Der Spardruck macht auch vor den Schulen nicht halt. Lohnkürzungen,
grössere Klassen, weniger Freifächer lauten die Forderungen. Die Lehrer sehen
ihren Leistungsauftrag in Gefahr. Die Politik bleibt hart. Wie viel Rotstift
die Qualität der öffentlichen Schulen beschädigt, scheidet die Geister.
Neben Christian Amsler (Bild) diskutieren Christoph Wittmer, Liselotte Graf-Zünd, Lucien Criblez und Rudolf Minsch. Bild: Screenshot SRF
Sparhammer - Schule in Aufruhr, Club SRF, 19.1.
Nichts soll tabu sein bei den Diskussionen rund um die Sparmassnahmen in
den Schulen. Doch für die einen ist damit das höchste Gut der Schweiz - die
Bildung - in Gefahr. Andere sehen darin eine Chance für die Schule der Zukunft,
die auch marktwirtschaftlich funktionieren soll.
In den letzten drei Jahren haben die Deutschschweizer Kantone mindestens
265 Mio. Franken im Bildungsbereich eingespart. Für die kommenden drei Jahre
sind noch umfassendere Abbaumassnahmen geplant von über 500 Mio. Franken. Nicht
darin enthalten sind die Sparmassnahmen der einzelnen Gemeinden.
Auch diese suchen ganz unterschiedliche Wege, um zu sparen: Die einen
verzichten auf den Halbklassenunterricht, andere streichen das Fach «Deutsch
als Zweitsprache», wieder andere wälzen die Kosten für den Musikunterricht auf
die Eltern ab. Im Kanton Luzern steht auch eine zusätzliche Ferienwoche zur
Debatte.
Lange galt Bildung in der Schweiz als heilige Kuh, wenn es um
Sparmassnahmen ging. Droht jetzt die Schlachtbank? Wohin führen diese Sparmassnahmen?
Wie kann die Schule mit der gesellschaftlichen und technischen Entwicklung
mithalten? Und wird das in Zukunft noch finanzierbar sein?
Unter der Leitung von Thomy Scherrer diskutieren im «Club»:
Christoph Wittmer, Rektor Kantonsschule Enge und Präs.
Schulleiter-Konferenz Zürich
Liselotte Graf-Zünd, Schulleiterin und Primarlehrerin Thun
Lucien Criblez, Professor für Historische Bildungsforschung und Steuerung des Bildungssystems
Rudolf Minsch, Chefökonom Economiesuisse
Christian Amsler, Erziehungsdirektor SH, Präs. Deutschschweizer Erziehungsdirektoren
Positionen
Christoph Wittmer: «Bildung ist das Fundament unserer
Gesellschaft. Die Diskussion über die Finanzen muss mit Weitsicht geführt
werden.»
Liselotte Graf-Zünd: «Ein Schüler mehr pro Klasse tönt von aussen
betrachtet nach nichts. Aber an der Front kann das riesige Konsequenzen haben:
eine Klasse könnte geschlossen werden, in einem Dorf gar eine ganze Schule mit
Entlassungen von Lehrern. Und die Schüler müssten umverteilt werden.»
Lucien Criblez: «Die "Krise" der öffentlichen
Haushalte trifft den Bildungsbereich zum dümmsten Zeitpunkt: Die
Schülerjahrgänge wachsen wieder, in einzelnen Kantonen stark und schnell. Die
"guten Zeiten", in denen Wachstum und Reformen im Bildungsbereich
nicht nur durch mehr Geld, sondern auch durch den
"Generationengewinn" kleiner werdender Schülerjahrgänge finanziert
werden konnten, scheinen vorderhand zu Ende zu sein.»
Rudolf Minsch: «Die Qualität des Bildungssystems ist von sehr grosser Bedeutung für
die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft. In den nächsten Jahren
werden die Mittel der öffentlichen Hand generell knapper. Entsprechend muss
sich auch die Bildung auf ein tieferes Wachstum der Finanzmittel einstellen.
Die Qualität muss durch Effizienzsteigerungen gehalten bzw. noch verbessert
werden.»
Christian Amsler: «In den letzten Jahrzehnten war die Bildung
quasi eine heilige Kuh, im positiven Sinn. Heute wird sie, in Anbetracht der
ausserordentlich schwierigen Finanzlage vieler Kantone, kontroverser
diskutiert. Bildungsausgaben machen rund einen Viertel des Staatsbudgets aus.
Wir müssen der Bildung Sorge tragen. Ich bin der Meinung, dass man auch in
diesem Bereich einen massvollen Schritt zurück machen kann, da in den letzten
Jahren eher ausgebaut wurde. Das ist nicht einfach, wir kommen aber nicht drum
herum, einen Sparbeitrag zu leisten.»
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