13. März 2016

Krisengespräche beim Zürcher Lehrplan-Zwist

Im Zürcher Streit um den Lehrplan 21 kommt es zu Krisengesprächen. Man will die Lehrer nicht in die Arme der Lehrplangegner treiben.
Lehrplan: Drohung wirkt, NZZaS, 13.3. von René Donzé

Anfang Woche hat der Zürcher Lehrerverband (ZLV) bekanntgegeben, dass er sich aus den Arbeitsgruppen zum Lehrplan 21 zurückzieht. Auslöser für die Protestaktion war ein Streit um die Lektionentafel, die bestimmt, welchem Schulfach wie viel Zeit eingeräumt wird. «Ausgerechnet jene Variante, die wir Lehrer ablehnen, wurde zur Weiterbearbeitung ausgewählt», sagt ZLV-Präsidentin Lilo Lätzsch. «Wir wollen nicht Dekoration in Arbeitsgruppen sein, deren Empfehlungen einfach übergangen werden.»

Der Rückzug der Lehrer hat hinter den Kulissen Hektik ausgelöst. «Der Bildungsrat kennt die Anliegen der Lehrpersonen und wird sich in Kürze nochmals mit diesen an einer ausserordentlichen Sitzung auseinandersetzen», teilt die Bildungsdirektion auf Anfrage mit. Die zuständige Regierungsrätin Silvia Steiner (cvp.), die auch den Bildungsrat präsidiert, will sich zudem in den nächsten Tagen mit den Lehrern zusammensetzen. «Es ist mir wichtig, die Anliegen der Lehrerschaft genaustens zu prüfen und ernst zu nehmen», sagt Steiner.
Sie zeigt sich nicht von ungefähr dialogbereit. Sollte sich der ZLV definitiv zurückziehen, verleiht das der Initiative «Lehrplan vors Volk» der Lehrplan-Kritiker Auftrieb. «Wenn der Bildungsrat die Anliegen der Lehrer nicht berücksichtigt, baut er zusätzlichen Widerstand auf», sagt Moritz Spillmann (sp.), Präsident der kantonsrätlichen Bildungskommission. «Damit schafft er neue Gegner des Lehrplans.»

Spillmann sieht das Projekt auch gefährdet, weil mit der nun in der Bildungsdirektion favorisierten Variante der Handarbeitsunterricht in der Primarschule abgebaut würde - ein politisch heisses Eisen, das im Kanton Zürich schon einmal angefasst wurde und zu einer erfolgreichen Initiative führte. Seither ist die Handarbeitslektionenzahl im Volksschulgesetz festgeschrieben. Der Abbau brauchte also eine Gesetzesänderung. «Das ist eine weitere Angriffsfläche gegen den Lehrplan», sagt Spillmann.


Die Lehrplangegner, angeführt von Kantonsrätin Anita Borer (svp.), sehen sich durch den Streit zwischen Lehrern und Bildungsdirektion in ihrem Anliegen bestätigt. «Das zeigt, dass es ein Mitspracherecht der Stimmbürger braucht», sagt Borer. Sie will auf den ZLV zugehen: «Eine offizielle Unterstützung des Verbands für unsere Initiative wäre schön.» Für ZLV-Präsidentin Lilo Lätzsch kommt solcherlei noch nicht infrage. «Wir stehen nach wie vor hinter dem Lehrplan», sagt sie. Sie hofft auf eine Einigung mit der Bildungsdirektorin im Lektionenstreit. Scheitern die Gespräche aber, dann wäre «alles offen».

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