20. Januar 2016

Sparen: Schulen unter Druck

Der Spardruck macht auch vor den Schulen nicht halt. Lohnkürzungen, grössere Klassen, weniger Freifächer lauten die Forderungen. Die Lehrer sehen ihren Leistungsauftrag in Gefahr. Die Politik bleibt hart. Wie viel Rotstift die Qualität der öffentlichen Schulen beschädigt, scheidet die Geister.













Neben Christian Amsler (Bild) diskutieren Christoph Wittmer, Liselotte Graf-Zünd, Lucien Criblez und Rudolf Minsch. Bild: Screenshot SRF


Nichts soll tabu sein bei den Diskussionen rund um die Sparmassnahmen in den Schulen. Doch für die einen ist damit das höchste Gut der Schweiz - die Bildung - in Gefahr. Andere sehen darin eine Chance für die Schule der Zukunft, die auch marktwirtschaftlich funktionieren soll.

In den letzten drei Jahren haben die Deutschschweizer Kantone mindestens 265 Mio. Franken im Bildungsbereich eingespart. Für die kommenden drei Jahre sind noch umfassendere Abbaumassnahmen geplant von über 500 Mio. Franken. Nicht darin enthalten sind die Sparmassnahmen der einzelnen Gemeinden.

Auch diese suchen ganz unterschiedliche Wege, um zu sparen: Die einen verzichten auf den Halbklassenunterricht, andere streichen das Fach «Deutsch als Zweitsprache», wieder andere wälzen die Kosten für den Musikunterricht auf die Eltern ab. Im Kanton Luzern steht auch eine zusätzliche Ferienwoche zur Debatte.

Lange galt Bildung in der Schweiz als heilige Kuh, wenn es um Sparmassnahmen ging. Droht jetzt die Schlachtbank? Wohin führen diese Sparmassnahmen? Wie kann die Schule mit der gesellschaftlichen und technischen Entwicklung mithalten? Und wird das in Zukunft noch finanzierbar sein?

Unter der Leitung von Thomy Scherrer diskutieren im «Club»:
Christoph Wittmer, Rektor Kantonsschule Enge und Präs. Schulleiter-Konferenz Zürich

Liselotte Graf-Zünd, Schulleiterin und Primarlehrerin Thun

Lucien Criblez, Professor für Historische Bildungsforschung und Steuerung des Bildungssystems

Rudolf Minsch, Chefökonom Economiesuisse

Christian Amsler, Erziehungsdirektor SH, Präs. Deutschschweizer Erziehungsdirektoren

Positionen
Christoph Wittmer: «Bildung ist das Fundament unserer Gesellschaft. Die Diskussion über die Finanzen muss mit Weitsicht geführt werden.»

Liselotte Graf-Zünd: «Ein Schüler mehr pro Klasse tönt von aussen betrachtet nach nichts. Aber an der Front kann das riesige Konsequenzen haben: eine Klasse könnte geschlossen werden, in einem Dorf gar eine ganze Schule mit Entlassungen von Lehrern. Und die Schüler müssten umverteilt werden.»

Lucien Criblez: «Die "Krise" der öffentlichen Haushalte trifft den Bildungsbereich zum dümmsten Zeitpunkt: Die Schülerjahrgänge wachsen wieder, in einzelnen Kantonen stark und schnell. Die "guten Zeiten", in denen Wachstum und Reformen im Bildungsbereich nicht nur durch mehr Geld, sondern auch durch den "Generationengewinn" kleiner werdender Schülerjahrgänge finanziert werden konnten, scheinen vorderhand zu Ende zu sein.»

Rudolf Minsch: «Die Qualität des Bildungssystems ist von sehr grosser Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft. In den nächsten Jahren werden die Mittel der öffentlichen Hand generell knapper. Entsprechend muss sich auch die Bildung auf ein tieferes Wachstum der Finanzmittel einstellen. Die Qualität muss durch Effizienzsteigerungen gehalten bzw. noch verbessert werden.»

Christian Amsler: «In den letzten Jahrzehnten war die Bildung quasi eine heilige Kuh, im positiven Sinn. Heute wird sie, in Anbetracht der ausserordentlich schwierigen Finanzlage vieler Kantone, kontroverser diskutiert. Bildungsausgaben machen rund einen Viertel des Staatsbudgets aus. Wir müssen der Bildung Sorge tragen. Ich bin der Meinung, dass man auch in diesem Bereich einen massvollen Schritt zurück machen kann, da in den letzten Jahren eher ausgebaut wurde. Das ist nicht einfach, wir kommen aber nicht drum herum, einen Sparbeitrag zu leisten.»


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