Fehlende Dokumente oder
keine Note aufgeführt: 74 Prozent aller Zeugnisse entsprechen nicht den
kantonalen Vorgaben. Der Kanton nimmt die Schulleitungen in die Pflicht – und
räumt Fehler ein.
Fehlende Sorgfalt bei Zeugnissen, Luzerner Zeitung, 28.6. von Niels Jost
Nächste Woche ist es
wieder so weit: Die Luzerner Schülerinnen und Schüler erhalten ihre Zeugnisse.
Darin sind Noten, Leistungen und im Anhang auch kantonale Verordnungen, die zum
Beispiel beschreiben, wie ein Notendurchschnitt berechnet wurde, schön säuberlich
aufgeführt. Sollten sie zumindest. Doch wie im aktuellen Bericht der
Schulaufsicht zu lesen ist, weisen auf der Sekundarstufe satte 74 Prozent der
876 überprüften Zeugnisse formale oder sogar inhaltliche Fehler auf. Pikant:
Die meisten mangelhaften Zeugnisse (83 Prozent) wurden in der dritten Sek
festgestellt, also in jener Stufe, in der ein «sauberes» Zeugnis mit Blick auf
eine spätere Bewerbung besonders wichtig ist.
Die hohe Fehlerquote
gibt auch Charles Vincent, Leiter Dienststelle Volksschulbildung, zu denken.
«Das Zeugnis ist ein staatliches Dokument. Der Bürger hat ein Anrecht darauf,
dass dieses korrekt und komplett ist.» Vincent betont aber, dass es sich in den
meisten Fällen um rein formale Fehler handelt. Zum Beispiel vergassen viele
Lehrpersonen das Personalblatt beizulegen oder fügten noch die alte Verordnung
hinzu. «Solche Mängel dürfen nicht vorkommen, aber sie sind auch nicht
gravierend.» Schlimmer sei jedoch, dass in diversen Zeugnissen anstatt einer
Note lediglich der Vermerk «besucht» aufgeführt ist. «Solche Fehler können für
die betroffenen Schüler einen Nachteil bedeuten. Die Noten müssen zwingend
korrekt eingetragen werden.»
Problem schon länger bekannt
Für die Ausstellung der
Zeugnisse sind die Lehrer verantwortlich. Die Schulleitung muss sie jedoch auf
das korrekte Ausfüllen sowie auf allfällige aktualisierte Verordnungen
aufmerksam machen. Doch damit hat es schon früher gehapert. Bereits im Schuljahr
2012/13 hat die Schulaufsicht die Zeugnisse der Sekundar- und insbesondere der
Primarschulen unter die Lupe genommen. Schon damals musste sie feststellen,
dass knapp die Hälfte der Zeugnisse fehlende oder formal unzulässige Einträge
aufwies. Damals hiess es, die Schulleitungen seien sich der verbindlichen
Vorgaben des Kantons nicht bewusst, und sie würden die Zeugnisse auch nicht
kontrollieren. Die Dienststelle reagierte: Sie setzte sich zum Ziel, die
Schulleitungen und die Lehrer «mit Nachdruck» darauf aufmerksam zu machen, die
Zeugnisse künftig richtig auszustellen.
Wie die jetzigen Zahlen
zeigen, hat sich die Situation nicht verbessert, die Massnahmen haben offenbar
nicht gefruchtet. Charles Vincent sagt dazu: «Wir haben die Schulleiter darauf
aufmerksam gemacht und informieren sie regelmässig mit einem Newsletter über
Neuerungen.» Der Dienststellenleiter gesteht aber auch: «Es kann sein, dass wir
die Schulleiter zu wenig informiert haben. Neben all ihren Aufgaben geht es
womöglich auch schnell vergessen, alle Lehrpersonen über die neusten
Bestimmungen zu informieren.»
Um künftige Fehler zu
vermeiden, möchte Vincent die Schulleiter erneut auffordern, die Vorgaben
einzuhalten. Zudem will die Dienststelle die Formalitäten vereinfachen. Dies,
indem sie alle ausführlichen Verordnungen nur noch online aufführt. Ein
einziges Merkblatt soll Eltern darauf hinweisen, wo genau auf der Website die
Reglungen zu finden sind. Das Merkblatt soll des Weiteren auch die
Rechtsmittelbelehrung enthalten. Dieses soll den Zeugnissen ab dem Schuljahr
2019/20 beigelegt werden. Eine Überarbeitung der Verordnungen ist dann, wenn in
der Sek auch der Lehrplan 21 eingeführt wird, ohnehin notwendig. «In einigen
Jahren könnten auch elektronische Zeugnisse ein Thema werden», blickt Vincent
voraus.
Lehrer:
Die Schulleitung müsse informieren
Die nun angekündigten
Massnahmen des Kantons begrüsst Annamarie Bürkli, Präsidentin des Luzerner
Lehrerinnen- und Lehrerverbands. «Es ist sinnvoll, die Verordnungen
zusammenzuführen und dass die Einzelheiten online abrufbar sein werden.»
Gleichzeitig sei es aber wichtig, dass die Schulleitungen die Lehrer aktiv über
Neuerungen aufmerksam machten.
Die Schulaufsicht der
Dienststelle Volksschulbildung befragte heuer die Schulleitungen von 82 Gemeinden,
mit 46 führte sie zusätzliche Gespräche.
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