Der Abstimmungskampf um die Initiative «Mehr Qualität – eine
Fremdsprache in der Volksschule» ist eröffnet. Am Dienstag hat das
Initiativkomitee in Zürich Stellung bezogen, am Donnerstag folgt die
Gegenseite. Das Spezielle an dem Komitee ist, dass politische Parteien für
einmal eine Randerscheinung sind. In mehreren Parteien sind die Meinungen
gespalten. Die Führungsrolle haben die Lehrerverbände übernommen, mit dabei
ist zudem der Verein
«Schule mit Zukunft».
Viel Aufwand, zu wenig Ertrag, NZZ, 5.4. von Walter Bernet
Die Initiative verlangt, dass die eine der beiden Fremdsprachen aus der
Primarschule verbannt und auf die Oberstufe verschoben werden soll. Welche,
lässt lässt sie offen. Es gebe Argumente für beide Sprachen, sagten die
Vertreter der Lehrerverbände an der Medienkonferenz dazu, deshalb lasse man die
Frage offen. Entscheidend sei, dass der Primarschulunterricht von einer
Fremdsprache entlastet werde.
Es waren immer schon die Lehrerinnen und Lehrer, die dem frühen
Fremdsprachenunterricht mit Skepsis begegneten. Lilo Lätzsch, Präsidentin des
Zürcher Lehrerinnen- und Lehrerverbands (ZLV), legte denn auch Wert darauf,
dass die Meinung der Lehrpersonen in dieser Frage ernst zu nehmen sei. Schon
2004 habe der Schweizer Lehrerverband LCH als Bedingung des Gelingens für den
Unterricht in der zweiten Fremdsprache die volle Unterstützung der Lehrerschaft
genannt. Die Evaluation des Schweizer Sprachenkonzepts durch den LCH von 2013
habe gezeigt, dass dafür die Voraussetzungen fehlten. Es mangle an
Weiterbildungen, an zeitlichen und finanziellen Ressourcen und an guten
Lehrmitteln. Mit der heutigen Lösung erreichten die Kinder die Lernziele in den
Fremdsprachen nicht, es fehle dafür an Zeit, um im Deutsch eine solide Basis zu
legen. Das Resultat sei, dass viele Schüler in allen drei Sprachen Probleme
hätten. Am Ziel der Volksschule, am Ende der Schulzeit zwei Fremdsprachen
vermittelt zu haben, wolle man festhalten. Mit der Verschiebung der zweiten
Fremdsprache auf die Oberstufe würde man erreichen, dass die Schüler in allen
drei Sprachen bessere Ergebnisse erzielen.
Fast-Food-Pädagogik
Von Fast-Food-Pädagogik sprach Harry Huwiler, Präsident des Mittelstufen-Lehrerverbands
(ZKM). Man lerne von allem ein «bitzeli» und könne am Schluss doch nichts
richtig. Die Erfahrung zeige, dass die Kinder zwar am Anfang gerne
Fremdsprachen lernten, dass sich mit der Zeit aber eine Schere öffne, und zwar
je länger, je mehr. Viele seien überfordert und frustriert. Das betreffe nicht
nur eine Minderheit. Zwei Drittel erreichten nach einer Innerschweizer Studie
die Lernziele in Französisch am Ende der 6. Klasse nicht.
Als Sekundarlehrer-Vertreter argumentierte Dani Kachel, Präsident von
SekZH, für die Verlegung einer Sprache damit, dass diese in der Sekundarstufe
leichter und effizienter gelernt werden könne, weil man auf bereits erworbenen
Grundstrukturen aufbauen könne. Und Kurt Willi wies als Präsident des Abstimmungskomitees
darauf hin, dass die mit dem Lehrplan 21 vorgesehenen Umschichtungen von
Lektionen am ungenügenden Verhältnis von Aufwand und Ertrag im frühen
Fremdsprachenunterricht wenig änderten. Der einzige Nicht-Lehrer am Tisch,
Willy Wunderli von «Schule mit Zukunft», warb aus der Sicht des
Berufspraktikers für eine stärkere Gewichtung von Deutsch, Mathematik und
Naturwissenschaften.
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