Eine neue Studie zeigt, wie das Geschlecht die Benotung beeinflusst. Zürich Schülerinnen, die eine Physikaufgabe gleich beantworten wie
ihre männlichen Klassenkameraden, erhalten regelmässig eine schlechtere Note.
Das zeigt eine Studie der ETH-Forscherin Sarah Hofer. Hofer bat Physiklehrer,
in einem Online-Test eine Prüfungsantwort zu benoten. Sie legte den 780
Teilnehmern aus der Schweiz, Deutschland und Österreich eine Mechanik-Frage und
die jeweils gleich formulierte - nur teilweise korrekte - fiktive Schülerantwort
vor. Die eine Hälfte ging davon aus, dass sie die Antwort einer Schülerin zu
benoten hätten, die andere Hälfte die eines Schülers.
Mädchen erhalten schlechte Physiknoten, Buben werdem beim Aufsatz benachteiligt, Sonntagszeitung, 26.3. von Simon Widmer
Schweizer Lehrerinnen und Lehrer - der Effekt gilt für Frauen und Männer
-, die seit weniger als zehn Jahren unterrichteten, benoteten die Mädchen
signifikant schlechter. Bei Lehrern mit fünf und weniger Jahren Berufserfahrung
machte die Benachteiligung von Mädchen im Schnitt 0,7 Noten aus.
In einer anderen Studie kam Hofer zum Schluss, dass Gymnasiastinnen mit
guten Noten in der Physik schlechter abschneiden als Gymnasiasten. In der
Mathematik ist dieser Effekt nicht beobachtbar. Eine mögliche Erklärung ist
neben dem geringeren Interesse der Mädchen für Physik die unfaire Benotung der
Leistungen.
Lehrer mit wenig Berufserfahrung würden Schülerinnen nicht absichtlich
schlechter benoten. Aber die Stereotype, dass Mädchen in der Physik schlecht
sind, seien implizit präsent. «Es geht nicht an, dass Schülerinnen für dieselbe
Leistung schlechter benotet werden. Die Lehrerausbildung muss die Problematik
vermehrt aufnehmen», sagt Hofer.
Der Effekt gilt auch umgekehrt. So zeigen Studien, dass Schüler für die
gleiche Leistung bei Deutschaufsätzen schlechter benotet werden als
Schülerinnen. In der Lehrerausbildung sei gerechte Benotung bereits jetzt ein
Thema, sagt Jürg Brühlmann, Leiter Pädagogik beim Lehrerverband LCH. «Aber wir
müssen in der Weiterbildung und an den Schulen noch aktiver werden.»
Auch der Schweizerische Verband der Akademikerinnen (SVA) hat das Thema
auf dem Radar. Am 8. April wird er einen Workshop durchführen, in dem
Hofers Studie besprochen wird.
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