24. Mai 2017

Jahre für die Umstellung

Das Zürcher Stimmvolk lehnt die Initiative für nur noch eine Fremdsprache an der Primarschule ab. Bildungsdirektorin Steiner ist erleichtert.
Nein zur Fremdspracheninitiative: "Hätten Jahre gebraucht, um den ganzen Apparat umzustellen", Limmattaler Zeitung, 22.5. von Matthias Scharrer


ZLV-Präsidentin Lilo Lätzsch zeigte sich überrascht von der Höhe der Ablehnung. Blickt man jedoch auf das Spektrum der Parteien, die die Initiative unterstützten, entspricht das Resultat in etwa dem, was zu erwarten war: Von den grossen Parteien war nur die SVP für die Fremdspracheninitiative, zudem die EVP und die EDU.

Auch der Regierungsrat hatte die Initiative abgelehnt. Bildungsdirektorin Silvia Steiner (CVP) zeigte sich denn auch gestern «erleichtert, dass uns eine grosse Reform im Schulwesen erspart blieb.» Sie hatte davor gewarnt, dass bei einer Annahme der Initiative die Stundentafeln nicht nur für die Primar-, sondern auch für die Sekundarschule umfassend zu ändern gewesen wären. Auch neue Lehrmittel und Lehrpersonal-Ausbildungen wären nötig geworden. «Wir hätten Jahre gebraucht, um den ganzen Apparat umzustellen», so Steiner.

Signalwirkung Richtung Thurgau

Als Präsidentin der schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) sagte sie: «Es freut mich besonders, dass der Kanton Zürich mit dem Nein zur Fremdspracheninitiative ein Bekenntnis zu Harmos abgelegt hat. Dies dürfte auch für andere Kantone Signalwirkung haben.» Sie denke da zum Beispiel an den Kanton Thurgau, in dem das Kantonsparlament sich für die Abschaffung des Französischunterrichts an der Primarschule ausgesprochen hat. Im Kanton Luzern wird im September über eine ähnliche Initiative wie im Kanton Zürich abgestimmt.

Im Harmos-Konkordat haben sich die seit 2007 beigetretenen 15 Kantone verpflichtet, ihre Schulsysteme einander anzugleichen. Dazu gehört auch der sogenannte Sprachenkompromiss. Er besagt, dass an der Primarschule zwei Fremdsprachen unterrichtet werden, nämlich Englisch und eine Landessprache.

Lehrer fordern mehr Ressourcen

Steiner beteuerte, sie wolle die Anliegen der Lehrerschaft ernst nehmen. Und fügte auf Nachfrage an: «Wir müssen immer wieder überprüfen, wie sinnvoll unsere Konzepte sind.» Dies gelte auch für die mit dem Lehrplan 21 geplanten Änderungen an der Stundentafel: Im Kanton Zürich erhalten die Schülerinnen und Schüler ab Sommer 2018 Englisch-Unterricht ab der 3. statt wie bisher ab der 2. Klasse. Französisch wird weiterhin ab der 5. Klasse unterrichtet. Neu sind zu Beginn je drei statt zwei Wochenlektionen in den beiden Fremdsprachen vorgesehen.

Darüber hinaus machte Steiner aber keine konkreten Zusagen für mehr Ressourcen. Ebenso wenig liess sie sich auf eine vom Initiativkomitee geforderte Zürcher Studie zur Wirksamkeit des Fremdsprachenunterrichts an der Primarschule festlegen. Im Abstimmungskampf griffen die Initianten auf Studien aus der Innerschweiz und dem Aargau zurück. Sie besagen, dass der Fremdsprachenunterricht in der Primarschule auf die gesamte Schulzeit gesehen punkto Lernerfolg keinen grossen Unterschied mache. Zudem würden gerade im Französisch an der Primarschule die Lernziele oft nicht erreicht.

«Wir hoffen, dass wir mit unseren Forderungen durchdringen», sagte Initiativkomitee-Präsident Kurt Willi – und fügte hinzu: «Aber vermutlich wird es ja so sein, dass man alles beim Alten belässt und weiterhin viel Geld verpulvert für etwas, das nicht viel bringt.»

Anders sieht es das von der FDP dominierte Komitee «Nein zur Abschaffung von Frühenglisch»: Der Kanton Zürich habe in den letzten Jahren Millionen in die Verbesserung des Fremdsprachenunterrichts gesteckt. «Diese Investitionen zahlen sich nun aus», schreibt das Komitee.


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