22. März 2017

Verbreitete Skepsis gegenüber Lehrplan 21

Was bedeutet der Lehrplan 21 für den modernen Schulbetrieb? Um dies zu diskutieren, lud am Montag die Standortförderung Zimmerberg-Sihltal zur 7. Bildungskonferenz im Gottlieb Duttweiler Institut in Rüschlikon.
Anders als im Kanton Zürich, wo der Lehrplan 21 auf den verschiedenen Schulstufen von 2018 bis 2020 in Kraft treten wird, ist er es im Kanton Basel-Stadt bereits seit Sommer 2015. Regina Kuratle, Projektleiterin zur Einführung des Lehrplans 21 in Basel-Stadt, erläuterte, dass eine Übergangsphase bis 2021 bestünde. In dieser Zeit stehe es den Schulleitungen frei, selber zu entscheiden, wann sie den neuen Lehrplan einführen wollten. Obschon sie dem Lehrplan 21 grundsätzlich sehr positiv gesinnt sei, räumte sie im Zusammenhang mit leistungsschwachen Kindern auch Schwierigkeiten ein: «10 bis 15 Prozent der Kinder erreichen die Lernziele nicht», sagte sie. Der Lehrplan 21 sehe aber vor, dass die Kinder in ihrem eigenen Tempo die notwendigen Kompetenzen erwerben könnten. Zudem könne der Unterricht differenziert und individualisiert werden, so dass auf alle Kinder eingegangen werden könne.
Der Lehrplan 21 spaltet die Gemüter: Georges Pasquier, Regina Kuratle, Moderatorin Cornelia Kazis und Roland Reichenbach (von links) am Podiumsgespräch, Bild: André Springer
Fördert oder überfordert: der Lehrplan 21, Zürichsee Zeitung, 21.3. von Marianne Bolt

Roland Reichenbach, Professor für Allgemeine Erziehungswissenschaft an der Universität Zürich, übte scharfe Kritik: «Der Lehrplan 21 macht Versprechen, die er nicht halten kann.» So habe er mit der Unterrichtspraxis nicht viel zu tun. Laut Reichenbach besteht zwischen Lehrplan und Lernen des Kindes kein direkter Weg, das könne auch durch einheitliche Schulungen der Lehrpersonen und Lehrmaterialien nicht erreicht werden. Viel mehr müssten die individuellen Ideen der Lehrpersonen zugelassen werden, der Lehrberuf liesse sich nicht von oben managen.

Die Bildungskonferenz bot den Teilnehmenden die Möglichkeit, in einem Live-Voting auf die Referate zu reagieren. In der Abstimmung zu Reichenbachs Referat taten rund drei Viertel der 230 Anwesenden kund, dass sie durch den Lehrplan 21 keine bessere Schule erwarten.

Romandie zeigt, wie es geht
Was dem Kanton Zürich noch bevorsteht, wurde in der Romandie bereits umgesetzt. Mit dem PER (Plan d’études romands) führten die Westschweizer Kantone vor vier Jahren erfolgreich einen harmonisierten Lehrplan ein. «Die Lehrpersonen haben die Harmonisierung zur eigenen Sache erklärt, so dass er nie als Fremdkörper empfunden wurde», sagte Georges Pasquier, der unter anderem zehn Jahre lang als Präsident des westschweizerischen Dachverbands SER, der Gewerkschaft der Lehrpersonen in der Romandie, gewirkt hatte. Als positive Faktoren nannte Pasquier mehrere Umstände. In erster Linie sei im Lehrplan das berufliche Werkzeug und nicht das Gesetz ersichtlich. Zudem sei die Idee eines harmonisierten Lehrplans historisch gewachsen, denn bereits 1864 hätten Westschweizer Lehrpersonen im Lehrerverein die gemeinsame Arbeit zwischen den Kantonen angestrebt.

Wädenswil ist gelassen
Im Publikum sassen viele Schulvertreter von Gemeinden im Bezirk. Wädenswiler Vertreter sehen dem Lehrplan 21 mit Ruhe entgegen. «Die Schule ist in einem permanenten Wandel», sagte der Wädenswiler Stadtrat Johannes Zollinger (EVP). Er sei daher kritisch, ob der Lehrplan 21 die Schule dermassen revolutionieren werde. Die Lehrpersonen seien aber flexibel und würden gelassen und pragmatisch daran gehen und die positiven Aspekte umsetzen. Frido Koch, Schulleiter der Wädenswiler Oberstufe Rotweg, meinte: «Wir sind auf gutem Weg. So sind beispielsweise die neuen Lehrmittel für Mathematik sehr gut, die Schüler werden befähigt, selbständig zu lernen.» Nicolas Dudler, Schulleiter des Schulhauses Untermosen, betonte die Zusammenarbeit zwischen den Lehrpersonen. «Die Kompetenzorientierung wird den teaminternen Austausch bereichern.» Und auch er glaubt, dass der neue Lehrplan die Schule nicht sonderlich verändern wird. 


1 Kommentar:

  1. Hier bestätigt die Projektleiterin zur Einführung des Lehrplans 21 in Basel-Stadt - allerdings etwas verklausuliert - , was die D-EDK und die LP21-Befürworter immer abstreiten:

    1. Dass es beim LP21 nur noch das "selbstgesteuerte Lernen" gibt:
    "Der Lehrplan 21 sehe aber vor, dass die Kinder in ihrem eigenen Tempo die notwendigen Kompetenzen erwerben könnten".

    2. Dass es - nach einer anfänglichen Übergangsphase - keine Methodenfreiheit mehr geben wird:
    "Sie erläuterte, dass eine Übergangsphase bis 2021 bestünde. In dieser Zeit stehe es den Schulleitungen frei, selber zu entscheiden, wann sie den neuen Lehrplan einführen wollten".

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