12. Januar 2017

Immer mehr Menschen setzen sich für nichts mehr ein

Elfy Roca und Harold Ronge haben es fast im Alleingang geschafft, dass die Aargauerinnen und Aargauer sich genauer überlegen müssen, was für eine Schule sie künftig möchten. Sie führen das Komitee «Ja zu einer guten Bildung – Nein zum Lehrplan 21». Wer sind sie und was bewegt sie?
Harold Ronge und Elfy Roca äussern sich zu ihrem Engagement. Bild: Chris Iseli 
Dieses Duo will den Lehrplan 21 im Aargau zu Fall bringen - was treibt die beiden an? Aargauer Zeitung, 12.1. von Jörg Meier

«Ich bin halt wie ich bin», sagt Elfy Roca, «ich war schon immer ‹läbig und luut›. Ich sage, was ich denke. Wenn ich mich einsetze, dann tue ich es ganz.» Aktuell setzt sie sich für ihre Initiative «Ja für eine gute Bildung – Nein zum Lehrplan 21» ein. Und das mit ziemlichem Erfolg. Die Initiative beschäftig inzwischen den ganzen Aargau; sollte sie am 12. Februar gar angenommen werden, hätte sie nachhaltige Auswirkungen auf die Schule Aargau.
Elfy Roca ist Heilpädagogin aus Oberrohrdorf und unterrichtet in Kanton Zürich. Die Frage, warum sie so stark, ja fast schon mit missionarischem Eifer gegen den Lehrplan 21 kämpft, sei falsch gestellt. «Heute sorgt man für Aufsehen, wenn man sich engagiert. Dabei müsste uns doch viel mehr zu denken geben, dass es immer mehr Menschen gibt, die sich für nichts einsetzen - ausser für sich selbst.»
Vielfältiges Komitee
Sie habe nach über 30 Jahren im Schuldienst doch eine gewisse Erfahrung darin, was eine gute Schule ausmache. Natürlich verändere sich die Gesellschaft. «Aber was ein Kind zum Lernen braucht, hat sich in den letzten 2000 Jahren nicht verändert». Und weil sie befürchtet, dass die Kinder, vor allem die schwächeren Schüler, mit dem Lehrplan 21 unter die Räder geraten könnten, versucht Elfy Roca zu verhindern, dass im Aargau ein neuer Lehrplan auf der Basis des Lehrplans 21 erarbeitet werden kann.
Dann relativiert sie ihr Engagement, verweist auf das kleine, aber äusserst effektiv arbeitenden Komitee, das nicht nur die notwendigen Unterschriften für die Initiative gesammelt hat, sondern auch jetzt intensiv Abstimmungskampf betreibt. Dem Komitee gehören Lehrpersonen an, Eltern, Gewerbetreibende, Juristen, Grossräte.
Man sei breit über alle Schichten und politischen Richtungen aufgestellt, sagt Elfy Roca. Natürlich sei auch die SVP vertreten. Aber sie spiele nur eine marginale Rolle. Mitglied im Komitee ist auch der unverwüstliche Bruno Nüsperli aus Aarau. Ihn kennt Elfy Roca von der gemeinsamen Arbeit im «Schulforum Schweiz».
Die schulkritische Organisation geht davon aus, dass seit über zehn Jahren unser Bildungswesen von ausländischen Bürokratien (EU, OECD) beeinflusst und verändert werde. Nüsperli hat den Lehrplan 21 akribisch studiert und eine Broschüre dazu verfasst, welche die Absurditäten auflistet und kommentiert, die er im 430 Seiten starken Dokument gefunden hat.
Die Resonanz in der Bevölkerung sei erfreulich, sagt Roca. «Da melden sich wildfremde Leute, die mitmachen wollen und etwa fragen, ob sie für uns Plakate aufhängen sollen.» Für das grosse Inserat der Befürworter hätten sich bereits über 150 Personen gemeldet. Finanziert wird der Abstimmungskampf durch Spenden; auch diese fliessen laut Roca erfreulich stark.
Treuer Wegbegleiter
Einer von Elfy Rocas treuen Wegbegleitern ist Harald Ronge, Bezirkslehrer in Bremgarten. Die beiden kennen sich seit über 25 Jahren, kämpften schon oft Seite an Seite für schulpolitische Anliegen. «Angefangen hat mein Engagement, als man die Bezirksschule abschaffen wollte. Da habe ich mich an der Aktion ‹Let’s Bez› beteiligt.»
Später half Ronge aktiv mit, die Schulreform «Kleeblatt» zu versenken. Jetzt ist er wieder mit von der Partie, weil der Lehrplan 21 in eine falsche Richtung gehe. Er hält es für falsch, dass dieser dem Prinzip des selbstgesteuerten Lernens verpflichtet sei. «Meine Schüler lernen, weil ich es von ihnen verlange, weil sie müssen. Würde ich es ihnen alleine überlassen, dann würden die meisten es vorziehen zu gamen.» Die Beziehung zum Lehrer sei zentral; daneben hätten natürlich auch andere Unterrichtsformen ihren Platz.
Leben nach dem 12. Februar
Im «Tages Anzeiger» erinnerte Sektenspezialist Hugo Stamm daran, dass Elfy Roca in den 90-er Jahren aktives Mitglied beim Verein für psychologische Menschenkenntnis (VPM) war, jener sektenähnlichen Vereinigung, die vor allem im Kanton Zürich wirkte und auf die Bildungspolitik Einfluss zu nehmen versuchte. Darauf angesprochen, reagiert Elfy Roca ungehalten. «Ach, das kommt doch immer wieder, wenn jemand keine Argumente hat. Das ist doch längst vorbei und geht niemanden etwas an.» Sie lebe im Hier und Jetzt, engagiere sich als Heilpädagogin, als Fachbegleiterin für Berufseinsteiger und sie schätze die Vorteile der integrativen Schulung.
Und was ist nach dem 12. Februar, wenn Elfy Roca und Harald Ronge nicht mehr von Podium zu Podium durch den Aargau tingeln müssen? «Dann mache ich wieder etwas ganz anderes», erklärt Roca. Und Ronge sagt: «Wissen Sie, ich bin auch Bienenzüchter, präsidiere den Quartierverein und ich habe Schafe im Garten.»


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