16. April 2017

Mint-Fächer boomen

Manchmal fühlt es sich an wie ein Bundesrat in der Endlosschleife: Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann lässt keine Gelegenheit aus, zu betonen, wie wichtig die MINT-Fächer für die Zukunft der Schweiz sind. Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technologie seien Motor von Innovation und Wirtschaft, die Fächer solle man am besten schon im Kindergarten fördern, wiederholt Schneider-Ammann seit Jahren. Jetzt zeigt sein Appell offenbar Wirkung. Die Begeisterung für MINT-Fächer ist deutlich gestiegen, wie neuste Zahlen des Bundes zeigen. Immer mehr Studierende nehmen ein MINT-Studium in Angriff. Zwischen 2010 und 2015 stieg der Anteil um 14 Prozent, in allen anderen Fächern lediglich um 5 Prozent. Fachhochschulen spüren den Zuwachs am stärksten (plus 17 Prozent), die Universitäten etwas weniger (plus 12 Prozent), aber noch immer deutlich. Damit beginnt heute jeder dritte Studienanfänger ein Bachelorstudium in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft oder Technik.
Besonders in Mathematik tun sich Studenten schwer. 
Die MINT-Fächer boomen - Mathe wird wieder beliebter, Schweiz am Wochenende, 15.4. von Yannick Nock
 
Bundesrat Schneider-Ammann ist nicht der Einzige, den die Zunahme freut. Martin Vetterli, Präsident der ETH Lausanne (EPFL), hebt die Bedeutung der MINT-Fächer im Zeitalter der Digitalisierung hervor. Diese Fähigkeiten würden in fast allen Wirtschaftsbranchen künftig noch wichtiger, sagt er. Doch mehr Studierende bedeutet nicht zwingend bessere. Noch immer haben viele gerade zu Beginn ihres Studiums Mühe. Seit zehn Jahren sinkt an der EPFL die Erfolgsrate der Erstsemestrigen. Früher fielen 50 Prozent der Studenten durch die Zwischenprüfung nach einem Jahr. Heute sind es 54 Prozent. Besonders in der Mathematik tun sich Studenten schwer. Dabei zählt die EPFL nicht nur zu den besten Hochschulen des Landes, sondern zu den besten weltweit. Eine Garantie für Spitzenleistung ist das gerade zu Beginn nicht. «Viele Erstsemestrige müssen sich erst an das Tempo der EPFL gewöhnen», sagt Vetterli. Die Hochschule gibt im ersten Jahr Hilfestellung mit Onlinekursen. Für den ehemaligen SP-Nationalrat Rudolf Strahm ist es dennoch ein Irrweg zu glauben, die Wissensgesellschaft erfordere immer mehr Leute an den Universitäten. Es gäbe heute einige Länder, die deswegen in der Akademisierungsfalle steckten. Zwar begrüsst Strahm die Entwicklung, denn die Hochschulen müssten sich stärker nach den Bedürfnissen des Markts richten, was bei MINT-Fächern der Fall sei. Trotzdem liege der Schlüssel zur Bewältigung der digitalen Revolution im lebenslangen Lernen – über alle Bildungsstufen hinweg. «Die Wirtschaft funktioniert bei uns nach wie vor besser, weil auch 30- oder 40-Jährige über eine höhere Berufsbildung die neusten digitalen Kompetenzen erwerben», sagt Strahm.

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