Der St.Galler SP-Kantonsrat Karl
Bürki warnt in einem Vorstoss, die Volksschule verpasse in der Informatik den
Anschluss. Die Regierung weist die Kritik zurück – und entgegnet, mit Technik
allein sei den Schülern nicht gedient.
Verliert der Kanton St. Gallen den Anschluss? Bild: Elaine Thompson
Digitale Lehrmittel brauchen Zeit, St. Galler Tagblatt, 1.2. von Adrian Vögele
Die St.Galler Regierung will mehr Bildungsangebote im digitalen
Bereich. Vergangene Woche hat sie ihre Pläne für neue Informatikmittelschulen
präsentiert. Doch wie steht es mit der Informatikförderung in der Volksschule?
SP-Kantonsrat und Primarlehrer Karl Bürki ist mit dem aktuellen Stand nicht
zufrieden – er hat eine Interpellation eingereicht, unterschrieben von 27
Parlamentariern. Vor 15 Jahren habe der Kanton eine Informatikoffensive für die
Volksschule lanciert, doch viel sei davon nicht übriggeblieben. Der Kanton habe
sich zurückgezogen und überlasse die Umsetzung den Schulgemeinden.
Bereits im Jahr 2000 habe
die Regierung "Lehrmittel über Internet" versprochen, doch abgesehen
von Zusatzmaterialien und Testsystemen gebe es bis heute keine konkreten
Angebote. "Dabei haben viele Schulgemeinden in Erwartung digitaler
Lehrmittel Wandtafeln durch teure Smartboards ersetzt."
"Grosser
Aufwand"
Laut Bürki erfüllt nur das
Französischlehrmittel "Dis donc", das 2017 erscheinen wird, die
Anforderungen an ein digitales Lehrmittel. Und das 17 Jahre nachdem die
Regierung Internetlehrmittel angekündigt hat – "in der Informatik ist das
eine Ewigkeit." Bürki will darum wissen, wie lange es noch dauere,
"bis die offiziellen Lehrmittel im digitalen Zeitalter ankommen".
Lediglich eine PDF-Version der Arbeitsmaterialien anzubieten – also eine
digitale Kopie der Lehrbücher – sei keine Lösung.
Die Regierung schreibt in
ihrer Antwort, mit der Adaption des Lehrplans 21 würden die Lehrmittel
überarbeitet oder neu konzipiert. Das geschehe oft in interkantonalen
Projekten. "Eine digitale Version eines Lehrmittels zu erstellen, bedeutet
für die Verlage einen grossen redaktionellen, technischen und finanziellen
Aufwand." Die technische Umsetzung sei wesentlich komplexer als die
grafische Umsetzung für ein Printprodukt.
Die Lehrmittelverlage
müssten ihr Angebot stark ausweiten – jedoch würden insgesamt nicht mehr
Exemplare verkauft, sondern lediglich die Nutzungskanäle aufgeteilt. Dadurch
entstehen den Verlagen höhere Kosten.
PDF als Überbrückung
"Aus diesem
Kostendruck heraus werden PDF-Versionen der Lehrmittel herausgegeben, um den
Aufwand in Grenzen zu halten", schreibt die Regierung. Es werde noch fünf
bis sieben Jahre dauern, bis alle zentralen Lehrmittel in vollwertigen
digitalen Versionen vorlägen. "Bis dahin ist eine Überbrückung mit
PDF-Dateien unabdingbar."
Die Regierung stellt zudem
fest, dass Lehrmittel "zunehmend auch via Internet" zur Verfügung
gestellt werden. Der Kanton sei diesbezüglich nicht untätig: Eine Arbeitsgruppe
evaluiere seit Jahren Unterrichtssoftware und Onlineangebote. Die Informationen
dazu würden an die Schulen weitergegeben.
Was den Vorwurf der
"versandeten Offensive" angeht, so entgegnet die Regierung, sei es
von Beginn weg klar gewesen, dass der Kanton diese zu Beginn unterstütze, dass
danach aber die Schulgemeinden die Führung übernähmen. Eine Evaluation im Jahr
2010 habe gezeigt, dass die Schulen technisch gut ausgerüstet seien, dass die
Lehrpersonen die Computer aber in erster Linie zur Vorbereitung und zu
administrativen Zwecken nutzten und weniger im Unterricht.
Darum beschloss der
Erziehungsrat 2013, das Weiterbildungsangebot in Informatik- und Kommunikationstechnologien
(ICT) zu verstärken. Der neue Lehrplan Volksschule, der 2017 eingeführt werde,
stärke den Kompetenzbereich "Medien und Informatik".
Informatik allein
reicht nicht
Die Regierung betont, der
Fokus dürfe nicht allein auf der Technik liegen: "Eine einseitige
Ausrichtung auf die Informatik greift zu kurz. Die allgemeine Medienbildung
muss mit eingeschlossen werden." Der neue Lehrplan sei im Bereich
"Medien und Informatik" innovativ – seine Einführung an den Schulen mit
allen Konsequenzen laufe auf eine Bildungsoffensive in der Informatik hinaus,
wie sie Bürki anspreche.
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