13. Mai 2017

Digitales Lernen in Solothurn

Vermehrt werden Übungen auf Tablets gelöst. Auch die informatische Bildung ist wichtiger geworden. Doch Digitales soll das Altbewährte nicht ersetzen, sondern ergänzen.
Digitalisierung hält Einzug ins Klassenzimmer, Schweiz am Wochenende, 7.5. von Nadine Schmid


Ein grosser Bildschirm hängt im Schulzimmer in nächster Nähe zur schwarzen Wandtafel. Es ist das sogenannte Active Board, auf das Schüler interaktiv im Unterricht mit einem speziellen Stift schreiben können. Französischlehrer Urs Hoenner verwendet das Active Board, das in sämtlichen Schulzimmern in Biberist installiert ist, aber anders. Er braucht es anstelle eines Beamers.

Doch in der heutigen Unterrichtsstunde arbeiten die Schülerinnen und Schüler der Klasse 2. Sek Ec an ihrem ersten Aufsatz, für den sie die Schullaptops, ihre Handys und Schulbücher verwenden können. Ziel ist, dass sie mit Recherche in ihren Lehrmitteln und im Internet französische Sätze korrekt zusammenstellen können. In Englisch und Französisch sind vor 6 Jahren Lehrmittel erschienen, die die digitalen Medien in den Unterricht einbeziehen. Gemäss Hoenner ist das französische Lehrmittel «Clin d’oeuil» eine Art Revolution. Es wurde und wird auch kontrovers diskutiert, da es weniger grammatiklastig ist und ganz neue Ansätze für den Spracherwerb anbietet.

Vokabular wird inzwischen immer öfters mit Apps gelernt, der Vorteil: Die richtige Aussprache kann angehört werden. Die Klasse hat seit Beginn des Frühfranzösischen in der dritten Primarschule mit digitalen Medien gearbeitet, und kann sich nicht vorstellen, wie ein Unterricht ohne diese Medien aussieht.

Richtigen digitalen Umgang lernen
Einen ersten Informatiklehrplan gibt es im Kanton sei 1992, damals beschränkte sich dieser auf das Tastaturschreiben. Die Schulen müssen gemäss der Weisung des Departements für Bildung und Kultur den Referenzrahmen für die beschlossenen Regelstandards zur aktuellen informatischen Bildung bis zum Schuljahr 2017/2018 umsetzen. Die Regelstandards sind in einer Online zugänglichen Broschüre beschrieben. Sie beschäftigen sich damit, welche zusätzlichen Möglichkeiten die digitalen Medien im Schulalltag und in den verschiedensten Fächern bieten, und das von der Primarstufe an.

Der Schüler solle bereits da den richtigen Umgang mit digitalen Medien lernen und sich damit nicht nur über den Nutzen, sondern auch über die Gefahren bewusst werden. Auch sollen die Kinder bereits vor der Oberstufe mit Algorithmen in Berührung kommen. Das Ziel ist ein zeitgemässer Unterricht, dabei sollen die digitalen Medien ergänzen, nicht ersetzen.

Der Kanton subventioniert den Unterricht und trifft seine Entscheidungen für die Volksbildung in eigener Hoheit. Auch arbeitet er mit den anderen Kantonen der Nordwestschweiz zusammen. Die Schulträger – kommunale Aufsichtsbehörde, Gemeinderat oder der Vorstand eines Zweckverbandes – entscheiden selbst, wie sie die weitere Portionierung in Sachen digitalen Medien vornehmen wollen. Die Aufrüstung berappen sie selbst. Einige Schulen schaffen sich Laptops oder Tablets für jedes Schulzimmer an, so wie beispielsweise Biberist.

In der Primarschule setzt sich momentan der Trend durch, Tablets und damit Apps für Übungen einzusetzen, die Oberstufe schreibt Aufsätze und bereitet Vorträge über den Laptop vor. Neue Lehrmittel sind in Arbeit. Sobald diese veröffentlicht werden, werden auch die nicht-sprachlichen Fächer durch digitale Medien vermittelt. Im Internet gibt es jedoch schon eine enorme Fülle an Material für alle Fächer.

Digitalisierung als ein Hilfsmittel
«Die Digitalisierung wird die Schule nicht in ihren Grundfesten verändern. Sie sind eines von mehreren Hilfsmitteln. Wir verwenden nach wie vor Bücher und besuchen den Wald», äussert sich die Biberister Gesamtschulleiterin Andrea Meister. «Das Rad der Digitalisierung lässt sich in keinem Bereich unseres Lebens zurückdrehen, auch in der Schule nicht. Es ist wichtig, die Digitalisierung in der Schule zu integrieren. Sie hat zum Beispiel als Arbeitsgerät und Ablageorganisation unterstützende und praktische Vorteile.»

Eine genaue Prognose, wie sich die Digitalisierung in der Schule weiterentwickelt, lässt sich nicht machen. Meister: «Etwas, was wir uns heute kaum vorstellen können, ist morgen schon überholt.»

«Gratisunterricht» für US-Konzerne
Lehrer und Kantonsrat Peter Brotschi setzt die digitalen Medien gerne für den Unterricht ein, auf den PC und Beamer möchte er nicht mehr verzichten. «So lassen sich gut Karten und Bilder erklären.» Die Notebooks und Tablets seien ein weiteres Medium, aber nicht mehr und nicht weniger. «Lieber einmal mehr in die reale Welt gehen. Die Kinder sind meist schon in der Freizeit sehr viel digital unterwegs.»

Wichtiger als der reine Einsatz von digitalen Medien im Unterricht sei, den Kindern den richtigen Umgang zu zeigen, und auch dass es neben der digitalen Welt die reale Welt gibt. Kritik äussert Brotschi bezüglich des Informatikunterrichts. «Die öffentliche Schule ist heute gezwungen, Gratisunterricht für die beiden Weltkonzerne Apple und Microsoft zu machen. Indem wir die Kinder auf ihren Applikationen unterrichten, arbeiten wir für die Zukunft dieser beiden Konzerne.»

Seinen Lohn erhalte er aber nicht aus den USA, sondern vom Kanton und von Bettlach. «Die heutige Anwendersoftware ist so einfach, dass die Kinder auch so den Eingang in die digitale Welt finden. Ich wurde auch erst als Erwachsener damit konfrontiert und habe heute keine Mühe, mit dem PC, Handy, Tablet und Co. umzugehen.»


1 Kommentar: