14. Mai 2017

Immer mehr Zürcher Gymnasiasten fallen durch Probezeit

Die Zahl der Kinder, die in einem Zürcher Gymnasium die Probezeit nicht bestehen, hat stark zugenommen. Zudem sind die Unterschiede zwischen den verschiedenen Schulen sehr gross. Ein von der Bildungsdirektion in Auftrag gegebener Bericht zeigt nun, dass vor allem fremdsprachige Kinder und solche aus «ärmeren» Gemeinden durchfallen.
Zu viele Zürcher Gymischüler bestehen Probezeit nicht, toponline, 9.5.


Vor allem im Kurzzeitgymnasium hat im Kanton Zürich in den letzten Jahren die Zahl der Schüler, welche die Probezeit nicht bestehen, stark zugenommen. Waren es im Schuljahr 2005/2006 noch 15 Prozent, schafften es vor einem Jahr bereits 22 Prozent nicht mehr. Im Langzeitgymnasium schwankte die Zahl in den letzten Jahren zwischen 14 und 17 Prozent.

«Wir wollten wissen, welche Faktoren für das Bestehen wichtig sind und wieso die Unterschiede zwischen den verschiedenen Schulen so gross sind», sagte Bildungsdirektorin Silvia Steiner (CVP) am Dienstag vor den Medien in Zürich. Es gehe um Gerechtigkeit, die Gymischüler im ganzen Kanton müssten die gleichen Chancen haben.

Im Langzeitgymnasium bestanden die meisten Schülerinnen und Schüler an der Kantonsschule Zürich Nord die Probezeit nicht (22 Prozent). In Uster und am Literargymnasium Rämibühl in Zürich fielen am wenigsten Kinder raus (11 Prozent). Im Kurzzeitgymi war die Austrittsquote in Urdorf, im Unterland und in Zürich Nord am grössten.

Der Bericht von Pädagogikprofessor Urs Moser und Laura Helbling zeigt, dass vor allem Schülerinnen und Schüler, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, in der Probezeit durchfallen. Zudem spielt der sozioökonomische Hintergrund eine Rolle: Auch Kinder aus Gemeinden mit einem hohen Anteil an einkommensschwachen Personen sind weniger erfolgreich.

«Jugendliche, die im Kurzzeitgymnasium die Probezeit nicht bestehen, können zwischen Stuhl und Bank fallen, weil sie sich zu wenig auf eine Berufslehre vorbereitet haben», sagte Steiner. Deshalb sollten nur jene Kinder aufgenommen werden, die intakte Chancen hätten, die Probezeit zu bestehen. «Und diese Schüler müssen wir gut begleiten.»

Einige Schulen haben bereits Massnahmen umgesetzt, um die Schüler besser zu unterstützen. So bieten verschiedene Gymnasien etwa Aufgabenstunden und Coachings an und arbeiten enger mit der Volksschule zusammen. «Es ist wichtig, dass wir vom Gymi wissen, was in der Sek läuft - und umgekehrt», sagte Martin Zimmermann, Rektor der Kantonsschule Zürich Oberland.

Um die Schnittstellen dieser Schulstufen näher zu untersuchen, läuft im Kanton seit 2015 das Projekt «VSGYM» (Volksschule - Gymnasium). Ziel ist es, den Übergang für die Schüler zu verbessern, allfällige Schwierigkeiten zu eruieren und im Dialog das Vertrauen zwischen den Lehrpersonen aus der Volksschule und der Mittelschule zu stärken.

«Keinen Einfluss» auf das Bestehen der Probezeit haben gemäss der Untersuchung die Klassengrössen. Wenig aussagekräftig seien auch die Vornoten, sagte Sybille Bayard, stellvertretende Chefin Bildungsplanung bei der Bildungsdirektion. «Die meisten Kinder treten mit sehr ähnlichen Erfahrungsnoten an.»

«Die Prüfungsnote hingegen ist ein guter Anhaltspunkt», sagte Bayard. Wer gut abschneidet, besteht meist auch die Probezeit. Insgesamt nahmen in diesem Jahr 4036 Kinder an der zentralen Aufnahmeprüfung (ZAP) für das Langzeitgymi teil. 50,6 Prozent schafften den Übertritt. Beim Kurzzeitgymi waren 40,2 Prozent erfolgreich.

Die Zahl der Langzeitgymnasiasten hat sich im Kanton Zürich seit 1997 quasi verdoppelt, die Übertritte aus der Sek blieben konstant. Dieser Entwicklung will der Regierungsrat Gegensteuer gegeben und für ein besseres Gleichgewicht sorgen.
So hat er etwa beschlossen, fürs Langzeitgymnasium weniger Geld zur Verfügung zu stellen. Zudem sollen die Gymnasien die Kriterien für die Aufnahmeprüfung verschärfen.


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