Die Baselbieter Bildungsdirektorin Monica Gschwind
kündigt ein Grundlagenpapier zuhanden aller Schulen im Kanton an, wie künftig
mit solchen Fällen umgegangen werden soll. Auch steigt der politische Druck auf
sie.
"Pragmatischer Weg gewählt", Bild: Juri Junkov
"Schulleitung hat korrekt gehandelt", Basellandschaftliche Zeitung, 4.4. von Bojan Stula
Frau Gschwind, war der Entscheid der Therwiler
Schulleitung richtig?
Monica Gschwind: Da es bis
jetzt keinen konkreten Handlungsbedarf gab, lagen bis anhin auch keine
konkreten Handlungsempfehlungen der Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion BKSD
vor. Die Schulleitung Therwil hat daher ein eigenes Vorgehen im Sinne eines
reibungslosen Schulbetriebs gewählt und somit korrekt gehandelt.
Wurde damit aber nicht ein problematischer
Präzedenzfall geschaffen?
Die
Schulleitung in Therwil hat vorerst einen pragmatischen Weg gewählt. Für mich
handelt es sich jedoch nicht um eine dauerhafte Lösung. Grundsätzlich gelten
für alle Schülerinnen und Schüler die gleichen Regeln. Es handelt sich dabei
nicht ausschliesslich um ein schulisches und berufliches, sondern um ein gesellschaftliches
Thema. In unserer Gesellschaft gelten gegenüber Frauen und Männern die gleichen
Umgangsformen und Verhaltensregeln. Daran will ich konsequent festhalten.
Sie wollen «konsequent» an den gleichen Regeln für
alle Schülerinnen und Schüler festhalten. Trotzdem beurteilen Sie das Vorgehen
der Therwiler Schulleitung als «korrekt». Das ist doch ein Widerspruch!
Es
ist kein Widerspruch. Es sollen die gleichen Regeln für alle Schülerinnen und
Schüler gelten. Korrekt ist das Vorgehen der Schulleitung Therwil, im Sinne
eines reibungslosen Schulbetriebs eine vorübergehende Massnahme in diesem
konkreten Fall zu treffen. Dies auch in Ermangelung einer allgemeingültigen
Handlungsempfehlung.
Hat die Schulleitung vor dem Entscheid mit Ihnen
oder der BKSD Kontakt aufgenommen?
Nein,
es hat vorgängig kein Kontakt in dieser Angelegenheit stattgefunden.
Im «Blick» kritisierte aber Therwils
Schulpräsidentin die mangelnde Unterstützung durch den Kanton. Sie sagen, es
hätte vorgängig kein Kontakt stattgefunden. Was stimmt nun?
Vorgängig
zum Entscheid der Schulleitung ist meines Wissens keine Nachfrage um
Unterstützung an die Direktion erfolgt.
«Ich denke nicht, dass wir da klein beigegeben haben»: Jürg Lauener,
Rektor der Sekundarschule Therwil
© Tele Züri
Ist das, was in Therwil passiert ist, ein
Einzelfall oder wissen Sie von anderen, ähnlich gelagerten Fällen?
Es
ist ein Einzelfall.
Wir haben aber Kenntnis von einem zweiten Fall in
Muttenz. Ausserdem soll es regelmässig vorkommen, dass sich muslimische Väter
bei Elterngesprächen weigern, Lehrerinnen die Hand zu geben.
Ich
habe vom Fall in Muttenz Kenntnis. Diese Situation basiert jedoch auf einer
ganz anderen Ausgangslage und ist nicht vergleichbar mit der Thematik in
Therwil. Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes kann zu diesem Fall keine
weitere Auskunft erteilt werden.
Stellen Sie eine allgemeine Verschlechterung im
Umgang zwischen muslimischen Schülern und Lehrkräften fest?
Nein,
eine entsprechende Tendenz ist mir bisher nicht bekannt.
Welcher Handlungsbedarf besteht nun für Sie als
Erziehungsdirektorin und die BKSD?
Wir
sind daran, ein Gutachten für diese in Therwil aufgetretene Fragestellung und
ein Grundlagenpapier für alle Schulen des Kantons auszuarbeiten.
Braucht es verbindliche Regeln, wie sie
beispielsweise die Baselbieter CVP fordert?
Die
Durchsetzung von Verhaltensregeln erfordert allenfalls Sanktionsmassnahmen,
welche im Vorfeld sorgfältig überprüft und geklärt werden müssen.
An welche Sanktionsmassnahmen denken Sie?
Das
Gutachten wird aufzeigen, welche Massnahmen möglich sind. Ob daraus
Schwierigkeiten bei der Durchsetzung resultieren, ist zum jetzigen Zeitpunkt
noch nicht absehbar.
Wie stehen Sie persönlich zu diesem Fall?
Integrationsthemen
sind emotional und von dem her gesehen, ist es nicht überraschend, dass auch
das Thema Händedruck hohe Wellen schlägt.
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