6. Januar 2016

Umstrittene Weiterbildung

Alle Lehrpersonen, die im kommenden Schuljahr auf der Sekundarstufe I eine neue Klasse in Französisch oder ­Englisch unterrichten, werden in ­diesem Jahr flächendeckend zu einer obligatorischen, 84-stündigen ­Weiterbildung verpflichtet. Diese ­Weiterbildung Passepartout befindet sich zurzeit im Kreuzfeuer der Kritik. Es wird von Leerlauf, ideologischer ­Umpolung und so weiter gesprochen.
Furore um eine Weiterbildung, Basler Zeitung, 6.1. von Saskia Olsson


Interessanterweise wird für diese Weiterbildung eine Fortbildungsvereinbarung «in gegenseitigem Einvernehmen» zwischen Schulleitung und ­Lehrperson geschlossen. Faktisch heisst das, dass die Lehrperson hiermit ihre «Freiwilligkeit» kundtun muss. Wenn sie dies verweigert, bedeutet das, dass sie im kommenden Schuljahr keine Französisch- oder Englischlektionen in einer abgehenden Primarklasse erhält, selbst wenn die Lehrperson über ein Studium, eine ausgesprochen hohe sprachliche Kompetenz und jahrelange Erfahrung in ihrem Fach verfügt. ­Zahlreiche Schulleitungen verweisen hierbei darauf, dass sie ohne die ­absolvierte Weiterbildung keine ­Unterrichtsstunden mehr für solche Klassen vergeben dürften.

Landrat Jürg Wiedemann (Grüne-­Unabhängige) wollte es genau wissen und stellte der Regierung Anfang Dezember 2015 folgende Frage: «Haben die Schulleitungen den notwendigen ­Spielraum, um auch Englisch- und Französisch­lehrer künftig dennoch in Englisch und/oder Französisch ­einsetzen zu dürfen, wenn sie diese für fähig erachten, auch wenn die Lehr­personen den Weiterbildungskurs ‹Passepartout› nicht besucht haben?»

Die schriftliche Antwort der Direktions­vorsteherin der Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion lautete wie folgt: «Ja, die Schulleitungen haben den ­notwendigen Spielraum dazu, denn sie ermitteln im Mitarbeitendengespräch (MAG) den individuellen Fortbildungsbedarf jeder betroffenen Lehrperson. Die Schulleitungen haben die pädagogische und personelle Führung inne und teilen den Lehrerinnen und Lehrern die Fächer bzw. das Pensum zu. Wird kein funktionsbezogener Fort­bildungsbedarf ermittelt, so haben die Schulleitungen die Möglichkeit, den Englisch- bzw. Französischlehr­personen auch künftig Englisch- bzw. ­Französischlektionen zuzuteilen. Die ­Schulleitung wird im Rahmen des schulischen Bildungsbedarfs bzw. der schulbetrieblichen Möglichkeiten sowie der Qualifikation der Lehrperson über die Zuteilung der Fächer oder Fächerkombination entscheiden.(…) Die ­Vorsteherin der Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion hat die Schulleiterinnen und Schulleiter am Schulleitungsforum Ende August 15 dazu aufgerufen, den Spielraum im Reglement zu nutzen und dieses mit Augenmass umzusetzen (zum Beispiel betreffend Alter).»

Das bedeutet also, dass die ­Informationen, welche die Schulleitungen erhalten und bei Nachfrage an die Lehrpersonen abgegeben haben, ­entweder falsch waren oder inzwischen veraltet sind.

Wie dem auch sei, die Richtig­stellung von Regierungsrätin Monica Gschwind ist also so zu verstehen, dass – ist die Schulleitung der Ansicht, eine Lehrperson weise eine derart hohe Fachkompetenz und Unterrichts­qualität auf – eine Weiterbildung Passepartout nicht nötig ist. Die Schulleitung darf dann diesem Lehrer durchaus weiterhin Französisch- und Englischstunden vergeben – auch ohne Passepartout-Weiterbildung.

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