Ihre Augen
leuchteten. Es ist der bemerkenswerteste Erfolg der Thurgauer
Erziehungsdirektorin Monika Knill in den neun Jahren ihrer bisherigen
Regierungstätigkeit. Mit 62 gegen 60 Stimmen hat das Kantonsparlament am
Mittwochmorgen in zweiter Lesung die Verschiebung des Französischunterrichts
von der Primar- in die Sekundarschule abgelehnt. Es war gelungen, im Vergleich
zur ersten Lesung vom 3. Mai sieben Parlamentsmitglieder auf die Seite der
Befürworter des Frühfranzösisch zu ziehen. Die SVP-Regierungsrätin hatte sich
im Parlament und in zahlreichen persönlichen Gesprächen vehement für die
Beibehaltung der zweiten Fremdsprache in der Primarschule gewehrt.
Mutter Courage sichert Sprachenfrieden, NZZ, 15.6. von Jürg Krummenacher
Im Clinch
mit eigener Partei
Damit stellte
sich Knill explizit gegen ihre eigene Partei – als Mutter Courage für das
Frühfranzösisch. Es war die SVP gewesen, die sich in einer Motion für das
Verschieben des bis anhin höchst ungenügenden Französischunterrichts in die
Sekundarschule starkgemacht hatte und grossmehrheitlich bei dieser Haltung
geblieben war. Knill gelang es, einzelne Parlamentsmitglieder aus anderen
Parteien umzustimmen. Während der Ratsdebatte outete sich dabei einzig
CVP-Kantonsrätin Christa Kaufmann: Die Vorzeichen hätten sich geändert,
begründete diese ihren Meinungsumschwung.
Damit dürfte sie
einerseits das Resultat der Zürcher Volksabstimmung gemeint haben: Die
Initiative für eine Fremdsprache in der Primarschule war am 21. Mai deutlich
mit knapp 61 Prozent Nein-Stimmen gescheitert. Anderseits spielte sie auf das
intensive Lobbying und neue politische Signale der Erziehungsdirektorin an.
Monika Knill, Mutter von zwei Töchtern, ist mit 44 Jahren noch relativ jung,
politisch aber dennoch erfahren. In der ersten Lesung hatte sie mit einigen
Häppchen zur Verbesserung des Unterrichts den Verbleib des Französischen in der
Primarschule schmackhaft gemacht: Überforderte Primarschüler, so die
wichtigsten Elemente, sollten sich leichter vom Französischen dispensieren
lassen können, und Unterrichtsstunden sollten vermehrt in Halbklassen erfolgen.
In zweiter
Lesung legte Knill nach: Sie versprach, nach zwei Jahren eine Erhebung über die
hoffentlich verbesserte Qualität des Frühfranzösisch durchzuführen und dann
«ernsthaft eine Erhöhung der Lektionenzahl für Französisch in Erwägung» zu
ziehen. Sollte sich der Rat dennoch für die Verschiebung des Französischen auf
die Sekundarstufe entscheiden, reite er «mit offenem Visier in den Nebel». Das
genügte, um das Abstimmungsresultat knapp auf die von Knill gewünschte Seite
kippen zu lassen.
Chance für
Verbesserungen
Allerdings
blieb die Erziehungsdirektion nicht von Kritik verschont. Sie habe, monierte
Urs Schrepfer (svp.), der Präsident der vorbereitenden Parlamentskommission,
während Jahren verschiedene Gelegenheiten versäumt, Massnahmen gegen den
mangelhaften Frühfranzösischunterricht zu ergreifen. Doch nun, so kommentierte
die Fraktion der Grünen, müsse man ihr die Zeit und die Chance geben, den
Unterricht tatsächlich zu optimieren. Den Thurgauern gehe es nicht um ein Nein
zum Französischen, sondern um eine Verbesserung. Dies dürfe ruhig auch in Bern
und Lausanne anerkannt werden.
Von Drohung
unbeeinflusst
Mit ihrem
Engagement hat Monika Knill wesentlich dazu beigetragen, den nationalen
Sprachenfrieden zu sichern. Das von Bundesrat Alain Berset angedrohte Eingreifen
des Bundes, sollten Kantone von den Harmonisierungsbestrebungen in der
Sprachenfrage abweichen, ist obsolet geworden. Allerdings zeigte sich der
Thurgauer Grosse Rat bei seinem Entscheid vom Drohfinger Bersets unbeeinflusst.
Die Absicht des Bundes, allenfalls zu intervenieren, wurde als
«unverhältnismässig und politisch nicht opportun» kritisiert. Das gilt
weiterhin, wie Monika Knill betonte: «Bundesinterventionen lehnen wir ab, und
Drohgebärden betrachten wir als kontraproduktiv.»
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