SVP-Parteipräsident Albert Rösti erwartet demnächst Besuch aus St.
Gallen. SVP-Bildungsdirektor Stefan Kölliker will mit Rösti und anderen
Mitgliedern der Parteileitung die offizielle Position der SVP Schweiz in
Schulfragen diskutieren, wie er sagt. Grund für den Besuch, den er diese Woche
im «St. Galler Tagblatt» ankündigte, ist das deutliche Nein in der Abstimmung
vom letzten Sonntag in seinem Kanton zum Austritt aus dem Harmos-Konkordat.
SVP: Opposition bei Schulfragen bröckelt, NZZaS, 2.10. von René Donzé
«Es würde Ruhe in die Schule bringen, wenn die Generalopposition gegen
Harmos, gegen den Lehrplan 21 und gegen zwei Fremdsprachen an der Primarschule
hinterfragt und allenfalls aufgegeben würde», sagt Kölliker. Er ist nicht der
einzige SVP-Bildungsdirektor, der sich an der Obstruktionspolitik der Partei
stört. Rösti will sich vor der Aussprache nicht inhaltlich zu Köllikers
Forderung äussern, zeigt sich aber offen für eine Diskussion.
Das sind neue Töne aus jener Partei, die heftige Opposition in diesem
Dossier betrieben hat. Angetrieben von Silvia Blocher, hatte die SVP Schulpolitik
zur Priorität erklärt und mit Ulrich Schlüer einen Mann zum Bildungschef
ernannt, der gerne mit dem Zweihänder argumentiert. 2014 hatte die Partei noch
unter Toni Brunner den Übungsabbruch beim Lehrplan 21 verlangt. Und Anfang 2015
schrieben die Delegierten den Kampf gegen den Lehrplan 21 ins Parteiprogramm.
Doch seither kam nicht mehr viel Schulpolitisches von der SVP Schweiz.
Der Kampf wird, wenn überhaupt, noch auf kantonaler Ebene ausgetragen. Das hat
mehrere Gründe. Erstens haben sich die Prioritäten der nationalen Partei
verändert. «Andere für das Land sehr drängende Probleme verlangen nun unseren
vollen Einsatz», sagt Schlüer. Zuoberst auf der Liste stehen der Kampf gegen
ein Rahmenabkommen mit der EU, die Einwanderungsfrage und die Initiative
«Schweizer Recht statt fremde Richter». «Mein bildungspolitisches Engagement
muss zwangsläufig zurückstehen», sagt Schlüer.
Zweitens sind es personelle Gründe: Die SVP-Fraktion im Bundeshaus hat
mit Ulrich Schlüer und Oskar Freysinger die beiden lautesten Schulkritiker
verloren. Und seit Schlüer das Dossier abgegeben hat, sind die Zuständigkeiten
nicht mehr klar. Die Parteileitung geht davon aus, die beiden Nationalräte
Peter Keller (Nidwalden) und Felix Müri (Luzern) hätten den Lead. Andere
wiederum sagen, es sei die Thurgauer Nationalrätin Verena Herzog zuständig, die
dort gegen das Frühfranzösisch kämpft.
Drittens ist die Partei viel stärker in die massgebenden Gremien
eingebunden. In der von der SVP früher oft kritisierten
Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) sitzen sechs SVP-Bildungsdirektoren. «Die
SVP fühlt sich nicht mehr so ausgeschlossen aus der Bildungspolitik, seit wir
in der EDK gut vertreten sind», sagt der Zuger Bildungsdirektor Stephan
Schleiss. «Die Partei muss dabei auch Verantwortung mittragen.» Das Verständnis
der Partei für die Positionen der EDK sei gewachsen, sagen mehrere
SVP-Bildungsdirektoren. Umgekehrt habe die Partei nun vermehrt direkten
Einfluss auf die EDK.
Auch in der Bildungskommission des Nationalrats ist die SVP besser integriert.
So sitzt dort der Parteipräsident selber, und mit Felix Müri stellt die Partei
den Kommissionspräsidenten. Er ist ein gemässigter SVP-Mann, der auch Sätze
sagt wie: «Eine gewisse Schul-Harmonisierung ist nötig.» Und: «Es dürfen auch
durchaus zwei Fremdsprachen an der Primarschule sein.» Im Vordergrund stehe,
dass die Kantone die Bildungshoheit behielten. Etwa wenn es darum geht, eine
Bundesintervention in der Sprachenfrage abzuwenden. «Ich suche nicht
Konfrontation, sondern Lösungen», sagt Müri. Damit liegt er auf derselben Linie
wie der St. Galler Bildungsdirektor Kölliker. Die Ausgangslage für ein
fruchtbares Gespräch scheint so gut wie schon lange nicht mehr zu sein.
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