Turnen aus militärischen Gründen, Werken wegen
Wirtschaftskrisen und das Lernen von Fremdsprachen aus ökonomischen Überlegungen
heraus: Eine Studie zeigt, dass die Gestaltung der Schule der letzten 150 Jahre
ein Abbild gesellschaftlicher Erwartungen darstellt.
Schulinhalte widerspiegeln gesellschaftliche Erwartungen, Aargauer Zeitung, 19.1.
Die Schule sei eine gesellschaftliche
Problemlöseagentur gewesen, die sich je nach historischem Kontext veränderte,
schreibt der Schweizerische Nationalfonds (SNF), der das Projekt finanziell
unterstützt hat.
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Im Projekt wurde erstmals die inhaltlichen
Entwicklung der Schule über die Landesteile vergleichend untersucht. Dafür
haben die Forschenden Inhalte von Lehrmitteln, Schulbüchern und Lehrplänen von
zehn Kantonen (AG, BE, BS, FR, GE, LU, SZ, VD, TI und ZH) der letzten 150 Jahre
rekonstruiert und analysiert.
Die Analyse zeigt, dass beispielsweise der
wirtschaftliche Nutzen lange das dominierende Argument für die Einführung einer
Fremd- respektive Landessprache war. Erst viel später sei der
nationalpolitische Gedanke dazu gekommen.
Weiter zeigt die Studie, dass das Fach Geschichte
erst in den 1960er Jahre zu einem kritisch-reflexiven Unterricht wurde, der auf
politische Mündigkeit und Teilhabe zielte. Zu einem eigenständigen Schulfach
hat es die politische Bildung nur im Tessin vorübergehend geschafft, wenngleich
dies seit den 1870er Jahre immer wieder gefordert wurde.
Wissenschaft nimmt Einfluss auf Inhalte
Der Aufschwung der Wissenschaften im letzten
Drittel des 19. Jahrhunderts hatte einen grossen Einfluss darauf, welche Fächer
gelehrt wurden. "Mit ihren Erkenntnissen kam im 19. und 20. Jahrhundert
neues Wissen in die Schule", wird Lucien Criblez, Gesamtleiter des
Projekts, in der Mitteilung zitiert.
Die Fächerliste der Volksschule blieb seit dem 19.
Jahrhundert relativ stabil. Erst in den 1970er Jahren kam es wieder zu
substanziellen Veränderungen, da sich zwischen 1960 und 1980 die Bezüge zur
Wissenschaft erneut verstärkt haben. Zu den Schulfächern wie Germanistik,
Romanistik oder Mathematik kamen neu Sozialwissenschaften wie
Erziehungswissenschaften und Psychologie hinzu.
Dadurch veränderten sich auch die Akteure, die
Einfluss auf die Lehrpläne nehmen konnten: Seit der zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts hatten Lehrerverbände, Seminardirektoren und Schulinspektoren das
Sagen. Ab den 1970er-Jahre nahm der Einfluss von wissenschaftlichen Expertinnen
und Experten auf die Schul-Inhalte zu, wie die Studie zeigte.
An der Forschung waren rund 25 Forschende aus den
Universitäten Genf und Zürich sowie den Pädagogischen Hochschulen der
Fachhochschulen Nordwestschweiz, Zürich und Tessin beteiligt.
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