2. Februar 2016

In Sachen Informatik setzt St. Gallen auf den neuen Lehrplan 21

Der St.Galler SP-Kantonsrat Karl Bürki warnt in einem Vorstoss, die Volksschule verpasse in der Informatik den Anschluss. Die Regierung weist die Kritik zurück – und entgegnet, mit Technik allein sei den Schülern nicht gedient.








Verliert der Kanton St. Gallen den Anschluss? Bild: Elaine Thompson
Digitale Lehrmittel brauchen Zeit, St. Galler Tagblatt, 1.2. von Adrian Vögele

Die St.Galler Regierung will mehr Bildungsangebote im digitalen Bereich. Vergangene Woche hat sie ihre Pläne für neue Informatikmittelschulen präsentiert. Doch wie steht es mit der Informatikförderung in der Volksschule? SP-Kantonsrat und Primarlehrer Karl Bürki ist mit dem aktuellen Stand nicht zufrieden – er hat eine Interpellation eingereicht, unterschrieben von 27 Parlamentariern. Vor 15 Jahren habe der Kanton eine Informatikoffensive für die Volksschule lanciert, doch viel sei davon nicht übriggeblieben. Der Kanton habe sich zurückgezogen und überlasse die Umsetzung den Schulgemeinden.
Bereits im Jahr 2000 habe die Regierung "Lehrmittel über Internet" versprochen, doch abgesehen von Zusatzmaterialien und Testsystemen gebe es bis heute keine konkreten Angebote. "Dabei haben viele Schulgemeinden in Erwartung digitaler Lehrmittel Wandtafeln durch teure Smartboards ersetzt."

"Grosser Aufwand"

Laut Bürki erfüllt nur das Französischlehrmittel "Dis donc", das 2017 erscheinen wird, die Anforderungen an ein digitales Lehrmittel. Und das 17 Jahre nachdem die Regierung Internetlehrmittel angekündigt hat – "in der Informatik ist das eine Ewigkeit." Bürki will darum wissen, wie lange es noch dauere, "bis die offiziellen Lehrmittel im digitalen Zeitalter ankommen". Lediglich eine PDF-Version der Arbeitsmaterialien anzubieten – also eine digitale Kopie der Lehrbücher – sei keine Lösung.
Die Regierung schreibt in ihrer Antwort, mit der Adaption des Lehrplans 21 würden die Lehrmittel überarbeitet oder neu konzipiert. Das geschehe oft in interkantonalen Projekten. "Eine digitale Version eines Lehrmittels zu erstellen, bedeutet für die Verlage einen grossen redaktionellen, technischen und finanziellen Aufwand." Die technische Umsetzung sei wesentlich komplexer als die grafische Umsetzung für ein Printprodukt.
Die Lehrmittelverlage müssten ihr Angebot stark ausweiten – jedoch würden insgesamt nicht mehr Exemplare verkauft, sondern lediglich die Nutzungskanäle aufgeteilt. Dadurch entstehen den Verlagen höhere Kosten.

PDF als Überbrückung

"Aus diesem Kostendruck heraus werden PDF-Versionen der Lehrmittel herausgegeben, um den Aufwand in Grenzen zu halten", schreibt die Regierung. Es werde noch fünf bis sieben Jahre dauern, bis alle zentralen Lehrmittel in vollwertigen digitalen Versionen vorlägen. "Bis dahin ist eine Überbrückung mit PDF-Dateien unabdingbar."
Die Regierung stellt zudem fest, dass Lehrmittel "zunehmend auch via Internet" zur Verfügung gestellt werden. Der Kanton sei diesbezüglich nicht untätig: Eine Arbeitsgruppe evaluiere seit Jahren Unterrichtssoftware und Onlineangebote. Die Informationen dazu würden an die Schulen weitergegeben.
Was den Vorwurf der "versandeten Offensive" angeht, so entgegnet die Regierung, sei es von Beginn weg klar gewesen, dass der Kanton diese zu Beginn unterstütze, dass danach aber die Schulgemeinden die Führung übernähmen. Eine Evaluation im Jahr 2010 habe gezeigt, dass die Schulen technisch gut ausgerüstet seien, dass die Lehrpersonen die Computer aber in erster Linie zur Vorbereitung und zu administrativen Zwecken nutzten und weniger im Unterricht.
Darum beschloss der Erziehungsrat 2013, das Weiterbildungsangebot in Informatik- und Kommunikationstechnologien (ICT) zu verstärken. Der neue Lehrplan Volksschule, der 2017 eingeführt werde, stärke den Kompetenzbereich "Medien und Informatik".

Informatik allein reicht nicht

Die Regierung betont, der Fokus dürfe nicht allein auf der Technik liegen: "Eine einseitige Ausrichtung auf die Informatik greift zu kurz. Die allgemeine Medienbildung muss mit eingeschlossen werden." Der neue Lehrplan sei im Bereich "Medien und Informatik" innovativ – seine Einführung an den Schulen mit allen Konsequenzen laufe auf eine Bildungsoffensive in der Informatik hinaus, wie sie Bürki anspreche.


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