat eingereicht. Nur ganz knapp, mit 23 gegen 25
Stimmen, kam sie damit nicht durch. Unter anderem hatte die Regierung
argumentiert, dass die Lohngleichheit beim Kanton heute schon gelebt werde.
Viele
Wortmeldungen gab es weiter in einer Diskussion zum öffentlichen Verkehr im
Zusammenhang mit einer Interpellation von Martina Munz (SP, Hallau). Susi Stamm
(FDP, Schleitheim) kritisierte die Kürzungen auf der Buslinie 21, Regierungsrat
Martin Kessler informierte über den Stand bei der durchgehenden
Elektrifizierung der Hochrheinstrecke («es geht vorwärts»).
Kürzer
diskutiert wurde schliesslich auch die Umsetzung der
Behindertenrechtskonvention. Auch dazu hatte SP-Kantonsrätin Martina Munz eine
Interpellation eingereicht. Regierungsrat Walter Vogelsanger erwähnte unter
anderem, dass es im Zuge der Digitalisierung und der Weiterentwicklung der
Industrie immer weniger Nischenarbeitsplätze im ersten Arbeitsmarkt gebe.
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