Die Geschichte zieht
sich eine halbe Ewigkeit dahin. 2005 führte der Kanton Schaffhausen ein neues
Lohnsystem ein, um die bisher geschlechtsbedingte Lohndiskriminierung
aufzuheben. Dabei sollten auch die Kindergärtnerinnen davon profitieren. Doch
die Lohnrevision führte zu einer neuen, diesmal altersbedingten
Diskriminierung: Für jüngere Angestellte und Neueinsteigerinnen war eine
Lohnerhöhung von rund 1000 Franken monatlich vorgesehen, für die Älteren
hingegen nur knapp 400 Franken.
Die
Schaffhauser Regierung anerkannte zwar in einer Kantonsratsdebatte, dass es
sich beim Beruf der Kindergärtnerin um einen «typischen Frauenberuf» handle,
der «unterbezahlt» sei. Trotzdem fand sie die neue Ungleichheit in Ordnung,
weil – wohl aus finanziellen Gründen – die Beseitigung der Lohndiskriminierung
nicht «mit einem Schritt zu erreichen» sei.
Das Bundesgericht muss prüfen, ob Schaffhauser Kindergärtnerinnen diskriminiert werden, Bild: Keystone
Amt. bewilligt: Alt und diskriminiert, Tages Anzeiger, 21.12. von Michael Soukup
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Dies
wollten 24 Kindergärtnerinnen nicht akzeptieren. Sie waren über 50 Jahre alt
und übten ihren Beruf teils seit mehreren Jahrzehnten aus. 2011 verlangten sie
vom Erziehungsdepartement, dass ihr Lohn rückwirkend auf 2007 inklusive Zins
angehoben wird. Doch das Departement stellte nun fest, dass die Besoldung
rechtmässig sei und weder gegen die Verfassung noch gegen das
Gleichstellungsgesetz verstosse. Von der Beseitigung der «befristeten»
Lohndiskriminierung wollte man nichts mehr wissen. Einen Rekurs gegen den
Entscheid wies später der Regierungsrat ab. So landete der Lohnstreit beim
Obergericht des Kantons Schaffhausen.
Dabei
spielte die frühere regierungsrätliche Aussage vom «unterbezahlten Frauenberuf»
für die Erwägungen des Gerichts eine grosse Rolle. Anfang Dezember war die
Erleichterung und Genugtuung bei den Beschwerdeführerinnen gross: Das
Obergericht hatte eben die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gutgeheissen, wonach
ihre Löhne diskriminierungsfrei festgelegt
werden müssten. «Wir freuen uns sehr», sagte die mittlerweile pensionierte
Kindergärtnerin Doris Klinger den «Schaffhauser Nachrichten». Es habe so viel
Geduld und Ausdauer gebraucht, immer wieder Dämpfer gegeben, «aber ich habe die
Hoffnung nie aufgegeben.»
Einen
Betrag nannte das Obergericht nicht, zur Festlegung eines
diskriminierungsfreien Lohnes wurde die Sache an den Regierungsrat
zurückgewiesen. Rückwirkend auf zehn Jahre für alle 24 Kindergärtnerinnen geht
der Rechtsanwalt der Beschwerdeführerinnen, Jürg Tanner, maximal von einer
Gesamtforderung von rund 2 Millionen Franken aus. «Die finanziellen Folgen sind
also übersichtlich», sagt der Schaffhauser SP-Kantonsrat dem TA.
Lohn bis 115'000 Franken
– theoretisch
Der
Lohnbandlohn liegt für Kindergärtnerinnen aktuell zwischen 72'000 und 115'000
Franken jährlich. Effektiv verdiene aber laut Tanner niemand mehr als 100'000
Franken. «Im Gegensatz zu allen anderen Berufen schaffen es die
Kindergärtnerinnen nicht, in die oberen Bereiche des Lohnbandes zu kommen.»
Gegen
den Entscheid des Obergerichts kann die Regierung innert 30 Tagen beim
Bundesgericht Beschwerde erheben. Noch Anfang Dezember sagte Erziehungsdirektor
Christian Amsler (FDP) den «Schaffhauser Nachrichten», dass man das Urteil
ansehen würde. Und: «Rein vom Resultat her ist der Entscheid aber alles andere
als das, was sich die Regierung unter den Weihnachtsbaum gewünscht hat.»
Die
Kindergärtnerinnen hatten sich zu früh gefreut. Am Dienstag gab
die Regierung bekannt, dass man den Entscheid weiterziehen werde.
Nach Ansicht der Regierung erscheint die rechtliche Begründung des
Obergerichtsentscheids nicht überzeugend. In Anbetracht der ausserordentlich
grossen finanziellen Tragweite des Entscheids und der hohen Komplexität der
Umsetzung des Entscheids würden der Regierungsrat und das Erziehungsdepartement
eine Überprüfung des Obergerichtsentscheides durch das Bundesgericht als
notwendig erachten.
Für Regierung keine
diskriminierende Besoldung
Christian
Amsler wollte sich nicht dazu äussern, da der Gesamtregierungsrat dafür
zuständig sei. Staatsschreiber Stefan Bilger sagt dem TA: «Der Regierungsrat
ist nach wie vor der Auffassung, dass bei den Kindergärtnerinnen keine
diskriminierende Besoldung vorliegt.»
Tanner
erklärt sich das sture Festhalten der Regierung an ihrer Position mit dem
harten Sparkurs, der in linken Kreisen für Kritik sorgt. So erhielt etwa der
Schaffhauser Regierungsrat 2014 von der Juso Schweiz den Prix d’Austérité für
die «dümmsten und schwerwiegendsten» Sparideen im Bildungsbereich.
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