Man kann
nicht behaupten, dass die Öffentlichkeit die neusten Pisa-Ergebnisse mit
allergrösster Spannung erwartet hat. Zu konstant waren die Resultate der fünf
früheren Durchführungen für die Schweiz. Das Hauptproblem unseres
Bildungssystems bleibt die hohe Zahl von Schulabsolventen, die am Ende der
obligatorischen Schulzeit grundlegende Anforderungen nicht erfüllen. Das bleibt
die grosse Herausforderung.
Unschöner Zahlensalat, NZZ, 7.12. Kommentar von Walter Bernet
Trotzdem
haben die Pisa-Verantwortlichen der OECD jetzt für einen Coup gesorgt. Indem
sie eine Reihe von methodischen Veränderungen am Testverfahren vorgenommen
haben, stellen sie dessen Glaubwürdigkeit infrage. Es war der Anspruch der
OECD, ein Testsystem für 15-Jährige anzubieten, das an den zentralen
Kompetenzen Mathematik, Lesen und Naturwissenschaften langfristig die
Qualitätsentwicklung in den einzelnen Bildungssystemen bis in die Details
aufzeigt und die Ergebnisse international vergleichbar macht. Änderungen am
Testsystem schliesst dieser Anspruch aus.
Was
jetzt herausgekommen ist, stellt Bildungspolitiker und Bildungsforscher nicht
nur in der Schweiz vor Rätsel. Diverse Länder schneiden auffallend schlechter
ab. Plausibel erklären lässt sich das nur mit den methodischen Eingriffen. Dies
jedenfalls machen Bildungsforscher und Bildungspolitiker nicht nur in der
Schweiz geltend. Vergleiche, sowohl zwischen den Resultaten von 2012 und 2015
als auch zwischen den Ländern, seien mit grossen Fragezeichen behaftet, sagen
die Schweizer Verantwortlichen. Offenbar haben die Umstellung auf digitale Tests,
die Änderungen an der Skalierung und die anders zusammengesetzte Testgruppe –
mit wesentlich mehr Fremdsprachigen – schwer interpretierbare Auswirkungen auf
die Resultate.
Der
Zahlensalat ist also angerichtet. Wie lässt er sich verdauen? Man wird schwerlich
um das von der Erziehungsdirektorenkonferenz skizzierte Vorgehen herumkommen:
Zuerst müssen die Auswirkungen der Veränderungen auf die Resultate
wissenschaftlich analysiert werden, erst dann kann die politische Diskussion
folgen. Nur welche politische Diskussion? Haben jene recht, die
«Bildungsmonitoring» schon immer für ein Schimpfwort gehalten haben? Oder jene,
welche die intransparente und unzugängliche OECD als des Teufels erachten?
Stossend
ist tatsächlich, dass ausgerechnet mit der Einführung des harmonisierten
Lehrplans 21 die einzige internationale Testserie, die einen Vergleich von Vor-
und Nachher zuliesse, gravierende Zweifel an ihrer Zuverlässigkeit aufkommen
lässt. Und stossend ist, dass die OECD trotz Interventionen der Schweiz und
anderer Länder sich der Kritik und der wissenschaftlichen Auseinandersetzung
verschliesst. Ist deshalb die Forderung des nationalen Lehrerdachverbands
berechtigt, aus Pisa ganz auszusteigen und die Mittel in ein nationales
Bildungsmonitoring zu stecken? Übereilte Schlussfolgerungen sind fehl am Platz.
Zu viele Erkenntnisse hat man bisher aus den Pisa-Ergebnissen ziehen können, zu
wichtig ist es für die Schweiz, die Position ihres Bildungssystems im
internationalen Kontext verfolgen zu können. Die geplanten, an den eigenen
Lehrplänen orientierten nationalen Monitorings werden aber für die Steuerung
des Bildungssystems bedeutender und relativieren den Stellenwert von Pisa.
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