28. Juni 2017

74 Prozent der Zeugnisse nicht korrekt

Fehlende Dokumente oder keine Note aufgeführt: 74 Prozent aller Zeugnisse entsprechen nicht den kantonalen Vorgaben. Der Kanton nimmt die Schulleitungen in die Pflicht – und räumt Fehler ein.
Fehlende Sorgfalt bei Zeugnissen, Luzerner Zeitung, 28.6. von Niels Jost


Nächste Woche ist es wieder so weit: Die Luzerner Schülerinnen und Schüler erhalten ihre Zeugnisse. Darin sind Noten, Leistungen und im Anhang auch kantonale Verordnungen, die zum Beispiel beschreiben, wie ein Notendurchschnitt berechnet wurde, schön säuberlich aufgeführt. Sollten sie zumindest. Doch wie im aktuellen Bericht der Schulaufsicht zu lesen ist, weisen auf der Sekundarstufe satte 74 Prozent der 876 überprüften Zeugnisse formale oder sogar inhaltliche Fehler auf. Pikant: Die meisten mangelhaften Zeugnisse (83 Prozent) wurden in der dritten Sek festgestellt, also in jener Stufe, in der ein «sauberes» Zeugnis mit Blick auf eine spätere Bewerbung besonders wichtig ist.

Die hohe Fehlerquote gibt auch Charles Vincent, Leiter Dienststelle Volksschulbildung, zu denken. «Das Zeugnis ist ein staatliches Dokument. Der Bürger hat ein Anrecht darauf, dass dieses korrekt und komplett ist.» Vincent betont aber, dass es sich in den meisten Fällen um rein formale Fehler handelt. Zum Beispiel vergassen viele Lehrpersonen das Personalblatt beizulegen oder fügten noch die alte Verordnung hinzu. «Solche Mängel dürfen nicht vorkommen, aber sie sind auch nicht gravierend.» Schlimmer sei jedoch, dass in diversen Zeugnissen anstatt einer Note lediglich der Vermerk «besucht» aufgeführt ist. «Solche Fehler können für die betroffenen Schüler einen Nachteil bedeuten. Die Noten müssen zwingend korrekt eingetragen werden.»

Problem schon länger bekannt

Für die Ausstellung der Zeugnisse sind die Lehrer verantwortlich. Die Schulleitung muss sie jedoch auf das korrekte Ausfüllen sowie auf allfällige aktualisierte Verordnungen aufmerksam machen. Doch damit hat es schon früher gehapert. Bereits im Schuljahr 2012/13 hat die Schulaufsicht die Zeugnisse der Sekundar- und insbesondere der Primarschulen unter die Lupe genommen. Schon damals musste sie feststellen, dass knapp die Hälfte der Zeugnisse fehlende oder formal unzulässige Einträge aufwies. Damals hiess es, die Schulleitungen seien sich der verbindlichen Vorgaben des Kantons nicht bewusst, und sie würden die Zeugnisse auch nicht kontrollieren. Die Dienststelle reagierte: Sie setzte sich zum Ziel, die Schulleitungen und die Lehrer «mit Nachdruck» darauf aufmerksam zu machen, die Zeugnisse künftig richtig auszustellen.

Wie die jetzigen Zahlen zeigen, hat sich die Situation nicht verbessert, die Massnahmen haben offenbar nicht gefruchtet. Charles Vincent sagt dazu: «Wir haben die Schulleiter darauf aufmerksam gemacht und informieren sie regelmässig mit einem Newsletter über Neuerungen.» Der Dienststellenleiter gesteht aber auch: «Es kann sein, dass wir die Schulleiter zu wenig informiert haben. Neben all ihren Aufgaben geht es womöglich auch schnell vergessen, alle Lehrpersonen über die neusten Bestimmungen zu informieren.»
Um künftige Fehler zu vermeiden, möchte Vincent die Schulleiter erneut auffordern, die Vorgaben einzuhalten. Zudem will die Dienststelle die Formalitäten vereinfachen. Dies, indem sie alle ausführlichen Verordnungen nur noch online aufführt. Ein einziges Merkblatt soll Eltern dar­auf hinweisen, wo genau auf der Website die Reglungen zu finden sind. Das Merkblatt soll des Weiteren auch die Rechtsmittelbelehrung enthalten. Dieses soll den Zeugnissen ab dem Schuljahr 2019/20 beigelegt werden. Eine Überarbeitung der Verordnungen ist dann, wenn in der Sek auch der Lehrplan 21 eingeführt wird, ohnehin notwendig. «In einigen Jahren könnten auch elektronische Zeugnisse ein Thema werden», blickt Vincent voraus.

Lehrer: Die Schulleitung müsse informieren

Die nun angekündigten Massnahmen des Kantons begrüsst Annamarie Bürkli, Präsidentin des Luzerner Lehrerinnen- und Lehrerverbands. «Es ist sinnvoll, die Verordnungen zusammenzuführen und dass die Einzelheiten online abrufbar sein werden.» Gleichzeitig sei es aber wichtig, dass die Schulleitungen die Lehrer aktiv über Neuerungen aufmerksam machten.

Die Schulaufsicht der Dienststelle Volksschulbildung befragte heuer die Schulleitungen von 82 Gemeinden, mit 46 führte sie zusätzliche Gespräche.


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