14. Mai 2017

Kippt Luzern Latein aus Untergymnasium?

Gymischüler sollen in der zweiten Klasse nicht mehr Latein wählen können. Auch der Handarbeit geht es an den Kragen. Stattdessen will der Kanton Deutsch und naturwissenschaftliche Fächer stärken.
Luzern will Latein aus Untergymi kippen, Bote der Urschweiz, 9.5. von Niels Jost


«Vale Latinum!» – «Lebe wohl, Latein!» So ähnlich könnte es im Schuljahr 2019/20 in den 1. bis 3. Klassen der Luzerner Langzeitgymnasien tönen. Denn dort sollen die beiden sogenannten Schienenfächer Latein sowie Technik und Natur aufgehoben werden. Zur Erinnerung: In der 2. Klasse können die Schüler eine der beiden «Schienen» belegen und so entweder eine sprachliche oder naturwissenschaftliche Richtung einschlagen. Diese Wahl soll künftig wegfallen. Betroffen sind jährlich rund 660 Schüler. Die entsprechende Änderung der Wochenstundentafel wurde nun in die Vernehmlassung geschickt. Diese dauert bis Mitte Juli. Das Vorhaben bedeutet jedoch nicht, dass Latein gänzlich aus dem Gymnasium verschwindet. Denn es soll weiterhin möglich sein, die Sprache in der 3. Klasse als Schwerpunktfach zu wählen.

Plus zwei Lektionen Deutsch
Konkret plant der Kanton, die wegfallenden drei Lektionen in Latein oder in Technik und Natur zu kompensieren. Und zwar im Deutschunterricht (plus zwei Lektionen) und in den naturwissenschaftlichen Fächern, den sogenannten Mint-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik). Grund ist die Einführung des Lehrplans 21. Dieser verfolgt unter anderem das Ziel, die Mint-Fächer zu stärken. Das entspreche der gesellschaftlichen Veränderung, sagt Aldo Magno, Leiter Dienststelle Gymnasialbildung. «In einer von Technik durchdrungenen Welt braucht der Gymnasiast ein entsprechendes Wissen. Zudem haben die Universitäten das Latein-Obligatorium für viele Studienrichtungen erneut gelockert.»
Laut Magno werden sich die wegfallenden Lateinlektionen kaum auf die Ausgestaltung des Schwerpunktfachs auswirken. «Zu Beginn des Schwerpunktfachs Latein müssen sich die Schüler künftig etwas mehr Grundlagen aneignen. Die entsprechenden Lektionen stehen bereit.» Zudem sollen die im Lateinunterricht vermittelte Kultur der Antike und gewisse Sprachaspekte künftig in den zusätzlichen Deutschlektionen sowie in der Geschichte und der Philosophie gelehrt werden, betont er.

Anderer Meinung ist Remo Herbst, Präsident des Verbandes Luzerner Mittelschullehrerinnen und -lehrer. «Ich gehe davon aus, dass künftig weniger Schüler das Schwerpunktfach Latein wählen werden», bedauert Herbst. Zudem befürchtet er, dass die wegfallenden Lateinlektionen auch einen Abbau im personellen Bereich mit sich ziehen. Zwar werden einige Lehrer ihr Pensum mit Lektionen in ihren Zweitfächern halten können. Das gelte aber nicht für alle, so Herbst.

Kritik an der geplanten Umstrukturierung des Kantons übt auch der Schweizerische Altphilologenverband. Die Erfolgschancen der Luzerner Schüler an den Universitäten seien so «geschmälert», heisst es in einer Mitteilung.

Neben den Schienenfächern will der Kanton auch die eine Lektion im Handarbeitsunterricht aus dem Untergymnasium kippen. Begründung: Man möchte das Untergymnasium «verstärkt in seiner wissenschaftsorientierten Profilierung positionieren». Der Werkunterricht bleibt jedoch bestehen. Aldo Magno erklärt: «In gewissen Studienrichtungen ist handwerkliches Geschick gefragt, wenn beispielsweise Modelle gebaut werden müssen. Auf den Werkunterricht wollen wir deshalb nicht verzichten.»

Die Änderung der Wochenstunden soll keinen finanziellen Mehraufwand mit sich ziehen.

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