Die Entscheidung kam überraschend – und sie ist richtig. Der Thurgau hat diese Woche beschlossen, am Französisch in der
Primarstufe festzuhalten. Erst Anfang Mai hatte sich der Grosse
Rat noch für die Abschaffung ausgesprochen. Die Kehrtwende macht Sinn, denn es
ging um mehr als das Frühfranzösisch, um mehr als den Sprachenstreit. Es ging
darum, ob Sonderlösungen an den Schulen noch zeitgemäss sind. Die Thurgauer,
vor Wochen noch als «die Unbeugsamen» betitelt, gaben gleich selbst die
Antwort: Nein! Die Kantone sollen keine Bildungsinseln mehr sein. Die Schulen,
einst Vorzeigekind des Föderalismus, sind zu Vorreitern der Einheit geworden.
Kehrtwende im Streit um Frühfranzösisch ist richtig, Aargauer Zeitung, 17.6. Kommentar von Yannick Nock
Es sind längst nicht nur Politiker und viele Lehrer, die sich für
einheitliche Richtlinien aussprechen. Die Bevölkerung musste in den letzten
Monaten Stellung beziehen – und war deutlich: Schlag auf Schlag wurden die
Initiativen gegen den Lehrplan 21 – und damit kantonale Sonderlösungen –
abgeschmettert. In Schaffhausen, in St. Gallen, im Appenzell, im Aargau und in
Solothurn. Hinzu kam vor wenigen Wochen das Zürcher Bekenntnis zum
Frühfranzösisch, das den Umschwung im Thurgau antrieb. Besonders beim Lehrplan
21 kommt der Durchmarsch der Einheitlichkeit überraschend. Die Opposition war
aktiv, laut und landesweit vernetzt. Aber der Kantönligeist der Bildung ist
vielen suspekt, die Mobilität ist heute wichtiger. Wer umzieht, soll an der
neuen Schule nicht hinterherhinken.
Wenn sich also selbst die Unbeugsamen beugen, ist die Zeit reif für
einen neuen Kampf. Nicht der zwischen den Kantonen, sondern der über den besten
gemeinsamen Lehrplan.
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