6. April 2017

Parteien sind gespalten in Fremdspachenfrage

Der Abstimmungskampf um die Initiative «Mehr Qualität – eine Fremdsprache in der Volksschule» ist eröffnet. Am Dienstag hat das Initiativkomitee in Zürich Stellung bezogen, am Donnerstag folgt die Gegenseite. Das Spezielle an dem Komitee ist, dass politische Parteien für einmal eine Randerscheinung sind. In mehreren Parteien sind die Meinungen gespalten. Die Führungsrolle haben die Lehrerverbände übernommen, mit dabei ist zudem der Verein «Schule mit Zukunft».
Viel Aufwand, zu wenig Ertrag, NZZ, 5.4. von Walter Bernet


Die Initiative verlangt, dass die eine der beiden Fremdsprachen aus der Primarschule verbannt und auf die Oberstufe verschoben werden soll. Welche, lässt lässt sie offen. Es gebe Argumente für beide Sprachen, sagten die Vertreter der Lehrerverbände an der Medienkonferenz dazu, deshalb lasse man die Frage offen. Entscheidend sei, dass der Primarschulunterricht von einer Fremdsprache entlastet werde.

Es waren immer schon die Lehrerinnen und Lehrer, die dem frühen Fremdsprachenunterricht mit Skepsis begegneten. Lilo Lätzsch, Präsidentin des Zürcher Lehrerinnen- und Lehrerverbands (ZLV), legte denn auch Wert darauf, dass die Meinung der Lehrpersonen in dieser Frage ernst zu nehmen sei. Schon 2004 habe der Schweizer Lehrerverband LCH als Bedingung des Gelingens für den Unterricht in der zweiten Fremdsprache die volle Unterstützung der Lehrerschaft genannt. Die Evaluation des Schweizer Sprachenkonzepts durch den LCH von 2013 habe gezeigt, dass dafür die Voraussetzungen fehlten. Es mangle an Weiterbildungen, an zeitlichen und finanziellen Ressourcen und an guten Lehrmitteln. Mit der heutigen Lösung erreichten die Kinder die Lernziele in den Fremdsprachen nicht, es fehle dafür an Zeit, um im Deutsch eine solide Basis zu legen. Das Resultat sei, dass viele Schüler in allen drei Sprachen Probleme hätten. Am Ziel der Volksschule, am Ende der Schulzeit zwei Fremdsprachen vermittelt zu haben, wolle man festhalten. Mit der Verschiebung der zweiten Fremdsprache auf die Oberstufe würde man erreichen, dass die Schüler in allen drei Sprachen bessere Ergebnisse erzielen.

Fast-Food-Pädagogik
Von Fast-Food-Pädagogik sprach Harry Huwiler, Präsident des Mittelstufen-Lehrerverbands (ZKM). Man lerne von allem ein «bitzeli» und könne am Schluss doch nichts richtig. Die Erfahrung zeige, dass die Kinder zwar am Anfang gerne Fremdsprachen lernten, dass sich mit der Zeit aber eine Schere öffne, und zwar je länger, je mehr. Viele seien überfordert und frustriert. Das betreffe nicht nur eine Minderheit. Zwei Drittel erreichten nach einer Innerschweizer Studie die Lernziele in Französisch am Ende der 6. Klasse nicht.

Als Sekundarlehrer-Vertreter argumentierte Dani Kachel, Präsident von SekZH, für die Verlegung einer Sprache damit, dass diese in der Sekundarstufe leichter und effizienter gelernt werden könne, weil man auf bereits erworbenen Grundstrukturen aufbauen könne. Und Kurt Willi wies als Präsident des Abstimmungskomitees darauf hin, dass die mit dem Lehrplan 21 vorgesehenen Umschichtungen von Lektionen am ungenügenden Verhältnis von Aufwand und Ertrag im frühen Fremdsprachenunterricht wenig änderten. Der einzige Nicht-Lehrer am Tisch, Willy Wunderli von «Schule mit Zukunft», warb aus der Sicht des Berufspraktikers für eine stärkere Gewichtung von Deutsch, Mathematik und Naturwissenschaften.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen