22. September 2016

Vermessen von Bildung als Qualitätskontrolle

Gegen das Messen hat man meist nichts einzuwenden. Zahlen sind gut, sie lügen nicht, sind objektiv. Nur in der Schule und bei der Bildung hat es das Messen schwer. «Bildung» (ja, hier mal mit Anführungszeichen) ist doch an sich etwas nicht Messbares. Andererseits werden – seit es Pisa (Programme for International Student Assessment) gibt – die Resultate und Rankings ähnlich behandelt wie Sportresultate. Die sagen nämlich alles.
"Eine autonome Schule braucht Tests, damit sie sieht, was sie gut macht", Aargauer Zeitung, 21.9. von Christoph Bopp


Wenn sich das Podium «Interface» der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) in Brugg-Windisch um unser Verhältnis zu Zahlen kümmert, darf der Bereich Bildung nicht fehlen. Die Korrelation zwischen Bildungskompetenz und Wirtschaftswachstum war für die Statistiker «frappierend», als sie die Daten zwischen 1960 und 2000 verglichen. Seither ist «unser Wohlstand», wie wir gern sagen, und «unsere Schule» ein Paar, das aufmerksam beobachtet wird. Fallen wir im Pisa-Ranking ein paar Ränge zurück, schellen die Alarmglocken.
«Mister Pisa», der Zürcher Bildungsforscher Urs Moser, stellte vieles klar, was in Sachen Schulleistungen vermessen an Vorurteilen da ist. Eine Frage konnte er allerdings auch nicht beantworten: «Was ist Bildung?» Klar wurde aber, dass man aufpassen muss. Was soll man mit Zahlen versehen und wo lieber nicht quantifizieren? Bildung (mit oder ohne Anführungszeichen) ist klar ein Fall für Letzteres.
Am Schluss ist die ganze Zahlenbeigerei auch einer Erkenntnis verpflichtet: Dass es für Bildungseinrichtungen, also Schulen, besser ist, wenn sie möglichst autonom sein können. Wenn sie sich an die Verhältnisse anpassen und bei Problemen «passgenau» entscheiden können. Wenn man ihnen frei lässt, wie sie es machen, müssen sie auch kontrollieren können, ob sie es richtig machen. Denn auch wenn Lehrer Noten geben, ist damit Zufall und Willkür keineswegs ausgeschaltet. Und das nicht nur beim Deutschaufsatz.
Moser zeigte die sechs Dimensionen des Messens von Schulleistungen. Was können Tests und Vergleiche leisten und wo muss man aufpassen? Wenn man sich klar macht, an welchen systematischen Verzerrungen (also ohne dass der Lehrer speziell bös will) das Notengeben leidet, muss man zum Schluss kommen: Ohne Tests kann es keine faire Beurteilung geben. Eine autonome Schule braucht Tests, damit sie sieht, was sie gut macht und wo man etwas verbessern kann.
Das Wichtigste ist, dass man mit den Test-Werten richtig umgehen kann. Was sagen uns die Studien und was nicht? Frühfranzösisch – bringt es etwas oder eher nichts? Es kommt halt – wie immer – drauf an.


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