Martin Bernhard war
nicht sicher, ob es noch klappen würde. Der Geschäftsführer der
sexualpädagogischen Fachstelle Liebesexundsoweiter musste im kommenden Jahr mit
einem grossen Loch in der Kasse rechnen, weil die Stadt ihre Unterstützung von
80 000 Franken gestrichen hatte – ein Viertel des gesamten Budgets. Nun springt
der Kanton in die Bresche. Die Zürcher Bildungsdirektion hat für die Jahre 2017
bis 2021 aus dem Lotteriefonds einen Beitrag gesprochen, der dem früheren
Anteil der Stadt entspricht.
Kanton springt ein für die Stadt, Bild: zvg
Der Sex-Unterricht ist gerettet, Landbote, 22.12. von Manuel Frick
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Bereits bis März
ausgebucht
«Ich
bin extrem erleichtert, dass der Bescheid noch rechtzeitig kam», sagt Bernhard.
Das sexualpädagogische Angebot seines Vereins sei schon bis Ende März
ausgebucht und ständig kämen neue Anfragen von Schulen. «Ohne den Beitrag des
Kantons wäre es im 2017 schwierig geworden.» Stadtrat Nicolas Galladé (SP)
begründete damals die Streichung der städtischen Beiträge damit, dass Prävention
vor allem eine kantonale Aufgabe sei. Bernhard kann die Position der Stadt
nachvollziehen: «Schliesslich empfiehlt die Bildungsdirektion unser Angebot den
Schulen. Deshalb soll sie auch zur Finanzierung beitragen.» Auch persönlich –
als Steuerzahler von Winterthur – verstehe er den Schritt der Stadt. Die
Sexualpädagogen der Fachstelle besuchen nicht nur städtische Schulen, sondern
auch viele in der Region Winterthur und darüber hinaus. «Die anderen Gemeinden
zahlen schliesslich auch nichts.»
Ergänzung zur
Sexualkunde
Das
Angebot von Liebesexundsoweiter, früher Aids-Infostelle genannt, soll den
sexualkundlichen Unterricht ergänzen und richtet sich an Schülerinnen und
Schüler ab der fünften Primarklasse. Voraussetzung für den Besuch einer Klasse
in der Volksschule sei es, dass die Lehrperson das Basiswissen rund um
Sexualität vermittelt habe, sagt Bernhard. «Dabei tauchen häufig tausend Fragen
auf.» Diese könnten die Jugendlichen aufschreiben und anonym in einer Art
Briefkasten deponieren. Beim Besuch würden die Fragen dann in
geschlechtergetrennten Klassen abgehandelt.
Von Verhütung bis zu
Pornos
Primar-
und Oberstufenschüler sind jedoch nicht das Hauptklientel der Fachstelle. Im
Jahr 2015 besuchten die Sexualpädagogen nur 82 Volkschulklassen, während sie
274 Mal in Klassen einer Berufsfachschule oder eines Gymnasiums zu Gast waren.
«Auf dieser Stufe bieten wir ein Update in Sachen sexueller Gesundheit an»,
sagt Bernhard. Behandelt würden Fragen von Verhütung und Krankheitsprävention
über sexuelle Orientierung bis zu Schwangerschaftsabbruch und
Pornografiekonsum. Viele Jugendliche seien vor der Lektion skeptisch. Nicht
schon wieder Aids, heisse es oft. «Am Schluss fragen sie dann, ob wir nicht
eine Stunde länger bleiben können.»
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