Thurgauer Handarbeits- und Hauswirtschaftslehrerinnen, die noch an einem Seminar ausgebildet wurden, verdienen weniger als ihre jüngeren Kolleginnen mit PH-Ausbildung. Doch damit ist bald Schluss.
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, St. Galler Tagblatt, 5.10. von Larissa Flammer
Einen «grossen Erfolg» nennt es Bildung Thurgau, die Berufsorganisation
der Lehrerinnen und Lehrer des Kantons. Ab dem 1. Januar 2017 gibt es mehr
Lohn. Nutzniesser sind die etwa 330 Handarbeits- und
Hauswirtschaftslehrerinnen, die ihr Fachdiplom noch im Seminar gemacht haben.
Bisher verdienen diese gegenüber ihren jüngeren Fachkollegen, die ihr Diplom an
der Pädagogischen Hochschule (PH) gemacht haben, deutlich weniger. Bei einem
100-Prozent-Pensum macht der Unterschied auf Primarstufe bis zu 10 000 Franken
pro Jahr aus, wie Roberto Tropea vom Amt für Volksschule mitteilt. Auf
Sekundarstufe sind es bis zu 8300 Franken. Und das, obwohl die älteren Lehrer
den jüngeren oft als Mentoren zur Seite stehen.
Bildung Thurgau und seine Präsidentin Anne Varenne haben jahrelang für
diese Gleichstellung gekämpft. Stufenlehrpersonen mit einem altrechtlichen
Diplom seien den an der PH ausgebildeten Kollegen schon lange gleichgestellt.
Wieso das bei den Fachlehrern für Textilarbeit/Werken und Hauswirtschaft bisher
nicht der Fall war, hat Anne Varenne nicht herausgefunden. «Der einzige
<Fehler> ist, dass die altrechtliche Lehrperson zu früh geboren wurde und
ihre Ausbildung nicht an einer Pädagogischen Hochschule absolvieren durfte»,
schreibt sie in der Zeitschrift der Berufsorganisation.
Seit 2001 beschäftigen sich die Fachlehrerinnen und die
Berufsorganisation im Thurgau mit dem Ziel «gleicher Lohn für gleiche Arbeit».
Im Jahr 2003 wurde die PH Thurgau in Kreuzlingen gegründet und damit die
neurechtliche Ausbildung im Kanton ermöglicht. Doch die Anstrengungen blieben
erfolglos, bis die Delegierten von Bildung Thurgau vor einem Jahr eine
Lohnklage genehmigt haben. «Diese drohende Klage hat unser Anliegen sicher
unterstützt», sagt Anne Varenne. Der Regierungsrat hat seinen
Handlungsspielraum ausgenutzt und die höhere Einstufung von altrechtlichen
Diplomen in diesen drei Fächern ermöglicht. «Wir hoffen, dass der Grosse Rat
nachzieht», sagt Varenne. Während auf Primarstufe die erwünschte Gleichstellung
erreicht ist, bestehe auf der Sekundarstufe I noch Handlungsbedarf. Ob die
Lohnklage weitergezogen wird, entscheiden die Delegierten im November. Die
Geschäftsleitung von Bildung Thurgau rät aufgrund der neuen Ausgangslage davon
ab.
Mehrkosten sind unausweichlich
Für den Kanton entstehen durch die teilweise Gleichstellung der
altrechtlichen und der neurechtlichen Fachdiplome Mehrkosten in der Höhe von
1,07 Millionen Franken. Diese wurden in den Finanzplan des Kantons aufgenommen,
wie Paul Roth, Generalsekretär des Departements für Erziehung und Kultur, auf
Anfrage mitteilt. Die Regierung hält aber fest, dass in den kommenden Jahren
bei den Lehrpersonen für Textilarbeit/Werken und Hauswirtschaft auch ohne die
Anpassungen Mehrkosten entstehen würden. Die im Kanton Thurgau noch etwas mehr
als 300 verbliebenen Fachlehrpersonen mit altrechtlichem Diplom seien
mehrheitlich zwischen 40 und 60 Jahre alt. Wenn diese pensioniert werden,
müsste den Nachfolgern auch mehr Lohn bezahlt werden.
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