Mit dem Gegenvorschlag zur
Lehrplan-Initiative des Komitees Starke Schule Baselland (BaZ von gestern) hat
die Regierung einen Kompromiss verabschiedet, mit dem sie in der
Volksabstimmung bestehen kann. Die Vielzahl an Urnengängen in den Kantonen
zeigt auf, dass es die Stimmberechtigten begrüssen, wenn die Lehrpläne der
Kantone aufeinander abgestimmt werden. Dieses Koordinationsinstrument ist der
Lehrplan 21, ein von 21 Kantonen verabschiedeter Katalog von
Kompetenzbeschreibungen. Bildungsdirektorin Monica Gschwind hat erkannt, dass
sich der Lehrplan 21 in der politischen Realität durchsetzt. Die Baselbieter
Regierung schlägt deshalb mit dem Gegenvorschlag zur Lehrplan-Initiative vor,
den Lehrplan 21 zu übernehmen und für das Baselbiet praktisch tauglich
auszugestalten.
Ein mehrheitsfähiger Kompromiss, Basler Zeitung, 7.7. von Thomas Dähler
Die
Reformgegner müssen zur Kenntnis nehmen, dass sich die Stimmberechtigten bisher
überall in der Schweiz geweigert haben, sich generell gegen Neuerungen in der
Schule auszusprechen. Nirgends in der Schweiz sind die Schulen qualitativ
derart top, dass sie überhaupt keine Reformen vertragen. Kritik an der Vielzahl
an Reformen führt nur zu einem Resultat, wenn sie sich spezifisch gegen ein
Vorhaben richtet. Erfolgreich war im Baselbiet bisher nur die Initiative, mit
welcher sich die Reformkritiker konkret gegen die Abschaffung der
traditionellen Fächer Physik, Chemie, Biologie, Geografie und Geschichte
wehrten.
Brauchbar
im Schulalltag
Der
Gegenvorschlag der Regierung zur Lehrplan-Initiative trägt dem Rechnung. Er
kombiniert die heutigen Lehrpläne mit den Kompetenzbeschreibungen des Lehrplans
21. «Die Stufenlehrpläne enthalten Stoffinhalte, Themen und
Kompetenzbeschreibungen», steht im vorgeschlagenen neuen
Bildungsgesetz-Paragrafen, ergänzt durch den Beisatz «nach Jahreszielen und
Anforderungsniveaus differenziert». Dies soll den Baselbieter Lehrplan zu einem
brauchbaren Instrument im Schulalltag machen, auch wenn dies nicht im Sinne der
Erfinder des Lehrplans 21 ist.
Dazu
muss man wissen, dass der Lehrplan 21 ursprünglich den Umbau des traditionellen
humanistischen Bildungssystems anvisiert hat. Angestossen hat diese
utilitaristische Instrumentalisierung der Ausbildung einst der frühere Zürcher
Erziehungsdirektor Ernst Buschor, als er in den 90er-Jahren in seinem Kanton
der Schulverwaltung das New Public Management aufdrückte und die Schulen zu
Corporate Identities erklärte – mit Lehrkräften als Anbieter von
Dienstleistungen, mit Eltern und Schülern als Kunden: eine Schule, die wie die
Wirtschaft Angebot und Nachfrage zur Maxime erhebt. Im Zentrum des Lehrplans 21
stehen deshalb Kompetenzen und selbstgesteuertes Lernen. Der Fokus liegt auf
den Tests und nicht auf dem Schulstoff. Genau dies könnte im Baselbiet mit dem
Gegenvorschlag zur Lehrplan-Initiative anders werden.
Der
Lehrplan 21 formuliert die zu erreichenden Kompetenzen uneinheitlich – mal als
praktische Fertigkeit (zum Beispiel «Prozentrechnungen ausführen können»), mal
als blosses intellektuelles Vermögen (zum Beispiel «historische Phänomene
einordnen»). Dies korrigiert die vorgesehene konkrete Stoffliste. Der Lehrplan
21 formuliert Kompetenzen, die nach jeweils drei oder vier Jahren erreicht sein
müssen. Dies wird mit dem geplanten konkreten Zeitplan für jedes Schuljahr
aufgefangen werden, sodass in Zukunft nicht schon das Zügeln von Allschwil nach
Laufen zum Problem wird. Der Lehrplan 21 fokussiert auf Ideologien und will den
Schüler zu einem ethisch korrekt denkenden Menschen erziehen. Dem setzt die
Regierung in ihrer Vorlage die Anforderungen der beruflichen Grundbildung
entgegen, die zu erfüllen sind, damit die Schüler nach Schulabschluss eine
Lehre antreten oder in eine Mittelschule wechseln können. Kurz: Wissen und
Schulstoff sollen die Kompetenzbeschreibungen auf dem Boden der Realität
verankern.
Auch
die Initianten lenken ein
Der
Umstand, dass der regierungsrätliche Gegenvorschlag eine Brücke zwischen dem
heute gültigen praxisnahen Lehrplan und dem neuen Deutschschweizer
Einheitslehrplan schlägt, macht ihn mehrheitsfähig. Konsequenterweise lehnt
denn auch die Regierung die Lehrplan-Initiative des Komitees Starke Schule
Baselland ab. Die Initiative geht zu weit. Sie verlangt, dass die
Stufenlehrpläne «ausschliesslich Stoffinhalte und Themen» enthalten.
Kompetenzbeschreibungen würden lediglich in einem Anhang aufgenommen, als
«Hilfestellung» für die Lehrer.
Sogar
die Initianten begrüssen heute den Gegenvorschlag.
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