25. November 2016

"Bottom up" statt "Top down" beim Lehrplan 21

Die Solothurner Regierung empfiehlt eine Ablehnung der Volksinitiative «Ja zu einer guten Volksschule ohne Lehrplan 21». Das ruft die Initianten auf den Plan.
Initianten der Volksinitiative: "Der Lehrplan 21 ist eine schreckliche Vision von Schule und Bildung", Solothurner Zeitung, 25.11. von Elisabeth Seifert


Es ist ein Horrorszenario, das die Urheber der Volksinitiative «Ja zu einer guten Volksschule ohne Lehrplan 21» für die Zukunft der Volksschulbildung in der Schweiz entwickeln. Der neue Lehrplan sei eine «schreckliche Vision von Schule und Bildung», schreibt das Solothurner Initiativkomitee in einer Mitteilung.
Statt der Schüler-Lehrer-Beziehung würden künftig «Wikipedia, Google und Youtube» den Unterricht bestimmen. Der Lehrplan 21 werde der Schule schaden und einen «Bildungsabbau» mit sich bringen. Mit dem Aufbau des Lehrplans in der Form von Kompetenzen sei ein Konzept eingebaut worden, das in angelsächsischen Ländern gescheitert sei.
Es ist grobes Geschütz, das die Lehrplan-Gegner hier auffahren. Sie reagieren damit auf die Empfehlung der Regierung von Anfang dieser Woche, die Volksinitiative gegen den Lehrplan 21 abzulehnen. Wie praktisch alle deutsch- und zweisprachigen Kantone hat auch Solothurn beschlossen, den Lehrplan umzusetzen.
In Solothurn ist dies ab August 2018 geplant. Gegen die Einführungsbeschlüsse der Bildungsverwaltungen sind eine Reihe kantonaler Volksinitiativen lanciert worden. Zur Abstimmung kommen wird das Volksbegehren im Kanton Solothurn am 21. Mai 2017. Getragen wird die Initiative von SVP, GLP und EVP. Dem Initiativkomitee gehören zudem einzelne Vertreter der CVP an.
Kampf gegen Zentralismus
Neben einer Reihe von Schlagworten, die kein gutes Haar am Lehrplan 21 lassen, gehen die Initianten mit den einzelnen Standpunkten der Regierung hart ins Gericht. So sei es etwa keinesfalls wahr, dass im Fall einer Annahme der Initiative unter grossem Aufwand ein eigener Lehrplan erarbeitet werden müsse. «Die Initiative will keine radikalen Neuerungen, sondern im Gegenteil bewährte Eckwerte des bestehenden Lehrplans im Gesetz verankern.»
Auch für die Initianten ist aber klar, dass der aktuelle Solothurner Lehrplan, der in den 80er-Jahren entstanden ist, überarbeitet werden muss. Die Annahme der Initiative würde gemäss den Initianten aber die Möglichkeit ergeben, den bestehenden Lehrplan «Bottom-up» weiter zu entwickeln, statt den «zentralistischen, planwirtschaftlichen» Lehrplan 21 «Top-down» einzuführen.
Ob ein völlig neuer oder ein weiterentwickelter Solothurner Lehrplan: Der Kanton Solothurn wäre mit der Annahme der Volksinitiative gegen den Lehrplan 21 auf sich selbst zurückgeworfen. In seiner Mitteilung geht das Initiativkomitee mit keinem Wort darauf ein, wie die Forderung nach einem harmonisierten Deutschschweizer Lehrplan umgesetzt werden soll.
Die Solothurnerinnen und Solothurner haben sich zweimal für eine Harmonisierung der Strukturen und Bildungsziele ausgesprochen. Im Jahr 2006 mit der Zustimmung zum Bildungsrahmenartikel in der Bundesverfassung und 2010 mit dem Beitritt zum Harmos-Konkordat, das explizit die Erarbeitung sprachregional harmonisierter Lehrpläne fordert.
Statt sich selbst für die Erfüllung des Volkswillens einzusetzen, machen die Initianten dem Lehrplan 21 zum Vorwurf, dass dieser, anders als von der Regierung behauptet, «keine Harmonisierung» bringe. Das grösste Hindernis für den Umzug seien die Frühfremdsprachen. Die Initianten sprechen hier die Tatsache an, dass die Kantone entweder mit Französisch oder Englisch in der dritten Klasse beginnen.
Falsch sei schliesslich, so das Initiativkomitee, dass eine Annahme der Initiative den Anschluss an die Berufswelt erschwere. Das Gegenteil sei vielmehr der Fall. Sie befürchten, dass der auf Kompetenzen aufgebaute Lehrplan 21 dazu führen könnte, dass die Schweiz an Berufsweltmeisterschaften künftig nicht mehr regelmässig Spitzenplätze erzielt.


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