18. August 2016

Fehlende gesetzliche Grundlage für Videoüberwachung

Baselbieter Gemeinden lassen ihre Schulhöfe überwachen und machen gute Erfahrungen damit. Der Kanton hingegen verzichtet aus rechtlichen Gründen auf Kameras an seinen Schulen.
Der Kanton will kein elektronisches Auge an seinen Schulen, bz Basel, 11.8. von Michel Ecklin


Die Ettinger Primarschule ist ein beliebter Treffpunkt für Jugendliche. Bis vor etwa zehn Jahren führte das immer wieder zu Abfallbergen und Vandalismus. Auch Schlägereien waren keine Seltenheit. Doch seither «ist nichts mehr passiert», sagt der Ettinger Gemeinderat Andreas Stöcklin. Denn die Gemeinde hat im Schulhof feste Videokameras installieren lassen. «Das hatte vorwiegend positive Auswirkungen», sagt Stöcklin, und meint damit die präventive Wirkung, die die sichtbar aufgestellten Kameras offenbar haben. Die Videoüberwachung sieht er als einen Grund unter mehreren an, warum sich die Ettinger Jugendlichen zwar immer noch gerne abends bei der Schule treffen, aber keine unerwünschten Spuren mehr hinterlassen.
Fast so begeistert über die Videoüberwachung der Schulen ist man in Pratteln. Dort stellt die Gemeindepolizei ihre Kameras immer nur temporär in die Höfe der Schulhäuser, im Turnus mit anderen heiklen Orten. Insgesamt kann man jährlich 10 bis 15 Täter dank Videoaufnahmen überführen. Kameras seien ein Mittel unter vielen, die für weniger Littering und Vandalismus gesorgt hätten, betont auch Marcel Schaub, Leiter der Abteilung Sicherheit. «Wenn etwas passiert, hilft eine Videoanlage.»
Auch der Leiter der Sekundarschule Pratteln wollte auf dem Schulareal mit Kameras für Sicherheit sorgen, liess dort Kameras aufstellen – und musste sie abstellen, als der Kanton vor einigen Jahren die Sekundarschulen von den Gemeinden übernahm. Das berichtet der «Prattler Anzeiger» in seiner neusten Ausgabe. Offenbar verzichtet der Kanton in seinen eigenen Schulen auf das, was einige Baselbieter Gemeinden schon seit Jahren mit einigem Erfolg tun, nämlich mit Videokameras Littering und mutwillige Beschädigungen bekämpfen.

Kantonales Reglement fehlt

Deborah Murith, Sprecherin der kantonalen Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion (BKSD), bestätigt das, wenn sie sagt: «An den Baselbieter Sekundarschulen gibt es keine Gesamtüberwachungsanlagen». Als Begründung nennt sie die fehlenden gesetzlichen Grundlagen dafür. Eine Videoüberwachung müsse zudem immer verhältnismässig sein. «Insofern ist es ausgeschlossen, flächendeckend, beziehungsweise vorsorglich Videoanlagen zu installieren.»
Dabei würde das seit 2014 geltende kantonale Polizeigesetz zumindest einen Teil der juristischen Grundlage für Videoaufnahmen in allen Schulen bereit halten. Gemäss Paragraf 45 dürfen die kantonalen Direktionen ihre Bauten mit Kameras schützen, «zum Schutz von Angestellten oder von Objekten». Das gilt auch für die BKSD. Allerdings bräuchte diese zwingend ein entsprechendes Reglement, das die Details der Videoüberwachung regelt. Ein solches zu beschliessen, wäre Aufgabe der Regierung.
Ähnlich wie in Pratteln, hätte auch die Reinacher Sekundarschule eine Videoanlage erhalten sollen. Das wünschte sich der Gemeinderat, weil es dort viele zerstörte Velos gab. Doch er musste seine Idee aufgeben, weil das Gebäude dem Kanton gehört. Reinach überwacht allerdings auch die eigenen Schulen nicht, weil ein kommunales Reglement fehlt.
In Pratteln sieht Sicherheitschef Schaub kein Problem darin, dass die Sekundarschule nicht videoüberwacht werden kann. Vor zehn Jahren habe es in Pratteln Gangs gegeben und viel Littering und Vandalismus. Heute sei die Situation anders – «aber das kann sich wieder ändern».


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