Breit
ausgebildete Klassenlehrkräfte sind zurzeit gesucht wie noch nie. Doch die
pädagogischen Hochschulen scheint diese Tatsache wenig zu kümmern. Vielmehr hat
man mit dem neuen Ausbildungskonzept den Generalisten dermassen die Flügel
gestutzt, dass das Ausüben der Klassenlehrerfunktion immer schwieriger wird.
Klassenlehrkräfte als Rückgrat der Volksschule, von Hanspeter Amstutz, 5.1.
Moderner
Unterricht stützt sich strukturell auf zusammenhängende Unterrichtsblöcke. Um
diesen Vorteil zu nützen, braucht es
Lehrkräfte, die eine relativ breite Fächerpalette abdecken können. Diese Generalisten
können so besser am Puls einer Klasse bleiben. Sie gestalten den mehrstündigen Unterricht
rhythmisierend und können flexibel auf die Aufnahmefähigkeit der Jugendlichen reagieren.
Sie sorgen sie für schülergerechte Wechsel der Lernformen und für eine gesunde
Musse im pädagogischen Lernprozess. Dank ihrer ganzheitlichen Sicht erkennen
sie das Entwicklungspotenzial der Jugendlichen am besten. Bei bloss
stundenweisen Unterrichtseinsätzen von Lehrpersonen hingegen sind die
Jugendlichen oft schon beim Zusammenpacken, wenn noch wichtige Gespräche
stattfinden müssten. Wie soll da eine tragfähige pädagogische Beziehung
aufgebaut werden?
Mit zwanzig
jungen Menschen im gleichen Boot auf eine mehrjährige Entdeckungsfahrt zu gehen
und die Funktion des Kapitäns zu übernehmen, das ist die eigentliche Leistung
der Klassenlehrkräfte. Diese bilden das Rückgrat unserer Volksschule und können
durch eine grosse Zahl von Teilzeitlehrkräften wohl nur in den seltensten
Fällen gleichwertig ersetzt werden. Damit sollen die hervorragenden Leistungen
der Fachlehrkräfte in keine Weise geschmälert werden, aber ihre Funktion ist in
erster Linie die Vermittlung von Fachwissen und nicht ein ganzheitlicher
Erziehungs- und Bildungsauftrag.
Für die
Oberstufe plädiere ich für eine Lehrerbildung, die zwei gleichwertige Grundtypen
vorsieht: Den Generalisten mit relativ breiter Fächerpalette für die
Sekundarschule B sowie Fächergruppenlehrkräfte
mit zwei unterschiedlichen Profilen für die A-Abteilungen der Sekundarschule. Damit
soll das Rad nicht einfach wieder zurückgedreht werden. Aber es gilt, die
Bedürfnisse der Schulen stärker ins Zentrum zu rücken. Die akademisierte
Lehrerbildung muss entschlackt werden. Statt der unzähligen wissenschaftlichen
Abhandlungen in jedem Ausbildungsbereich sollte die Förderung der
Lehrerpersönlichkeit wieder absoluten Vorrang haben. Bei der Konzentration auf nur
noch zwei universitäre Fachbereiche könnten die Studierenden noch immer
ausreichend mit dem wissenschaftlichen Denken vertraut gemacht werden. Mit der
dadurch gewonnenen Ausbildungszeit würde dafür Platz für mehr praxisbezogene Lerninhalte geschaffen. Da
besteht grosser Nachholbedarf.
Unter den Studierenden
der Pädagogischen Hochschulen gibt es sehr viele, die den Lehrerberuf mit
seinen grossartigen Gestaltungsmöglichkeiten ganzheitlich ausüben möchten. Sie
stellen aber fest, dass ihnen für die Aufgabe des pädagogischen Unternehmers
das Rüstzeug teilweise fehlt. In der Folge führt dies zu immer mehr
Teilzeitpensen und zu aufwändigen Nachqualifikationen in einzelnen Fächern. Das
kann auf die Dauer nicht gut gehen.
Die Erfahrung
zeigt, dass gut ausgebildete Klassenlehrkräfte am besten imstande sind, auf die
neue Schülergeneration zuzugehen und der Volksschule so die nötige Stabilität
zu verleihen. Der Ball liegt vorerst bei den Erziehungsdirektoren und den
Pädagogischen Hochschulen. Diese sind gut beraten, wenn sie die Rückmeldungen
aus der Schulpraxis ernst nehmen und die Lehrerbildung einer gründlichen
Überprüfung unterziehen.
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