22. Dezember 2016

Weiterhin Geld für sexualpädagogisches Zusatzangebot

Martin Bernhard war nicht sicher, ob es noch klappen würde. Der Geschäftsführer der sexualpädagogischen Fachstelle Liebesexundsoweiter musste im kommenden Jahr mit einem grossen Loch in der Kasse rechnen, weil die Stadt ihre Unterstützung von 80 000 Franken gestrichen hatte – ein Viertel des gesamten Budgets. Nun springt der Kanton in die Bresche. Die Zürcher Bildungsdirektion hat für die Jahre 2017 bis 2021 aus dem Lotteriefonds einen Beitrag gesprochen, der dem früheren Anteil der Stadt entspricht.
Kanton springt ein für die Stadt, Bild: zvg
Der Sex-Unterricht ist gerettet, Landbote, 22.12. von Manuel Frick
 
Bereits bis März ausgebucht
«Ich bin extrem erleichtert, dass der Bescheid noch rechtzeitig kam», sagt Bernhard. Das sexualpädagogische Angebot seines Vereins sei schon bis Ende März ausgebucht und ständig kämen neue Anfragen von Schulen. «Ohne den Beitrag des Kantons wäre es im 2017 schwierig geworden.» Stadtrat Nicolas Galladé (SP) begründete damals die Streichung der städtischen Beiträge damit, dass Prävention vor allem eine kantonale Aufgabe sei. Bernhard kann die Position der Stadt nachvollziehen: «Schliesslich empfiehlt die Bildungsdirektion unser Angebot den Schulen. Deshalb soll sie auch zur Finanzierung beitragen.» Auch persönlich – als Steuerzahler von Winterthur – verstehe er den Schritt der Stadt. Die Sexualpädagogen der Fachstelle besuchen nicht nur städtische Schulen, sondern auch viele in der Region Winterthur und darüber hinaus. «Die anderen Gemeinden zahlen schliesslich auch nichts.»

Ergänzung zur Sexualkunde
Das Angebot von Liebesexundsoweiter, früher Aids-Infostelle genannt, soll den sexualkundlichen Unterricht ergänzen und richtet sich an Schülerinnen und Schüler ab der fünften Primarklasse. Voraussetzung für den Besuch einer Klasse in der Volksschule sei es, dass die Lehrperson das Basiswissen rund um Sexualität vermittelt habe, sagt Bernhard. «Dabei tauchen häufig tausend Fragen auf.» Diese könnten die Jugendlichen aufschreiben und anonym in einer Art Briefkasten deponieren. Beim Besuch würden die Fragen dann in geschlechtergetrennten Klassen abgehandelt.

Von Verhütung bis zu Pornos

Primar- und Oberstufenschüler sind jedoch nicht das Hauptklientel der Fachstelle. Im Jahr 2015 besuchten die Sexualpädagogen nur 82 Volkschulklassen, während sie 274 Mal in Klassen einer Berufsfachschule oder eines Gymnasiums zu Gast waren. «Auf dieser Stufe bieten wir ein Update in Sachen sexueller Gesundheit an», sagt Bernhard. Behandelt würden Fragen von Verhütung und Krankheitsprävention über sexuelle Orientierung bis zu Schwangerschaftsabbruch und Pornografiekonsum. Viele Jugendliche seien vor der Lektion skeptisch. Nicht schon wieder Aids, heisse es oft. «Am Schluss fragen sie dann, ob wir nicht eine Stunde länger bleiben können.»

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