Die ersten Ergebnisse zu den Checks – den standardisierten
Leistungsmessungen an den Primarschulen in den Kantonen Solothurn, Baselland,
Basel-Stadt und Aargau – sollten an einer gross anberaumten Medienkonferenz im
Glaspalast der Fachhochschule in Olten vorgestellt werden. Doch statt viele Erkenntnisse
zum Bildungsraum Nordwestschweiz zu erhalten, wurden bloss die Checks als
solche hochgelobt, deren Inhalte mit vielen Worten aber gleich wieder
relativiert. So, dass der Journalist der Schweizerischen Depeschenagentur ein
langes Gesicht machte und sich fragte: Was ist eigentlich neu; was soll ich
schreiben?
Jetzt amtlich: Basler Schüler fallen ab, Basler Zeitung, 17.3. von Daniel Wahl
Still und leise ereignete sich im Rathaus in Basel zur gleichen
Zeit Gegenteiliges: Ohne Debatte wurde gestern Morgen ein Vorstoss von
Grossrätin Katja Christ (GLP) überwiesen, der im Grunde genommen nichts anderes
zum Ziel hat, als dieses Millionen teure Leistungsmessungs-System abzuschaffen
und eine alternative Qualitätskontrolle der Schulen einzuführen. Ein ähnlich
lautender Vorstoss von Landrat Jürg Wiedemann (GU) musste gestern auch Bildungsdirektorin
Monika Gschwind im Baselbiet entgegennehmen.
In der Tat zeigen die gestern in Olten rudimentär vorgestellten
Check-Ergebnisse nichts anderes, als was wir schon lange wissen: Wer kein
Deutsch kann, kann kaum etwas. Die Deutsch-Kompetenzen sind die Basis, um den
anderen Unterricht zu verstehen. Zudem fallen die Basler Schüler in der
sechsten Primarschulklasse (Check P6) in diesem Fach gegenüber drei anderen
Kantonen deutlich ab.
Basel überall unter Durchschnitt
Neu ist das nicht, nur jetzt einmal mehr amtlich ausgewiesen. Der
Mittelwert Deutsch liegt in Basel mit 590 unter dem Mittelwert von 600 Punkten
(BL 608, AG 608, SO 604). Im Fach Mathematik erzielen die Aargauer Schüler
überdurchschnittliche 621 Punkte, die Basler sind mit 597 Punkten durchs Band
unter dem Schnitt (BL 616, SO 617). Im Fach Natur und Technik ist der
Kompetenzunterschied geradezu dramatisch: In Basel erzielt der Durchschnitt 578
Punkte, in Baselbiet 604 Punkte.
Am Geringsten ist der Rückstand der Basler Schulen auf jene der
anderen Kantone im Bereich Frühfranzösisch. Wagt man nun den Schluss zu ziehen,
dass es klüger wäre, in Basel statt ins Französisch mehr Stunden in die Fächer
Deutsch und Mathematik zu investieren?
Interessant ist ferner, dass Ausländer (Deutsch als Zweitsprache)
im Kanton Baselland gegenüber Einheimischen am wenigsten abfallen. Lässt das
auf ein Schulsystem im Baselbiet schliessen, das schwächere Schüler besser
fördert? Oder gibt es in Basel einfach nur schlechte Schulen?
«Das greift eindeutig zu kurz, in Basel gibt es deutlich mehr
Schüler mit anderen Lernvoraussetzungen», relativierte der Solothurner
Bildungsvorsteher Remo Ankli die Check-Resultate. Irgendwie werden unter
«Lernvoraussetzungen» Faktoren wie «Anteil fremdsprachiger Schüler pro Klasse»,
«sozialer Hintergrund der Klasse» und «Bildungsabschluss der Eltern»
eingerechnet, sodass Ankli zum Schluss kommen konnte: «Die Leistungen der
Schulen in Basel sind am höchsten.» Bloss, wem nützt eine solche Relativierung?
Vermutlich nur dem Ego der Lehrer und der Schulleitungen. Die Qualität der
Schulabgänger bleibt die gleiche.
Eine Selektion und doch keine
Während der Medienkonferenz wurde durchgängig betont, dass die
Qualität dieser Checks darin liege, dass sie lediglich eine Standortbestimmung
der Schüler seien und «sicher nicht der Selektion dienen». Auf Nachfrage räumte
Ankli wiederum ein, dass die Checks selbstverständlich zu den
Bewerbungsunterlagen gehören und der Check S2 an der zweiten Sekundarschule
sogar von der Wirtschaft eingefordert werden soll. Darauf sagte Dieter Baur,
Leiter Volksschulen Basel-Stadt, dass die Checks wiederum «nie im Leben» das
Zeugnis ersetzen würden.
Ähnliche argumentative Pirouetten wurden anderweitig vorgenommen.
Gemäss Schulleiterin Monika Feller aus Diegten könne man aus den Checks «eine
Entwicklung» herauslesen. Sie habe es schön gefunden, den Lernfortschritt einer
Klasse zwischen Check P3 und Check P6 zu sehen. Dieter Baur wiederum warnte,
die Checks seien «nur Momentaufnahmen».
Die Kosten für die Tests im Bildungsraum Nordwestschweiz werden
mit jährlich 4,5 Millionen Franken beziffert. Bei 11 375 Sechstklässlern und
12 814 Drittklässlern macht dies 186 Franken pro «vermessenen Schüler» –
inklusive Auswertung für die Lehrer und die Schulleitungen. Für dieses Geld
gäbe es eine schöne Klassenfahrt.
An der Medienkonferenz musste man in Anbetracht der hohen Ausgaben
den Nutzen der Checks loben. Die Lehrerin Gabriela Beyeler aus Zeihen (AG)
meinte, die Tests seien «ein Instrument der individuellen Förderung».
Schulleiterin Feller erklärte, die Checks würden helfen, blinde Flecken zu
erkennen. Ablesen liesse sich aus den Checks zum Beispiel, ob die Schulen
Material für Experimente anschaffen sollten.
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