Die iPads an der
Sekundarschule in Aadorf sind ein heisses Eisen. Seit Beginn des neuen
Schuljahrs besitzt jeder der 300 Schüler ein Tablet für den Unterricht und
nimmt es danach mit nach Hause (siehe Kasten). Laut Aussage zweier Mütter
ärgern sich etwa 20 Eltern über die stete Präsenz des Geräts am Familientisch.
Ihr Vorwurf: Die Schule entziehe sich der Verantwortung für die Tablets, es
gebe keine klaren Regeln für den Gebrauch nach Ende der Schule, die Kinder
müssten stets erreichbar sein (siehe «Landbote» vom 13. September).
Nach 18 Uhr keine Lehrermails mehr, Bild: Keystone
Zwei Sekundarschulen und ihre Handhabung der iPads, Landbote, 31.10. von Jonas Gabrieli
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Nun
hat die Schulleitung reagiert und eine Liste mit «Ergänzungen im Umgang mit dem
iPad» an die Eltern verteilt. Der Inhalt: keine Lehrer-Mails nach 18 Uhr, keine
Game- oder Social-Media-Apps auf dem Schul-iPad, keine unerlaubten Fotos, keine
Benützung in den Pausen und «idealerweise» sollten alle Aufträge bis 21 Uhr
erledigt sein. Welche Konsequenzen die Schüler bei einem Verstoss fürchten
müssen und wie oft die Geräte kontrolliert werden, bleibt unklar. Die
Kritiker/-innen sagen, dass es kaum aktive Kontrollen gebe. «Ausserdem wissen
die Jugendlichen wahrscheinlich besser als die Lehrpersonen, wie sie ihre
Spuren verwischen oder löschen können», sagt eine Mutter. Schulpräsident Martin
Köstli widerspricht: «Wir werden auch in Zukunft Kontrollen durchführen und
auftauchende Probleme zusammen mit den Betroffenen lösen.» Dazu werde die
Schule weiterhin mit Schülern und Eltern in Kontakt treten und Hinweise und
Fragen ernst nehmen. Ein Informationsabend für die Eltern ist jedoch weiterhin
nicht geplant.
Seit vier Jahren iPads
Aadorf
ist nicht die erste Schule mit iPads. Bereits seit mehreren Jahren rüsten die
Sekundarschulen in Elsau und Andelfingen ihre Klassen mit Tablets aus. Diese
Woche verteilte die Sekundarschule Andelfingen bereits zum vierten Mal Tablets.
Es begann 2012, als die Schule ein Pilotprojekt mit einer Klasse startete. «Im
Wissen, dass es auch scheitern könnte», sagt Thomas Staub, der das Projekt in
Andelfingen leitet und Praxisdozent an der Pädagogischen Hochschule Zürich ist.
Ausserdem berät er die Sekundarschule in Elsau beim iPad-Projekt. «Wenn die
Tablets nicht in eine Vision eingebettet sind, wenn nicht alle involvierten
Personen eingeführt werden, dann scheitert ein solches Projekt», sagt Staub.
Während
des einjährigen Pilotprojekts wanderten die Tablets quartalsweise von Klasse zu
Klasse. Danach entschied sich die Schulleitung, das Projekt auf den Jahrgang
2013/14 anzuwenden. Anders als in Aadorf werden die iPads jeweils erst nach den
Herbst- statt nach den Sommerferien an die Schüler ausgehändigt. «Die Jugendlichen
sollen zuerst einmal an der Schule ankommen und mit den neuen Abläufen vertraut
werden», sagt Staub.
Er
legt sehr viel Wert darauf, die Eltern von Anfang an mit einzubeziehen. «Ein,
zwei Wochen nachdem wir die iPads verteilt und erklärt haben, laden wir die
Väter und Mütter zu einem Informationsabend ein. Die Schüler zeigen dann den
Eltern, was sie in den ersten Tagen mit dem Tablet gelernt haben», sagt Staub.
Die Kinder leiten die Workshops, die Eltern sind in der Schülerrolle. Laut
Schulleiter Hermann Wyss probieren die Eltern im Anschluss das Tablet selber
aus und stellen am Ende des Abends Fragen. «Viele sind beeindruckt, was ihr
Kind in wenigen Wochen gelernt hat», sagt Wyss. Staub betont, dass es auch an
der Sekundarschule Andelfingen kritische Stimmen gebe: «Wir versuchen gerade
deshalb die Eltern von Anfang an mit ins Boot zu holen.»
Apps runterladen
verboten
Für
Staub liegt «der Leitmedienwechsel in der Luft». Die Lebenswelt von
Jugendlichen sei heute massiv geprägt von diesen Geräten. «Wir haben die
Aufgabe, den Schülern zu zeigen, dass dies nicht nur Spielzeuge, sondern auch
Werkzeuge sind», sagt Staub. In Andelfingen ist das Runterladen von jeglichen
Apps deshalb verboten, bei Übertretungen wird das Gespräch mit den betroffenen
Schülerinnen und Schülern gesucht.
Bezüglich
Konsequenzen gesteht Staub jedoch eine gewisse Hilflosigkeit ein. «Man kann
einem Jugendlichen das Gerät nicht für immer wegnehmen, wenn er eigentlich
damit arbeiten muss.» Damit schneide man sich letzten Endes ins eigene Fleisch.
Die Stichkontrollen lägen im Ermessen der Lehrpersonen. «Bald haben wir dafür
auch eine technische Lösung, mit der die Lehrerinnen und Lehrer von ihrem Gerät
aus sehen, was jeder einzelne Jugendliche auf seinem Tablet gerade macht», sagt
Staub. Dies sei von einigen Lehrpersonen gewünscht worden. «Denn es gibt
Jugendliche, die sich durchaus ablenken lassen und die man enger führen,
genauer kontrollieren muss», sagt Staub. Wenn er sich jedoch an seine Zeit am
Gymnasium erinnere, kämen ihm vor allem viele vollgezeichnete Hefte in den
Sinn. «Schüler in dieser Lebensphase sind noch nie wahnsinnig aufmerksam
gewesen», relativiert er.
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