21. November 2016

Eine Schulklasse von 1950 erinnert sich

Sie gingen 1950 in die Sek im Zürcher Schulhaus Feldstrasse. Nun, da sie alle ihren 80. Geburtstag feiern, kommen sie wieder zusammen  - und tauschen wilde Erinnerungen aus.
Die Schulkameraden von einst (von links): Eugen Frei, Bruno Kammerer, Ursula Meier-Keller, Annemarie Schulthess-Blümel, Rita Brugger-Riegger, Anneli Lattmann-Bertschi, Robert Naef, René Bai, Silvia Baldessarini-Frank. Bild: Reto Oeschger
Als Prügel zur Schule gehörten, Tages Anzeiger, 21.11. von Beat Metzler und Thomas Wyss

Nach vielen Jahren haben Sie Ihr altes Sekschulhaus wieder betreten. Was kommt Ihnen in den Sinn?
Rita Brugger-Riegger: Etwas Unschönes: die Schulzahnklinik, die sich in der Mitte der beiden Turnhallen befand. «De Joggeli», wie sich der Zahnarzt selber nannte, riss einem die Weisheitszähne einfach so heraus, ohne Schmerzmittel. Das hat unglaublich wehgetan.
René Bai: De Joggeli machte alles ohne Betäubung, auch das Bohren. Sein Übername war Rossmetzger. Aber wir hatten keine Wahl, wir mussten dahin, obligatorisch, zweimal pro Jahr.
Anneli Lattmann-Bertschi: Ich erinnere mich an das Ritual des Pausenlaufens: In jeder Pause haben wir den kleinen Garten auf dem Schulhausplatz umrundet, die Buben in die eine, die Mädchen in die entgegengesetzte Richtung.
Und was tat man während dieses Pausenlaufens? 
Lattmann-Bertschi: Schwatzen. Damals gab es noch keine Handys oder elektronischen Spiele. Klar, ab und zu haben wir auch jemandem einen bösen Blick zugeworfen. Oder einen Buben angelächelt.
Wieso hat niemand etwas Aufregenderes gemacht – zum ­Beispiel Fussball gespielt?
Robert Naef: Tschutte war verboten! Wie das meiste andere auch. Das Springseil war erlaubt, aber mehr nicht.
Annemarie Schulthess-Blümel: Man durfte auch das Schulareal nicht verlassen, sonst wurde man bestraft.
Bai: Was uns Revoluzzer nicht davon abhielt, heimlich in der Bäckeranlage zu rauchen (allgemeines Gelächter).
Rauchen war bei Jugendlichen damals in Mode?
Bai: Nicht bei allen. Und die meisten rauchten Nielen, weil die nichts kosteten. Ich aber paffte Zigaretten, jeden Morgen klaute ich ein paar Zigis aus dem Päckli meiner Mutter. Darum ging ich auch mit dem Velo zur Schule, so konnte ich auf dem Weg eine schloten.
Naef: Ich hatte verschiedene Nebenjobs. Mit dem Geld kaufte ich jeweils Zigaretten, drei für zehn Rappen. Am Sonntag, nach dem Konfirmandenunterricht beim St. Jakob, gingen wir in den Bahngraben, wo wir eine Hütte gebaut hatten. Dort haben wir geraucht.
Bai: Woran ich mich weiter erinnere, ist mein Erstaunen am ersten Schultag, als da kein alter Lehrer, sondern eine junge Frau vor der Wandtafel stand. Ein ziemlicher Schreck. (lacht)
Silvia Baldessarini-Frank: Frau Oberholzer. Sie war die erste Seklehrerin der ganzen Stadt Zürich. Aber weil sie schwanger war, blieb sie nur wenige Wochen, dann wurde sie durch eine Verweserin abgelöst; so nannte man die Aushilfen. Das war Fräulein Bell, sehr jung, nur wenige Jahre älter als wir.
Bai: Was Edi Haindl schamlos ausnutzte. Er rief zum Beispiel: «Sie, Fräulein Bell!», und als sie fragte: «Ja, Edi?», sagte er: «Wieso haben Sie so Püggeli im Gesicht?» (allgemeines Gelächter)
Durfte man derart frech werden zu den Lehrern?
Bai: Bei den Schwächeren schon. Die kamen richtig unter die Räder. Manche Schüler brüllten in den Unterricht hinein, warfen Turnschuhe nach vorne. Ein Lehrer wechselte einmal zu uns, weil ihn die Schüler in Altstetten fertiggemacht hatten. Als er im Feld anfing, wussten hier alle, dass er sich in Altstetten unter dem Brünneli hatte verstecken müssen. Und so erging es ihm auch bei uns schlecht. Zum Glück für ihn unterrichtete auch seine Frau im Feld, das war so eine Kleine, Resolute. Wenn es nicht mehr ging, rief er sie ins Klassenzimmer. Sie ging herum, verteilte reihenweise Kopfnüsse. Danach war Ruhe.
Die Lehrer schlugen tatsächlich zu?
Bai: Oh ja, vor allem der Turnlehrer Maurer hat uns oft verklopft.
Naef: Beim Hochfangis hat der mir mal eine runtergewaschen, das habe ich nie mehr vergessen. Und das nur, weil ich nicht wirklich den Baum hochkam, so hat er mich erwischt.
Baldessarini-Frank: Uns Mädchen hat er an den Haaren gerissen.
Bruno Kammerer: Er war ein bulliger Typ, mit Stiernacken. Lehrer, die Schiss vor uns hatten, holten immer den Maurer. Einmal sagte ihm Pfarrer Hitz, er solle mich bestrafen, weil ich mich als Atheist weigerte, in den Religionsunterricht zu gehen. Maurer prügelte mich, der Pfarrer schaute zu. Derselbe Maurer hat mich aber auch einmal eingespannt, als er mit seiner Frau Zoff hatte. Er dispensierte mich heimlich vom Turnen und sagte: «Da hast du fünf Stutz, Bruno, bring meiner Frau einen schönen Strauss.» Eigentlich mochten wir uns.
Bai: Auch der Französischlehrer Gassmann war ein Sadist. Der sagte jeweils zu mir: «Aha, du hast gespickt, das ist schlau.» Dann musste ich das Fenster öffnen, er riss mein Heft entzwei, warf es hinaus und sagte, gemein lächelnd: «Morgen hast du ein neues Heft, gell.» Um dem Französisch zu entgehen, täuschte ich oft Zahnschmerzen vor und flüchtete in die Schulzahnklinik. Lieber zum Joggeli als zum Gassmann.
Kam es auch zu Prügeleien unter den Schülern?
Kammerer: Als Edi Haindl – er ist heuer verstorben – und ich übel Puff hatten, verabredeten wir uns in einer Pause zum Faustkampf in der Bäcki. Die ganze Klasse feuerte uns an. Mit der Folge, dass alle am folgenden Mittwochnachmittag strafeshalber in die Schule mussten.
Bai: Im Feld gab es auch das Ritual, dass die Zweitsekschüler die Neulinge aus der ersten Sek mödelten.
Mödelten?
Bai: Dabei wurde man von drei kräftigen Buben bäuchlings auf ein Bänkli gelegt, die malträtierten dann mit ihren Fäusten den Hintern und die Beine. Mödele eben. (allgemeines Gelächter)
Naef: Mir hat der Hintern noch Tage danach wehgetan.
Bai: Damals gab es auch diese Bubenkriege, zum Beispiel die Hohlsträssler gegen die Badenersträssler. Einer meiner Freunde wohnte quasi im Feindesland, ich musste immer sehr vorsichtig sein, wenn ich ihn abholte. Einmal trafen sich die beiden Gruppen beim Letzigraben, um sich zu prügeln. Manche hatten Besenstiele bei sich, mit Nägeln drin. Es floss nur deshalb kein Blut, weil die beiden Anführer beschlossen, nur zu zweit gegeneinander anzutreten.
Und die Polizei?
Bai: Der war das egal. Solange niemand starb. Es gab ja einen Ehrenkodex: Wenn jemand am Boden lag, liess man ihn in Ruhe. Man hatte ja gewonnen.
Kammerer: Wenn einer mal ein Loch im Kopf hatte, war das nicht so tragisch.
Welche Dinge waren verboten, die heute selbstverständlich scheinen?
Ursula Meier-Keller: Tram fahren zum Beispiel. Ich wohnte in Altstetten, musste aber ins Vieri in die Sek. Dabei durfte ich nur zweimal das Tram nehmen, sonst musste ich laufen. Dank René, der auch von Altstetten kam, konnte ich aber doch viermal ins Tram sitzen. Er fuhr immer mit dem Velo und gab er mir netterweise sein Billett. Allerdings musste ich aufpassen. Die Kondukteure waren oft eingeweiht. Wen sie erwischten, warfen sie aus dem Tram.
Kammerer: Für uns Kreis-4-Buben war es verboten, mit dem Velo zu kommen – wenn der Abwart einen mit dem Göppel erwischte, liess er die Luft raus oder sperrte das Velo in den Schopf.
Lattmann-Bertschi: Du, Bruno, daran erinnere ich mich gut, erschienst einmal mit einem farbigen Hemd, das du über den Hosen trugst. Lehrerin Oberholzer sagte: «Du stopfst das Hemd jetzt sofort in die Hose, oder du gehst nach Hause.»
Kammerer: Das Hemd hatte mir mein Vater aus Italien mitgebracht. Und weil ich mich als Existenzialisten verstand, trug ich es aus der Hose raus. Als man mich nach Hause schickte, blieb ich den ganzen Tag dort, das war meine Konsequenz. Dass der Vorfall keine Folgen hatte, lag am Schulvorstand Hübscher. Er war ein Linkssozialist wie mein Vater. Sie regelten das parteiintern.
Eugen Frei: Wobei sich Bruno oft extravagant angezogen hat. Zu den farbigen Hemden trug er eine kurze Hose, weisse Socken und Zoggeli.
Brugger-Riegger: Er war einfach modern, im Gegensatz zu uns anderen, wir kleideten uns eher brav und farblos.
Kammerer: Ein paar Tage später kam Lehrer Hümbelin zu mir, der war Präsident der Gesellschaft Schweiz - Sowjetunion. Er fragte: «Du weisst schon, wer das Hemd aus den Hosen trägt?» Ich: «Ja, Duke Ellington.» Wie viele Linke hörte und spielte ich in der Freizeit Jazz, aber nur den schwarzen, Ellington und Konsorten. Er stutzte kurz, dann sagte er: «Aber das sind doch Amerikaner, Bruno – und das sind nicht unsere Freunde.» Hümbelin war Kommunist, wie mein Vater, aber er gehörte zu den Orthodoxen, derweil ich aus der weltoffenen Fraktion des Café-Boys stammte.
Sind Sie alle in linken Elternhäusern aufgewachsen?
Bai: Wirklich links erzogen wurden nur Bruno und ich. Meine Eltern waren Kommunisten. Ihre Partei, die PDA, war verboten damals. Drei- oder viermal klingelte die Polizei bei uns, immer morgens um sechs. Razzia. Ich musste dann die Flugblätter des Vaters in den Hof werfen, bevor sie in die Wohnung kamen. Die Polizei hat nie etwas gefunden.
Kammerer: Man wusste genau, wer aus einer politischen Familie kam und wer nicht. Der Vater von Johnny Hilfiker zum Beispiel war Landesring-Gemeinderat. Auch der Zweite Weltkrieg hat viele früh politisiert. Ich habe mir als Kind immer wieder vorgestellt, wie die Nazis im Sihlfeld einmarschierten. Man kannte auch die heimlichen Nazis im Viertel.
Dann war der Kreis 4 gar nicht so rot, wie man immer meinte?
Kammerer: Doch, doch. Kaum jemand bekam hier einen Posten, wenn er nicht SP-Mitglied war. Mit dem Abwart des Feldschulhauses verband mich als Schüler eine Intimfeindschaft. Er gab mir an allem Schuld, was kaputtging. Später, als 20-Jähriger, trat ich in die SP ein. Und wer hockte mir an der ersten Versammlung gegenüber? Genau, der Abwart.
Hatte es viele ausländische Schülerinnen und Schüler in Ihrer Klasse?
Baldessarini-Frank: Nicht so viele, wie es in heutigen Klassen hat. Vorhin habe ich auf dem Pausenplatz all die jungen Menschen gesehen, die aus ganz vielen verschiedenen Nationen stammen. Das war vor 66 Jahren anders.
Brugger-Riegger: Ariano Lucchi, ein Junge aus Cesena, war erstaunlicherweise der einzige Ausländer bei uns. Im Quartier gab es aber schon viele italienische Gastarbeiterfamilien, die gehörten hier richtig dazu.
Bai: Ich hatte einen italienischen Kollegen, Renato. Meine Hausaufgaben machte ich oft in der Beiz seiner Eltern. Alle sassen sie kurz an unserem Tisch, Vater, Onkel, Tanten. Das war toll. Und die Mutter backte immer «Tschinggeli».
Alle durcheinander: Ach ja, «Tschinggeli», die sahen aus wie ein Kreuz, zwei Semmeli übereinander, uhuere guet!
Hiessen die so, weil man den Italienern Tschinggen sagte?
Naef: Klar. Es gab die Tschinggenkirche, das Tschinggendörfli. Das meinte man nicht abschätzig.
Lattmann-Bertschi: Wir hatten auch jüdische Mädchen in der Klasse. Am Samstagmorgen holte immer jemand von uns ein solches Mädchen ab, um ihm die Schulmappe zu tragen. Wegen des Sabbats durfte es dies nicht selber machen.
Kammerer: Das lief nur bei den Orthodoxen so. Es gab verschiedenste jüdische Mitschüler, Edi Haindls Vater zum Beispiel war sozialistischer Kantonsrat.
Wie machten sich die sozialen ­Abstufungen bemerkbar? Sie waren ja nicht ausnahmslos Büezerkinder. 
Meier-Keller: Es gab schon deutliche Unterschiede.
Rita Brugger-Riegger: Mein Vater hatte eine Schlosserei, aber reich waren wir nicht. Wir hatten eine schöne Wohnung, im Haus, wo heute das Café Bank drinnen ist, fünf Zimmer, 300 Franken Miete im Monat, was damals viel war. Aber während des Krieges musste meine Mutter zwei Zimmer vermieten, weil der Vater Aktivdienst machte.
Naef: Es gab ein paar Reichere. Eugen Ringgers Vater führte ein Mineralwasssergeschäft. Eugen hatte Sackgeld und schöne Kleider. Bei uns lag das nicht drin. Mein Vater war Schneider.
Kammerer: Neben Ringger gab es auch das Gegenteil. Heidi Fuchs zum Beispiel, die hatte eine alleinerziehende Mutter, sie wohnte im Erismannhof. Das war das Ghetto der Ärmsten, von denen kam kaum einer in die Sek.
Brugger-Riegger: Wir besuchten sie einmal. Sie wohnten in ganz kleinen Zimmern, die Wände aus dunklem Holz, im Keller unten gab es eine einzige Badewanne für das ganze Haus.
Kammerer: Vänteleburg nannte man den Erismannhof, also Wanzenburg, weil die Leute dort angeblich Wanzen hatten, obwohl es nicht stimmte. Viele Mädchen im Erismannhof hatten mit 16 Jahren das erste Kind. Ich wollte einmal eine von ihnen als Schätzchen haben. Die Erismannhof-Buben sagten: Lass die Finger davon, sonst schlagen wir dich zusammen. Das war eine Mafia.
Brugger-Riegger: Viele Häuser hatten damals nur eine Badewanne im Keller. Und während des Krieges durfte man kein Gas brauchen, deshalb gingen wir zum Baden immer ins Volkshaus.
Wie viel Sackgeld hatten Sie?
Kammerer: Kaum jemand bekam welches. Fast alle haben neben der Schule irgendetwas gearbeitet, das gab Batzen.
Naef: Wenn ich in einer Woche zehn Franken verdiente, musste ich neun davon den Eltern abgeben. Also habe ich zu Hause meine Einnahmen verheimlicht, so gut es ging.
Brugger-Riegger: Ich musste für meinen Vater mit dem Velo Rechnungen austragen. Das kam ihn billiger, als sie auf die Post zu tun.
Was machten Sie in der Freizeit?
Kammerer: Der schwarze Jazz aus New Orleans war extrem wichtig. Wir linken Buben fühlten uns mit diesen Musikern solidarisch verbunden. Wir hatten auch eine Band mit Instrumenten von der Heilsarmee, und man konnte in vielen Arbeiterrestaurants gratis üben.
Brugger-Riegger: Silvia und ich gingen immer in die Stadt, go liftle, also mit Paternoster-Liften fahren. Die Mutigen sind nicht ausgestiegen und liessen sich obendurch tragen.
Baldessarini-Frank: Manchmal gingen wir in den Seidenhof etwas trinken. Dort haben wir immer betrogen.
Brugger-Riegger: Die Rechnung kam von Hand geschrieben, wir schlichen dann aufs WC, radierten die Schrift aus und schrieben etwas Billigeres drauf. Das lief ein paar Mal gut. Dann merkten sie, dass es die falsche Schrift war. Als Pfand musste ich meine Armbanduhr abgeben, die ich von der Konfirmation hatte. Erst als ich das geschuldete Geld zurückbrachte, bekam ich sie zurück. Die Mutter merkte es zum Glück nicht.
Baldessarini-Frank: Das war wahnsinnig. Ich denke noch heute daran, wenn ich am Seidenhof vorbeigehe.
Kammerer: Wir haben auch Velorennen organisiert. Aus dem Kreis 4 kamen die Velorennfahrer, Hugo Koblet ist gleich neben mir aufgewachsen. Wir fuhren alle Velo, immer zur Rennbahn Oerlikon, den Rosengarten hinauf, Ehrensache, dass man nicht aus dem Sattel stieg. Für unsere Velorennen brauchten wir einen Preis. Also stahlen wir im Keller vom Café Derby, das sich im gleichen Haus befand, Coca-Cola-Flaschen. Irgendwann erwischte uns die Polizei beim Klauen. Der Chef auf dem Posten Bullingerhof, so ein dicker Tschugger, sah uns lange an, dann schickte er uns arbeiten, um das Geld zurückzahlen. Eine Anzeige gab es nicht. Man regelte das unter der Hand. Heute wären wir bei der Jugendanwaltschaft gelandet.
Wie kam man als Kreis-4-Kind im Rest der Stadt an?
Baldessarini-Frank: Man galt als minderwertig. Das spürte ich. Mir geht diese Abwertung bis heute nahe, wenn mich die Leute fragen, wo ich in die Schule gegangen bin. Ich muss mich immer noch überwinden, die Wahrheit zu sagen.
Frei: Meine Mutter war zu alledem noch alleinerziehend. Das war dann die unterste aller möglichen Schubladen.
Naef: Ich fand, dass ich eine gute Jugend hatte. Wir sagten immer: Wir haben es schöner als die Reichen vom Kreis 6. Die müssen sich immer anziehen, als ob Sonntag ist.
Schulthess-Blümel: Und an der ersten Klassenzusammenkunft merkte man: Alle haben etwas aus sich gemacht.
Lattmann-Bertschi: Lehrer Maurer, der Prügler, kam einmal an eine Klassenzusammenkunft. Er sagte: Ein Kollege aus dem Kreis 7 erzähle ihm oft von den Problemen, die seine früheren Schüler hätten, Drogen und so. Der Maurer habe dann gesagt: Aus allen meinen Schülern ist etwas Rechtes geworden.
Kammerer: Mein Vater wollte, dass ich ans Gymnasium ging. Er schrieb meinem Lehrer einen Brief. Dieser antwortete, das sei eine schlechte Idee, Kreis-4-Kinder hätten am Gymnasium nichts verloren. Ich war allerdings stolz auf den Kreis 4. Für mich waren die vom Zürichberg weiche, dekadente Siechen. Wir hatten unsere Bäckeranlage. Und an der Langstrasse gabs vier Kinos, wo man uns hineinliess, obwohl wir zu jung waren.
Bai: Oft schlichen wir uns dort während der Pause hinein.
Ein Handy fiepst. Hans-Jörg «Johnny» Hilfiker, der in Spanien lebt, hat Rita Brugger-Riegger eine Sprachnachricht geschickt. Sie spielt diese laut vor:
Johnny Hilfiker (aus dem Smartphone): Sali mitenand. Ich sitze hier in Spanien und wäre so gerne bei euch. Wir sind eine super Bande gewesen. Obwohl wir nicht reich waren, hatten wir eine tolle Jugend und kamen wunderbar durchs Leben. (Applaus von allen Seiten)




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