20. Juli 2017

Pestalozzi gefällt nicht allen

Johann Heinrich Pestalozzi widmete sein Leben der Volksschulbildung. Auch den armen und benachteiligten Kindern wollte er durch eine Bildung zu einem besseren Leben verhelfen. Dieser Gedanke war damals neu und revolutionär. Er gefiel nicht allen. Viele Angehörige der Oberschicht wollten das Volk lieber in Armut und Unwissenheit belassen. Unter fortschrittlich und demokratisch gesinnten Zeitgenossen hingegen war Pestalozzi sehr geschätzt. Mit vielen pflegte er das Gespräch und den Austausch, was zu seinem Erfolg und seiner internationalen Ausstrahlungskraft beitrug. Während Pestalozzi anfänglich an Rousseaus Idee einer «natürlichen Erziehung» glaubte, erkannte er später, dass Kinder beim Lernen systematische Anleitung brauchen. 
Pestalozzi - modern und aktuell, Basler Zeitung, 14.7. Leserbrief von Judith Barben


Die Basis von Pestalozzis Volksschulpädagogik ist die Gemüts- und Sozialbildung. Denn die soziale Verbundenheit in der Klassengemeinschaft und mit der Lehrperson sei die wichtigste Voraussetzung des Lernens, war Pestalozzi überzeugt. Weiter sei die Anschaulichkeit der Unterrichtsmethoden entscheidend. Ausgehend von der «Anschauung» müssten die Kinder sich klare und richtige Vorstellungen von den Dingen machen, denn jede Erkenntnis gehe von der sinnlich wahrnehmbaren Realität aus. Diese Einheit von sozialem, kognitivem und praktischem Lernen fasste Pestalozzi in der berühmten Formulierung «Kopf, Herz und Hand» zusammen.


Pestalozzis Sicht vom Kind und vom Lernen ist bis heute aktuell und modern. Sie steht in Gegensatz zum neuerdings propagierten «digitalisierten Lernen», bei dem jedes Kind einsam und losgelöst vom realen Leben vor dem Tablet-Computer sitzt. Davon profitieren vor allem die globalen Konzerne wie Apple, Google oder Facebook. Von einer Bildung im Sinne Pestalozzis hingegen profitieren die Schüler und die ganze Gesellschaft. Dies gefällt offenbar auch heute nicht allen. Wird deshalb Pestalozzi von gewissen «Experten» so schlecht gemacht?

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