Das
Zürcher Stimmvolk lehnt die Initiative für nur noch eine Fremdsprache an der
Primarschule ab. Bildungsdirektorin Steiner ist erleichtert.
Nein zur Fremdspracheninitiative: "Hätten Jahre gebraucht, um den ganzen Apparat umzustellen", Limmattaler Zeitung, 22.5. von Matthias Scharrer
ZLV-Präsidentin Lilo Lätzsch zeigte sich
überrascht von der Höhe der Ablehnung. Blickt man jedoch auf das Spektrum der
Parteien, die die Initiative unterstützten, entspricht das Resultat in etwa
dem, was zu erwarten war: Von den grossen Parteien war nur die SVP für die
Fremdspracheninitiative, zudem die EVP und die EDU.
Auch
der Regierungsrat hatte die Initiative abgelehnt. Bildungsdirektorin Silvia
Steiner (CVP) zeigte sich denn auch gestern «erleichtert, dass uns eine grosse
Reform im Schulwesen erspart blieb.» Sie hatte davor gewarnt, dass bei einer
Annahme der Initiative die Stundentafeln nicht nur für die Primar-, sondern
auch für die Sekundarschule umfassend zu ändern gewesen wären. Auch neue
Lehrmittel und Lehrpersonal-Ausbildungen wären nötig geworden. «Wir hätten
Jahre gebraucht, um den ganzen Apparat umzustellen», so Steiner.
Signalwirkung Richtung Thurgau
Als
Präsidentin der schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren
(EDK) sagte sie: «Es freut mich besonders, dass der Kanton Zürich mit dem Nein
zur Fremdspracheninitiative ein Bekenntnis zu Harmos abgelegt hat. Dies dürfte
auch für andere Kantone Signalwirkung haben.» Sie denke da zum Beispiel an den
Kanton Thurgau, in dem das Kantonsparlament sich für die Abschaffung des
Französischunterrichts an der Primarschule ausgesprochen hat. Im Kanton Luzern
wird im September über eine ähnliche Initiative wie im Kanton Zürich
abgestimmt.
Im Harmos-Konkordat haben sich die seit 2007 beigetretenen 15 Kantone verpflichtet, ihre Schulsysteme einander anzugleichen. Dazu gehört auch der sogenannte Sprachenkompromiss. Er besagt, dass an der Primarschule zwei Fremdsprachen unterrichtet werden, nämlich Englisch und eine Landessprache.
Lehrer fordern mehr Ressourcen
Steiner
beteuerte, sie wolle die Anliegen der Lehrerschaft ernst nehmen. Und fügte auf
Nachfrage an: «Wir müssen immer wieder überprüfen, wie sinnvoll unsere Konzepte
sind.» Dies gelte auch für die mit dem Lehrplan 21 geplanten Änderungen an
der Stundentafel: Im Kanton Zürich erhalten die Schülerinnen und Schüler ab
Sommer 2018 Englisch-Unterricht ab der 3. statt wie bisher ab der 2. Klasse.
Französisch wird weiterhin ab der 5. Klasse unterrichtet. Neu sind zu Beginn je
drei statt zwei Wochenlektionen in den beiden Fremdsprachen vorgesehen.
Darüber
hinaus machte Steiner aber keine konkreten Zusagen für mehr Ressourcen. Ebenso
wenig liess sie sich auf eine vom Initiativkomitee geforderte Zürcher Studie
zur Wirksamkeit des Fremdsprachenunterrichts an der Primarschule festlegen. Im
Abstimmungskampf griffen die Initianten auf Studien aus der Innerschweiz und
dem Aargau zurück. Sie besagen, dass der Fremdsprachenunterricht in der
Primarschule auf die gesamte Schulzeit gesehen punkto Lernerfolg keinen grossen
Unterschied mache. Zudem würden gerade im Französisch an der Primarschule die
Lernziele oft nicht erreicht.
«Wir
hoffen, dass wir mit unseren Forderungen durchdringen», sagte
Initiativkomitee-Präsident Kurt Willi – und fügte hinzu: «Aber vermutlich wird
es ja so sein, dass man alles beim Alten belässt und weiterhin viel Geld
verpulvert für etwas, das nicht viel bringt.»
Anders
sieht es das von der FDP dominierte Komitee «Nein zur Abschaffung von
Frühenglisch»: Der Kanton Zürich habe in den letzten Jahren Millionen in die
Verbesserung des Fremdsprachenunterrichts gesteckt. «Diese Investitionen zahlen
sich nun aus», schreibt das Komitee.
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