Vermehrt werden Übungen auf Tablets gelöst. Auch
die informatische Bildung ist wichtiger geworden. Doch Digitales soll das Altbewährte nicht ersetzen, sondern ergänzen.
Digitalisierung hält Einzug ins Klassenzimmer, Schweiz am Wochenende, 7.5. von Nadine Schmid
Ein grosser Bildschirm hängt im Schulzimmer in
nächster Nähe zur schwarzen Wandtafel. Es ist das sogenannte Active Board, auf
das Schüler interaktiv im Unterricht mit einem speziellen Stift schreiben
können. Französischlehrer Urs Hoenner verwendet das Active Board, das in
sämtlichen Schulzimmern in Biberist installiert ist, aber anders. Er braucht es
anstelle eines Beamers.
Doch in der heutigen Unterrichtsstunde arbeiten die
Schülerinnen und Schüler der Klasse 2. Sek Ec an ihrem ersten Aufsatz, für den
sie die Schullaptops, ihre Handys und Schulbücher verwenden können. Ziel ist,
dass sie mit Recherche in ihren Lehrmitteln und im Internet französische Sätze
korrekt zusammenstellen können. In Englisch und Französisch sind vor 6 Jahren
Lehrmittel erschienen, die die digitalen Medien in den Unterricht einbeziehen.
Gemäss Hoenner ist das französische Lehrmittel «Clin d’oeuil» eine Art
Revolution. Es wurde und wird auch kontrovers diskutiert, da es weniger
grammatiklastig ist und ganz neue Ansätze für den Spracherwerb anbietet.
Vokabular wird inzwischen immer öfters mit Apps
gelernt, der Vorteil: Die richtige Aussprache kann angehört werden. Die Klasse
hat seit Beginn des Frühfranzösischen in der dritten Primarschule mit digitalen
Medien gearbeitet, und kann sich nicht vorstellen, wie ein Unterricht ohne
diese Medien aussieht.
Richtigen digitalen Umgang lernen
Einen ersten Informatiklehrplan gibt es im Kanton
sei 1992, damals beschränkte sich dieser auf das Tastaturschreiben. Die Schulen
müssen gemäss der Weisung des Departements für Bildung und Kultur den
Referenzrahmen für die beschlossenen Regelstandards zur aktuellen
informatischen Bildung bis zum Schuljahr 2017/2018 umsetzen. Die Regelstandards
sind in einer Online zugänglichen Broschüre beschrieben. Sie beschäftigen sich
damit, welche zusätzlichen Möglichkeiten die digitalen Medien im Schulalltag
und in den verschiedensten Fächern bieten, und das von der Primarstufe an.
Der Schüler solle bereits da den richtigen Umgang
mit digitalen Medien lernen und sich damit nicht nur über den Nutzen, sondern
auch über die Gefahren bewusst werden. Auch sollen die Kinder bereits vor der
Oberstufe mit Algorithmen in Berührung kommen. Das Ziel ist ein zeitgemässer
Unterricht, dabei sollen die digitalen Medien ergänzen, nicht ersetzen.
Der Kanton subventioniert den Unterricht und trifft
seine Entscheidungen für die Volksbildung in eigener Hoheit. Auch arbeitet er
mit den anderen Kantonen der Nordwestschweiz zusammen. Die Schulträger –
kommunale Aufsichtsbehörde, Gemeinderat oder der Vorstand eines Zweckverbandes
– entscheiden selbst, wie sie die weitere Portionierung in Sachen digitalen
Medien vornehmen wollen. Die Aufrüstung berappen sie selbst. Einige Schulen
schaffen sich Laptops oder Tablets für jedes Schulzimmer an, so wie
beispielsweise Biberist.
In der Primarschule setzt sich momentan der Trend
durch, Tablets und damit Apps für Übungen einzusetzen, die Oberstufe schreibt
Aufsätze und bereitet Vorträge über den Laptop vor. Neue Lehrmittel sind in
Arbeit. Sobald diese veröffentlicht werden, werden auch die nicht-sprachlichen
Fächer durch digitale Medien vermittelt. Im Internet gibt es jedoch schon eine
enorme Fülle an Material für alle Fächer.
Digitalisierung als ein Hilfsmittel
«Die Digitalisierung wird die Schule nicht in ihren
Grundfesten verändern. Sie sind eines von mehreren Hilfsmitteln. Wir verwenden
nach wie vor Bücher und besuchen den Wald», äussert sich die Biberister
Gesamtschulleiterin Andrea Meister. «Das Rad der Digitalisierung lässt sich in
keinem Bereich unseres Lebens zurückdrehen, auch in der Schule nicht. Es ist
wichtig, die Digitalisierung in der Schule zu integrieren. Sie hat zum Beispiel
als Arbeitsgerät und Ablageorganisation unterstützende und praktische
Vorteile.»
Eine genaue Prognose, wie sich die Digitalisierung
in der Schule weiterentwickelt, lässt sich nicht machen. Meister: «Etwas, was
wir uns heute kaum vorstellen können, ist morgen schon überholt.»
«Gratisunterricht» für US-Konzerne
Lehrer und Kantonsrat Peter Brotschi setzt die
digitalen Medien gerne für den Unterricht ein, auf den PC und Beamer möchte er
nicht mehr verzichten. «So lassen sich gut Karten und Bilder erklären.» Die
Notebooks und Tablets seien ein weiteres Medium, aber nicht mehr und nicht
weniger. «Lieber einmal mehr in die reale Welt gehen. Die Kinder sind meist
schon in der Freizeit sehr viel digital unterwegs.»
Wichtiger als der reine Einsatz von digitalen
Medien im Unterricht sei, den Kindern den richtigen Umgang zu zeigen, und auch
dass es neben der digitalen Welt die reale Welt gibt. Kritik äussert Brotschi
bezüglich des Informatikunterrichts. «Die öffentliche Schule ist heute
gezwungen, Gratisunterricht für die beiden Weltkonzerne Apple und Microsoft zu
machen. Indem wir die Kinder auf ihren Applikationen unterrichten, arbeiten wir
für die Zukunft dieser beiden Konzerne.»
Seinen Lohn erhalte er aber nicht aus den USA,
sondern vom Kanton und von Bettlach. «Die heutige Anwendersoftware ist so
einfach, dass die Kinder auch so den Eingang in die digitale Welt finden. Ich
wurde auch erst als Erwachsener damit konfrontiert und habe heute keine Mühe,
mit dem PC, Handy, Tablet und Co. umzugehen.»
Solothurn scheint ins digitale Zeitalter eingetreten zu sein. Wow!
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