Gymischüler sollen in der zweiten Klasse nicht mehr Latein wählen können. Auch
der Handarbeit geht es an den Kragen. Stattdessen will der Kanton Deutsch und
naturwissenschaftliche Fächer stärken.
Luzern will Latein aus Untergymi kippen, Bote der Urschweiz, 9.5. von Niels Jost
«Vale
Latinum!» – «Lebe wohl, Latein!» So ähnlich könnte es im Schuljahr 2019/20 in
den 1. bis 3. Klassen der Luzerner Langzeitgymnasien tönen. Denn dort sollen
die beiden sogenannten Schienenfächer Latein sowie Technik und Natur aufgehoben
werden. Zur Erinnerung: In der 2. Klasse können die Schüler eine der beiden
«Schienen» belegen und so entweder eine sprachliche oder naturwissenschaftliche
Richtung einschlagen. Diese Wahl soll künftig wegfallen. Betroffen sind
jährlich rund 660 Schüler. Die entsprechende Änderung der Wochenstundentafel
wurde nun in die Vernehmlassung geschickt. Diese dauert bis Mitte Juli. Das
Vorhaben bedeutet jedoch nicht, dass Latein gänzlich aus dem Gymnasium
verschwindet. Denn es soll weiterhin möglich sein, die Sprache in der 3. Klasse
als Schwerpunktfach zu wählen.
Plus zwei
Lektionen Deutsch
Konkret
plant der Kanton, die wegfallenden drei Lektionen in Latein oder in Technik und
Natur zu kompensieren. Und zwar im Deutschunterricht (plus zwei Lektionen) und
in den naturwissenschaftlichen Fächern, den sogenannten Mint-Fächern
(Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik). Grund ist die Einführung
des Lehrplans 21. Dieser verfolgt unter anderem das Ziel, die Mint-Fächer zu
stärken. Das entspreche der gesellschaftlichen Veränderung, sagt Aldo Magno,
Leiter Dienststelle Gymnasialbildung. «In einer von Technik durchdrungenen Welt
braucht der Gymnasiast ein entsprechendes Wissen. Zudem haben die Universitäten
das Latein-Obligatorium für viele Studienrichtungen erneut gelockert.»
Laut
Magno werden sich die wegfallenden Lateinlektionen kaum auf die Ausgestaltung
des Schwerpunktfachs auswirken. «Zu Beginn des Schwerpunktfachs Latein müssen
sich die Schüler künftig etwas mehr Grundlagen aneignen. Die entsprechenden
Lektionen stehen bereit.» Zudem sollen die im Lateinunterricht vermittelte
Kultur der Antike und gewisse Sprachaspekte künftig in den zusätzlichen
Deutschlektionen sowie in der Geschichte und der Philosophie gelehrt werden,
betont er.
Anderer
Meinung ist Remo Herbst, Präsident des Verbandes Luzerner
Mittelschullehrerinnen und -lehrer. «Ich gehe davon aus, dass künftig weniger
Schüler das Schwerpunktfach Latein wählen werden», bedauert Herbst. Zudem
befürchtet er, dass die wegfallenden Lateinlektionen auch einen Abbau im
personellen Bereich mit sich ziehen. Zwar werden einige Lehrer ihr Pensum mit
Lektionen in ihren Zweitfächern halten können. Das gelte aber nicht für alle,
so Herbst.
Kritik an
der geplanten Umstrukturierung des Kantons übt auch der Schweizerische
Altphilologenverband. Die Erfolgschancen der Luzerner Schüler an den
Universitäten seien so «geschmälert», heisst es in einer Mitteilung.
Neben den
Schienenfächern will der Kanton auch die eine Lektion im Handarbeitsunterricht
aus dem Untergymnasium kippen. Begründung: Man möchte das Untergymnasium
«verstärkt in seiner wissenschaftsorientierten Profilierung positionieren». Der
Werkunterricht bleibt jedoch bestehen. Aldo Magno erklärt: «In gewissen
Studienrichtungen ist handwerkliches Geschick gefragt, wenn beispielsweise
Modelle gebaut werden müssen. Auf den Werkunterricht wollen wir deshalb nicht
verzichten.»
Die
Änderung der Wochenstunden soll keinen finanziellen Mehraufwand mit sich
ziehen.
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